Auswirkung von Glucose auf die Erregungsweiterleitung/Aktionspotential?
An alle Biologen unter euch!
Es gibt Versuche von Hodgkin und Katz, bei denen ein Riesenaxon (Tintenfisch) zum einen in normales Meerwasser und zum Anderen in Meerwasser mit 50% (oder so) Glucoseanteil gegeben. Dann gab es noch einen dritten Versuch, bei dem der Glucoseanteil nach kurzer Zeit wieder durch normales Meerwasser ersetzt wurde. Das Membranpotential wurde bei allen gemessen und es kamen (logischerweise) unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der Weiterleitung des Aktionspotentials heraus. Ich habe den Graphen gerade nicht zur Hand und kann deswegen keiner genaueren Details zu den Ergebnissen erläutern. Meine eigentliche Frage: Von welcher Auswirkung der Glucose auf das Axon kann ich ausgehen? Wie ist Glucose geladen? Wie verhält es sich zu den Na+ Ionen? Also generell welche Wirkung hat der Glucoseanteil auf das Versuchsergebnis und wieso? ☺️
Danke im Vorraus!
1 Antwort
Hi, jup, das ist das Original :) von Hodgkin & Katz (1949), S. 45, Quelle: http://www.sci.utah.edu/~macleod/bioen/be6003/notes/W02-Hodgkin-Katz49.pdf
wie man sieht, kommt das Aktionspotential, normale Ausprägung = Kurve 1, durch den Austausch des Seewassers (Natrium-Ionen) gegen Glucose ("dextrose", ältere Lit.) schrittweise zum Erliegen, Kurve 2-7, bis nach ca. 2 Min. die Nervenleitung vollständig blockiert ist (Kurve 8). Da geht gar nix mehr. Ende im Gelände.
Hodkin & Katz waren auf der Suche nach Stoffen im Außenmedium, welche an der Erregungsbildung in Nervenfasern beteiligt sein würden.
Der Austausch der Natrium-Ionen gegen Glucose konnte beweisen, dass die extrazelluläre Natrium-Konzentration absolut unverzichtbar für die Generierung eines Aktionspotentials ist. Senkt man die extrazelluläre Natriumkonzentration auf 10-15% von normalen Werten ab, blockiert die Nervenfaser völlig und zeigt keine Potentialumkehr bzw. kein Aktionspotential mehr.
Die Aufhebung der Erregungsleitung ist allerdings reversibel, wird das extrazelluläre Medium wieder durch Seewasser (Natriumchlorid) ersetzt, erholt sich die Fähigkeit der Nervenfaser zur Erregungsbildung bzw. zur Ausbildung eines Aktionspotentials vollständig, wie Kurven 9+10 zeigen. Gruß, Cliff
Erklärung: Glucose ist natürlich ein viel größeres Molekül als ein Ion (Natrium) und passt nicht durch die Ionenkanäle der Zellmembran. Entfernt man das extrazelluläre Natrium, bricht außerdem der Konzentrationsgradient zwischen einer hohen Natrium-Konzentration außen und einer viel geringeren Natrium-Konzentratiom im Zellinneren zusammen.
Da aber der Aufstrich des Aktionspotentials auf ~90 mV (vgl. Abb.) existentiell davon abhängig ist, dass Natrium-Ionen dem Konzentrationsgradienten folgend, durch geöffnete Natriumionenkanäle der Zellmembran, ins Zellinnere einströmen, nämlich wenn diese Kanäle geöffnet werden und draußen kein Natrium mehr da ist, kann kein Aufstrich des AP entstehen. Glucose kann das Natrium nicht ersetzen. Das Ganze wird untermauert, durch die reversible Aufhebung der Blockierung, wenn Natrium wieder vorhanden ist. Gruß
es ist ganz hilfreich, wenn man den Original-Artikel mal so liest, weil man sich dann besser in die Situation der damaligen Forscher hineinversetzen kann, die ahnten was, weil einer schon mal was gemacht hat und näherten sich eben durch Rumprobieren, Weglassen, Austauschen dem Prinzip an:
"Many years ago Overton (1902) demonstrated that frog muscles became inexcitable when they were immersed in isotonic solutions containing less than 10 % of the normal sodium-chloride concentration.
He also showed that chloride ions were not an essential constituent of Ringer's solution, since excitability was maintained in solutions of sodium nitrate, bromide, sulphate, phosphate, bicarbonate, benzoate, etc. On the other hand, lithium was found to be the. only kation which provided a reasonably effective substitute for sodium.
Overton was unable to repeat his experiment with a frog's wiatic nerve, which maintained its excitability for long periods of time in salt-free solutions. But it now seems likely that this result was due to retention of salt in the interstitial spaces of the nerve trunk. (...)
"Katz (1947) has shown that isotonic sucrose mixtures abolish the action potential of Carcinus axons if the sodium-chloride concentration is less than 10-15% of that normally present in sea water."
...
http://www.sci.utah.edu/~macleod/bioen/be6003/notes/W02-Hodgkin-Katz49.pdf
so findet man besser in den Stoff rein und versteht, warum wer was gemacht hat und aus welchen Beweggründen, welche Frage trieb ihn an, u.s.w. good luck
jup, hatte Bio-LK :)
nein, ich hatte auch später einen guten Lehrer, den Hanns :) http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2010/pm00092.html.de bei dem durfte ich Zellphysiologie studieren.
Außerdem bekamen Hodgkin & Katz den Nobelpreis für ihre Erkenntnisse an Nervenzellen, Hodgkin für das, was ihr gerade macht, wörtlich:
"Entdeckungen über den Ionen-Mechanismus, der sich bei der Erregung und Hemmung in den peripheren und zentralen Bereichen der Nervenzellmembran abspielt"
Daher ist es nicht überraschend, dass das im Unterricht auftaucht, weil es quasi Meilensteine der biologischen (physiologischen) Forschung sind. https://de.wikipedia.org/wiki/Alan_Lloyd_Hodgkin Gruß
wobei in der Tat im Forum bis auf einige Koryphäen solche Fragen nur zäh, bis gar nicht beantwortet werden, da scheint eine neurophysiologische Wissenslücke vorzuherrschen :O da kann ich mich ja dann nützlich machen :) I hope, Gruß
Ich danke dir vielsmals für deine tolle, ausführliche und sehr hilfreiche Antwort! Scheinst dich ja sehr gut auf dem Gebiet auszukennen 😊