Altorientalisches Weltbild biblisch begründet?

7 Antworten

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Hallo Jessica!

Nein, das babylonische Weltbild findet sich mit keiner Silbe in der Bibel. Zu Recht hast du nichts gefunden. Das Weltbild der Hebräer/Israeliten war vollkommen anders und vor allem ausgesprochen fortschrittlich, dass diese es - entgegen der landläufigen Unterstellung - überhaupt nicht nötig hatten, sich ausgerechnet bei einem Flache-Erde-Weltbildchen mit solider Himmelskuppel zu bedienen (sofern dies denn wirklich das babylonische Weltbild war). Dazu kommen nicht zuletzt gravierende Unterschiede im hebräischen Gottesbild.

Eine Kurzfassung des biblischen Weltbilds findest du hier:

http://www.seite16.de/genesis.htm

Die Ansicht, dass das babylonische "Enuma Elisch" für den biblischen Schöpfungsbericht Modell gestanden haben soll, hat ihre Wurzeln in der historisch-kritischen Quellentheorie und ist ebenso falsch wie das Dogma, dass die Paradiesgeschichte mit Adam und Eva ein zweiter, älterer (!) Schöpfungsbericht sein soll. Letztere istin Wirklichkeit nichts anderes als die Fortsetzung des "erste" - und einzigen Schöpfungsberichts der Bibel.

Das kannst du auch deinen Paukern ausrichten - mit besten Empfehlungen!

Nadelwald75  26.10.2013, 23:52

Hallo Wasserhut,

von dir habe ich schon eine Menge gelesen - mit Interesse, und ich fand es gut! Daher einige Bemerkungen zu Dingen, wo wir anscheinend auseinanderliegen:

Erster Abschnitt hier von dir: Einverstanden. - Zweiter Abschnitt: Ich gehe tatsächlich von der historisch-kritischen Quellentheorie aus und betrachte den zweiten Schöpfungsbericht als früheren Bericht mit anderen Adressaten und anderem Hintergrund. Ein Dogma ist aber weder der erste noch der zweite Bericht noch die theoretischen Ansichten darüber. Was ich dazu meine, schreibe ich in einer gesonderten Antwort an den Fragesteller oben.

Es hätte mich schon interessiert, wieso beide Texte als einziger Schöpfungsbericht betrachtet wird. Wer macht das und wie wird das belegt?

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JensPeter  26.10.2013, 23:54
@Nadelwald75

Ich fürchte Nadlwald, das Dir so die wichtigeren Aussagen der Bibel entgehen und verborgen beleiben werden.

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Nadelwald75  27.10.2013, 00:07
@Nadelwald75

Hallo Wasserhut,

ich darf mich korrigieren! Du schreibst: "Letztere ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Fortsetzung des "erste" - und einzigen Schöpfungsberichts der Bibel."

Das Material darüber habe ich gerade gefunden! - Akzeptiert! Ich habe es auch entsprechend in die Antwort an den Fragesteller eingebaut.

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Nadelwald75  27.10.2013, 00:11
@JensPeter

... würden mir entgehen, wenn ich sie nicht lese! Ich versuche aber, das originale Lesen der Bibel mit den theoretischen Aussagen zu verbinden - und dann noch zu überlegen, wer die Aussagen macht. Ich glaube, das tust du auch. Wenn wir dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen - ich denke, ich kann das respektieren.

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Wasserhut  27.10.2013, 01:45
@Nadelwald75

Es ist schon erstaunlich, wie deutlich Texte anfangen zu sprechen, wenn man sie nur zu Wort kommen lässt, nicht wahr? Plötzlich erscheint es dann sonnenklar, warum Gen. 1 & 2 einander widersprechen "müssen" - weil sie zwei verschiedene, aufeinander folgende Ereignisse beschreiben! Oder wer würde versuchen, den Sintflutbericht mit der Josephsgeschichte inhaltlich zur Deckung zu bringen?!

Auch ich habe nicht die Texte selbst als Dogmen bezeichnet, sondern nur die fragwürdigen theologischen Lehren zu selbigen (zweiter Schöpfungsbericht und so).

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Jessicaaaa 
Fragesteller
 27.10.2013, 18:59
@Wasserhut

Hallo Wasserhut! Du vertrittst genau meine Meinung! Dasselbe denke ich auch. Deswegen wollte ich von denen die an die "Erkenntnisse" der liberalen Theologie glauben wissen, worauf diese ihre Vermutungen gründen. :) Danke, für deine Antwort!

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Hallo, Jessicaaa,

umgekehrt:

Im 6. Jahrhundert v.Chr. waren die Juden bei den Babyloniern in Gefangenschaft. Sie haben dort das babylonische Weltbild erst kennengelernt (unter dem Begriff kannst du googeln, ganz interessante Bilder, wie man sich das vorstellte).

Nach diesem Muster haben sie dann die Schöpfungsgeschichte mit den sieben Tagen geschrieben. Es ist ein Lied, das die Juden beim Gottesdienst benutzten und hat mit Wissenschaft überhaupt nichts zu tun.

Du kannst sogar hingehen und den Text in der Bibel lesen und versuchen, das zu malen. Da kommt dann sogar etwa das Bild raus, dass du auch bei Wikipedia siehst.

Genau: Genesis 1 oder 1. Buch Mose

Jessicaaaa 
Fragesteller
 26.10.2013, 21:24

So viel weiß ich auch. aber mir ging, es darum, voran Theologen das festsetzen? Wie kommen die darauf, dass in der Bibel das altorientalische Weltbild vertreten wird? Aber danke, für deien Antwort! :)

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Hallo Jessicaaa,

etwas zu Gen 2, die Adamsgeschichte, der Sündenfall Der Text (kürzer als Gen 1) ist möglicherweise (was zur Zeit aber in der Diskussion ist!) etwa 900 v. Chr. entstanden, also früher als die 7-Tage-Geschichte, steht aber in der Bibel interessanterweise dahinter. Er wurde bisher als „Jahwist“ bezeichnet, weil der Gottesname Jahwe oft darin vorkommt.

Inzwischen meint man aber auch, dass diese für sich selbst zu lesende Urgeschichte erst in der Zeit der Babylonischen Gefangenschaft (Exil) mit den Geschichtserzählungen Israels verbunden wurde. Hier haben wir dann die Auffassung, dass es sich also um einen in sich geschlossenen Schöpfungsbericht mit zwei Texten handelt. Etwa in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. hat man dann die beiden Geschichten zu einer zusammenhängenden redaktionell vereinigt. Man spricht also auch weniger von Jahwist als vielmehr von „vorpriesterlicher Schrift“. Auch hier gilt: Keine naturwissenschaftlich – historische Darstellung sondern Antwort auf Glaubensfragen in Erzählform der Orientalen, also auch nicht mit wissenschaftlichen Kriterien bewertbar.

Die Fragestellung ist völlig anders. Wir finden eine Agrargesellschaft, in der Erde und z.B. der Beruf des Töpfers wichtig ist. (Auch in der Archäologie werden manche Kulturen nach ihren Töpfereien benannt, z.B. Bandkeramiker, Schnurkeramiker …) Die Reihenfolge ist anders: Die Erschaffung des Menschen steht am Anfang, alles andere folgt erst später. Die Fragen, die hier zur Beantwortung stehen, sind zum Beispiel: Welche Aufgabe hat der Mensch in der Natur? Welche Rolle haben die Frau und die Kinder, die Sexualität? Bin ich der Herr über Recht und Unrecht? Kann ich über Pflanzen und Tiere verfügen? Wie kann es sein, dass der Mensch eigentlich Gutes will, aber oft Böses tut? Kann ein Mann über seine Frau verfügen?

Die Antworten wären hier: Und jetzt lies dir mal den Originaltext durch und überlege, ob er dafür Antworten gibt. Einige (unvollständige!) Hinweise zu sprachlichen Bildern: aus dem Text:

Sexualität: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. ….“Beide aber waren nackt und sie schämten sich nicht voreinander.“

Verfügung über die Natur: „…. Der Mensch gab allem Vieh … Namen“ – Namengebung bedeutete Verfügungsgewalt.

Rippe: Im Talmud wird das beschrieben als: in der Nähe des Herzens.

Die Schlange: „ …Ihr werdet wie Gott sein, indem ihr Böses und Gutes erkennt. Hier bedeutet der Ausdruck erkennen u.a.: Selbst darüber bestimmen können, was gut und böse, was lebenswert oder lebensunwert ist usw. Wir kennen die Beispiele aus der Geschichte, wenn Diktaturen z.B. festlegen, was gut oder böse ist.

Wie läuft Böses ab? Dann vergleiche mal den sog. Sündenfall: mit seinen Abstufungen:

Ein Gebot wird gegeben.

Das Gebot und die Folgen der Nichtbeachtung werden (durch die Schlange) als übertrieben dargestellt.

Auch Eva übertreibt.

Das Gebot wird übertreten.

Ein anderer (Adam) wird mit hineingezogen.

Man versteckt sich.

Man lügt zur Ursache.

Das Tollste: „Die Frau, die du mir gegeben hast, hat mir von dem Baume gereicht und ich aß.“ – Also wird sogar Gott als der Schuldige bezeichnet!

Und die Strafe folgt doch.

Zur Frage der Verfügung des Mannes über die Frau: Sie wird festgestellt, aber als Folge des Bösen bezeichnet, indem der Text aussagt (und das tut Adam nämlich erst nach dem Sündenfall! „Adam nannte seine Frau Eva.“ Und hier haben wir wieder die Machtübernahme durch die Namensgebung.

Soweit mal meine Informationen!

Du wirst in vielen Religionen lehren aus dem Alten Babylon finden.

Die Bibel Schreiber haben aber alles getan, das nichts davon in der Bibel auftaucht.

Es gibt mit Sicherheit das eine Oder andere, das in Babylon und in der Bibel gleich gleich ist. Das ist aber kein wunder. Dadurch können dann immer einige behaupten, das die Bibel von den Babylonien abgeschrieben sei. Wenn ich an stelle des Teufels gewesen währe, dann hätte ich das sicher genau so gemacht. Viel Lüge, mit einer Priese Wahrheit.

Wenn du die Lehren Babylons untersuchst, dann findest du sicher Viele Parallelen. Nicht mit der Bibel, sondern mit den Religionen.

Viel spaß beim nachforschen

JensPeter  26.10.2013, 23:52

Gute Antwort, GesunderHans.

Noch eine Amerkung: Das biblische Weltbild ist das Weltbild Israel's (der alten Tage, nicht des heutigen) und der Hebräer.

Ganz sicher ist das Babylonische Weltbild nicht das Weltbild der Bibel.

Das Gesetz, das Jehova Gott Mose gab sollte Israel vor den Einflüssen falscher Religionen schützen. In Babylon wurden hunderte von Gottheiten vereehrt und angebetet - im Unterschied der Israeliten die ausschließlich Jehova/Jahwe/JHWH anbeteten.

Das zu Klarstellung.

Beste Grüße

JensPeter

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Hallo, Jessicaaa,

zu deinem Kommentar eine ausführlichere Antwort: Da muss ich leider passen. Wie die Theologen darauf kommen, kann ich nicht sagen. Ich muss mich hier tatsächlich auf Forschungsergebnisse aus der historisch-kritischen Richtung berufen. Die einzelnen Quellen kann ich dir leider nicht angeben, wohl aber eine Zusammenfassung dessen, was sich bei mir an Informationen so angesammelt hat – und vor allem von verschiedenen Leuten widerspruchsfrei. Einen ähnlichen Text hatte ich schon früher in anderem Zusammenhang im Forum eingegeben. Wegen des Umfangs muss ich das vermutlich in zwei Antworten untergliedern:

Die Schöpfungsgeschichte ist eigentlich fünfteilig und reicht von Gen.1 (7-Tage-Werk) bis zur Noa-Geschichte, dazu kommen Schöpfungsdarstellungen in den Psalmen. Du denkst aber wahrscheinlich zunächst an die beiden Schöpfungsgeschichten Gen 1-9 und Gen 2 (Adam usw.)

Es wird vielfach versucht darzustellen, dass die Schöpfungsgeschichte der Wissenschaft widerspricht. Das geht an der Sache vorbei, da die Schöpfungsgeschichte überhaupt keine wissenschaftliche Darstellung ist, sondern Antworten auf Glaubensfragen der damaligen Menschen gibt. Das würde sich auf dem Niveau bewegen, dass man vergleichsweise die Fabel von der Grille und der Ameise (bei Äsop und Jean de la Fontaine zu lesen) widerlegt, indem man feststellt, dass man doch das Verhalten solcher Tiere naturwissenschaftlich nicht beweisen könne. Dann hat man halt die Literaturgattung nicht verstanden.

Der Orientale (die Verfasser der Bibel sind Orientalen) will aber nichts historisch oder wissenschaftlich darstellen, auch stellt er nicht abstrakte theologische Thesen auf, sondern gibt gerne Antworten in Geschichten und Liedern. Leider wurde auch in der kath. Kirche noch bis in die fünfziger Jahre hinein die Historizität der biblischen Erzählungen vertreten. Darüber ist man aber inzwischen hinaus.

Zu Gen1: Das berühmte Schöpfungslied der sieben Tage ist keine naturwissenschaftliche und auch keine historische Darstellung. Er ist ein Hymnus. Darüber ist man sich heut in den großen Kirchen bei der Bibelexegese und in der wissenschaftlichen Theologie einig.

Der Text ist etwa um das Jahr 520 v. Chr. entstanden. Die Situation: Die Oberschicht der Juden (die zu dieser Zeit z.Tl. noch mit Steinmessern die Beschneidung durchführten), befindet sich in der sog. Babylonischen Gefangenschaft. Das neubabylonische Reich hatte eine hohe Kultur (chemische Farben, Ziegelglasur, Lösung von Gleichungen mit drei Unbekannten, viele Götter, Zahlenwerte bis 2 Billionen, hohe Bau- und Waffentechnik, auch Mythen über die Entstehung der Welt, Kalender, umfangreiches Schrifttum, Berechnung von Mond- und Sonnenfinsternissen).

Die Fragen der Juden an ihre Priester waren also etwa: Wenn wir uns da schon in einer so hohen Kultur bewegen: Ist die Sonne ein Gott, gibt es mehrere Götter, müssen wir Angst vor Mond-, Fluss-, Berg-, Naturgöttern haben, dürfen wir hier Forschung betreiben. bestimmen die Sterne unser Schicksal, welche Stellung haben Mann und Frau und schließlich – sehr wichtig – haben wir einen Anspruch auf einen freien Tag pro Woche? Die theologische Antwort wäre: Nein, ihr müsst vor nichts Angst haben, dürft forschen, alles ist Schöpfung Gottes, sie ist nicht böse, sondern gut, Mann und Frau sind gleich, eure innere Uhr, der Sabbat, ist gottgewollt, und ihr braucht euch nicht durch die Babylonier zur Arbeit zwingen zu lassen.

Aber der Orientale erzählt und dichtet: Als Muster nimmt er die bereits bestehende Siebentagewoche und den neubabylonischen Schöpfungsmythos und verfasst einen Hymnus, der im Gottesdienst eingesetzt wurde. Diese Schöpfungsgeschichte wird deshalb auch mit dem Begriff „Priesterschrift“ bezeichnet. Dass es ein Gedicht ist, sieht an verschiedenen Dingen: Der Stil ist feierlich-rhetorisch, es gibt listenartige Aufzählungen. Es gibt einen Refrain (Kehrvers) in Formulierungen: „Es ward Abend und es ward Morgen, erster Tag …“ und es gibt sich wiederholende Formen wie Und Gott sprach: Es werde …. „ - „Gott sah, dass es gut war“ (Gemeint ist übrigens nicht, dass es perfekt war, sondern, dass es eben nicht böse war.).

Das Bestreben, an einen solchen Text mit der Frage zu gehen: Ist das denn wissenschaftlich beweisbar? – ist einfach –um mich mal ganz, ganz vorsichtig auszudrücken –absurd!

Fortsetzung folgt!