Alles über Aleviten - kann mir jemand helfen?

1 Antwort

Es gibt ja nicht das eine Alevitentum. Die Religion ist ja von Ort zu Ort unterschiedlich. Ich versuche dir das Alevitentum von Kirmancîye (kurdisch-alevitisches Siedlungsgebiet) näherzubringen.
Also Aleviten glauben an einen Gott. Sie nennen ihn Haq/Heq. Es bedeutet Recht und kommt ursprünglich aus dem iranischen und wurde später ins türkische und arabische übernommen.
Anders als Muslime (Sunniten und Schiiten) glauben Aleviten nicht daran, dass Gott im Himmel ist, sondern Gott wird als eine Art 'universeller Geist' gesehen, der in allem und jedem ist. Dieses Weltbild nennt man Pantheismus. Deshalb können Aleviten beten wo und wann sie wollen, weil Haq überall ist.
Ein wichtiges Symbol bei Aleviten ist die Sonne. Sie gilt als sichtbare Existenz Gottes. Deswegen war es früher üblich, dass Aleviten ihre Gebete Richtung Sonne sprachen und ihr Gesicht mit den Sonnenstrahlen wuschen.
Laut einer Umfrage wussten 95% aller gefragten Aleviten nicht, dass ihre Vorfahren Richtung Sonne beteten.
Weiterhin glauben Aleviten an Xizir und Ilyas. Sie sind zwei Brüder und gelten als Schutzpatronen. Xizir auf dem Land und Ilyas im Wasser. Beide tranken das Wasser der Unsterblichkeit und leben somit in unseren Herzen weiter.
Jeder Satz der mit 'Ya Xizir..' anfängt, ist ein Ruf an Xizir. Zum Beispiel 'Ya Xizir to esta' (Oh Xizir du bist da) oder 'Ya Xizir tu mezin î' (Oh Xizir du bist gross). Diese Gebete gelten zum Schutz. Ähnlich wie Muslime 'Bismillahirrahmanirrahim' sagen.
Andere wichtige Punkte sind Zîyarets. Zîyarets sind Pilgerstätte.
Weil für Aleviten die Natur im Vordergrund steht, sehen sie Berge, Bäume, Flüsse oder Felsen als heilig an. Beispiele dafür sind der Berg Dizgun Bava oder der Fluss Munzir; beide in Dêrsim.
Während für Muslime der Freitag oder für Christen der Sonntag als heilig oder als Ruhetag gilt, ist der Donnerstag für Aleviten heilig. Donnerstags Abend zünden Aleviten immer eine Kerze. Dabei darf sie nicht ausgeblasen werden, ohne dass man den Namen Gottes nennt.
Im Alevitentum gibt es ein Kastesystem. Das heisst, dass die ganze Gesellschaft in Gruppen eingeteilt sind; in die der Mirîd/Taliv, Pîr und Rêber/Rayver.
Mirîd/Taliv sind die Schüler. Die die das Alevitentum lernen. Laien.
Pîr/Seyîd sind die Priester. Die die ein Cem/Civat führen.
Rêber/Rayver sind die Wegweiser.
Sie gelten als Vertreter vom Pîr.
Somit kann man nur ein Pîr (alevitischer Priester) werden, wenn deine Eltern Pîr sind. Es wird somit über das Blut weitervererbt.
Das heisst also, dass du als Taliv kein Pîr werden kannst.
Die Rêber haben noch die Aufgabe, die Talivs auf den Weg zum Insān-i Kamil vorzubereiten.
Insān-i Kamil bedeutet die Vollkommenheit des Menschen.
Im Islam gilt Mohammed als der 'beste' Mensch. Im Alevitentum kann jeder ein guter bzw. vollkommener Mensch werden.
Man durchschreitet 4 Tore und 40 Säulen. Ab dann kann man sich als Insān-i Kamil bezeichnen.