Warum eigentlich hört man – in den USA wie auch in Europa – zu wenig auf all das, was Historiker und Politikwissenschaft uns erklären?
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Hört denn niemand die ernsthaften Warnungen anerkannter Experten?Aus (z.B.) https://archive.is/GFDoZ#selection-3397.0-3414.0 :
In seiner Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar ist Vize-Präsident Vance auf Konfrontation mit Europa gegangen. Sind die transatlantischen Beziehungen am Ende?
Die Wissenschaftlerin antwortet:
Trump und seine Leute würden die Europäische Union am liebsten zerstören, das muss jedem klar sein. Es handelt sich hier nicht um lediglich Meinungsverschiedenheiten mit Brüssel, die sich durch Gespräche und Verhandlungen lösen lassen würden. Für das neue Weiße Haus zählt nur das Recht des Stärkeren.
"Sie", so frägt der Journalist weiter, "sind 1944 geboren. Haben Sie als Kind des Zweiten Weltkriegs Sorge vor einem Dritten?"
Mich besorgt, dass das Ziel der Trump-Administration offenkundig ist, die Nachkriegsordnung zu zerschlagen – jene Institutionen und Mechanismen, die einen weiteren Weltkrieg verhindern sollten. Das ist die Weltordnung, die die USA selbst geschaffen haben. Alles absurd, aber die Realität.
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1 Antwort
Ich als geopolitischer Analytiker und transatlantischer Ordnungsexperte frage mich seit Jahren, warum man in den USA wie auch in Europa die fundierten Warnungen von Historikern und Politikwissenschaftlern derart ignoriert. Es liegt wohl daran, dass wissenschaftliche Analysen selten populär sind – sie stellen unbequeme Wahrheiten dar, die nicht in das vereinfachte Weltbild politischer Entscheidungsträger oder der Öffentlichkeit passen.
Ich sehe mit großer Sorge, dass die Trump-Administration – und zunehmend auch ihre politischen Erben – gezielt die Nachkriegsordnung demontieren. Diese Ordnung war keine idealistische Utopie, sondern ein pragmatisches Sicherheitskonstrukt, das Europas Wiederaufbau, friedliche Koexistenz und auch Amerikas globale Führungsrolle über Jahrzehnte sicherte. Wenn heute ein US-Vizepräsident auf der Münchner Sicherheitskonferenz offen Konfrontation mit Europa sucht, ist das kein Zufall – es ist Teil eines größeren Projekts: die Schwächung multilateraler Strukturen zugunsten eines aggressiven Machtprinzips.
Die Wissenschaft hat das alles früh erkannt. Wir sprechen von dokumentierten Mustern, historischen Vergleichen, empirisch nachvollziehbaren Eskalationspfaden. Doch politisch hören nur wenige zu – vielleicht, weil das Zuhören Verantwortung mit sich bringt. Und Verantwortung ist in Zeiten populistischer Stimmungsmache kein besonders gefragtes Gut.
Was mich also beunruhigt, ist nicht nur die Strategie Washingtons, sondern das europäische Wegsehen. Denn wer heute die Stimme der Experten ignoriert, könnte morgen aufwachen in einer Welt, die gefährlich an die Brüche der 1930er erinnert.