Sehr ihr euch veranlasst, coole Alltagssprache anzuwenden, um nicht als spießig zu gelten?

2 Antworten

Joa Alda, kuxdu mein Profil.

Nee, im Ernst, ich schreibe wie ich schreibe und das ist im Zweifel formaler oder formeller als was ich sage.

Ich variiere auch mal, schreibe m.E. statt im(h)o, wie ich auch (chemisch) Aceton und Propanon nach Belieben scheibe. Man, und das gilt auch für den Nachwuchs, sollte beides kennen, die alte und die neue Sprache, Kaputzenpullies und Hoodies, Stöckelschuhe und Pömps.

Cool bin ich by nature, da muss ich mich nicht profilieren.

Um Himmels Willen, nein - "cool" bin ich sowieso nicht und habe es auch nötig, so zu wirken. So was geht nach hinten los und wenn Leute, die nicht cool sind, so wirken wollen, dann wirkt es ... uncool und peinlich. Ich werde lieber als spießig wahrgenommen, das ist immerhin seriös - und ich habe es nicht nötig, muss nichts beweisen, ich mag mich :-)

Es kann sicherlich davon abgesehen passieren, dass man in eine Art Umgangssprache fällt und es kann passieren, dass es bei mir sehr bayrisch/schwäbisch zugeht, aber das macht auch der Tonfall, denn ich schreib', wie ich sprech' und stehe auch dazu - ich korrigiere hinterher auch nichts mehr. Das können manche komisch oder schrullig finden oder was auch immer, aber das stört mich nicht, das ist halt so.

Untergräbt man damit nicht die eigene Autorität?

In gewissen Kreisen und Funktionen tut man das mit Sicherheit, ja. Ich habe z.B. gewisse Lehrer, die sich in einer Art Pseudo-Jugendsprache anzubiedern versucht haben, nicht ernst genommen und wollte mit denen auch nix groß zu tun haben, weil ich sie nicht als seriös empfunden habe.

Allerdings sollte man immer authentisch bleiben. Ich selbst habe eine sehr einfache, teilweise ältliche / ländliche und dabei recht gewandte Sprache - und habe die Erfahrung gemacht, dass mir das einerseits viele Türen öffnet, weil ich als "einer von uns" wahrgenommen werde trotz meiner beruflichen Stellung und meiner gesellschaftlichen Bedeutung - andererseits aber wird man unter Leuten, die sich was auf sich einbilden als zumindest mal provinziell, ggf. auch als weniger gebildet wahrgenommen bzw. man wird eher unterschätzt, wenn man kein "Hannoveraner Hochdeutsch" radebricht, sondern erkennbar als bayrischer Schwabe unterwegs ist - vor allem in meinem Alter mit Anfang 30 fällt so was auf, weil viele selbst hier aus Süddeutschland sich spätestens im Studium das erwähnte "Hannoveraner Hochdeutsch" antrainiert haben, um professionell und weltoffen und ach so gebildet zu wirken.

Man merkt es aber auch schnell, wenn jemand dieses "Hannoveraner Hochdeutsch" nur aufsetzt - und das wirkt dann peinlich. Mir fällt das immer wieder auf und dann denke ich mir schon ... ach, seid doch ehrlich, eure Herkunft muss euch doch nicht peinlich sein und wenn doch, mei, dann ist es halt das falsche Milieu, in dem ich euch da rumtreibt.

Beruflich wird mir sehr viel Vertrauen entgegen gebracht, weil ich nachhaltig als "einer von uns" wahrgenommen werde und nahbar bin - dieses Hannoveraner Hochdeutsch baut eine künstliche Distanz auf und die Leute hier denken von Personen, die so reden, dass sie arrogant seien - erst recht wenn sie ursprünglich von hier sind und ihre Seele bzw. ihre Heimat verkaufen für eine "kühle norddeutsche Art", wie dass es hier wahrgenommen wird.

Diese "Hochdeutschredner" werden in dem normalen bodenständigen Umfeld, das mich für meine volkstümliche Art schätzt und mit dem ich auch ohne Ende Spaß habe, als arrogant, eingebildet, etepetete, überheblich und oberflächlich wahrgenommen - als "keine von uns" - und man fasst zu so jemandem kein Vertrauen, weil man denkt, das ist die gleiche Sorte wie ein aalglatter Bankkaufmann oder Versicherungsmensch mit seinem Kaufhausanzug für 99 Euro - denen trauen die Leute nicht. Da siegt dann der nette bayrische Schwabe, der auch mal einen Witz macht oder in den tiefen Dialekt verfällt, wenn er sich mal aufregt oder es vertraulicher und persönlicher wird nach dem Motto ... Heilandsack, wo isch mei Audo?!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung