langfristig passende Arbeit finden
Hi, ich bin seit ca. 12 Jahren im Arbeitsleben und habe in dieser Zeit diverse Tätigkeiten ausgeübt, sowohl eher körperliche als auch eher geistige, Schichtarbeit, Vollzeit, Teilzeit, Minijobs, usw. Die ersten 6 Jahre habe ich einfach nur viele verschiedene Tätigkeiten ausprobiert und danach beschlossen, auch mal eine Ausbildung abzuschließen. Für den Steuerfachangestellten entschieden, normal in 3 Jahren mit 1,3er Schnitt abgeschlossen und seitdem eher in diesem Bereich geblieben. Aber auch hier Arbeitgeber aller paar Jahre gewechselt, mal Steuerkanzlei, mal inhouse Buchhaltung und Lohn. Aktuell Steuerkanzlei und alles recht easy, gut bezahlt und viel Freiraum.
Das zu meinem Werdegang. Man sieht ja schon das Muster, dass alles nicht lange hält. Für mich ist es so, dass sich mit der Zeit der Frust über meine Tätigkeit immer mehr ansammelt, ich dann versuche mit der Führung klärende Gespräche zu finden (was lässt sich evtl. ändern, wo geht es in Zukunft hin) was manchmal noch ein bisschen mehr Zeit rausholt, die ich bleibe, aber letztendlich doch der Geduldsfaden reißt.
Am Beispiel meiner bisher längsten Tätigkeit in der Steuerkanzlei: Ich habe mich oft gerne um das Ausführende bei Buchhaltung, Lohn und Steuererklärungen gekümmert. Aber die schiere Menge an kompletten Nonsens der Kunden mit denen ich regelmäßig konfrontiert bin, macht mich echt fertig. Du kannst idiotensicher aufstellen, was und wie du es brauchst und sie rotzen dir einen Schuhkarton an Unterlagen hin. Du hast jeden Monat bzw. jedes Jahr den gleichen Ablauf, aber zwischendurch scheinen sich viele Kunden gerne mal auf Werkseinstellungen zurückzusetzen und alles zu vergessen. Sie schicken zu spät Unterlagen zu und sind wütend auf uns, dass die entsprechenden Stellen (Finanzamt und Krankenkassen z.B.) Bußgelder festsetzen. Du steckst manchmal viel Zeit in die Tätigkeit, erledigst sogar Sonderaufträge und wirst dann angemotzt, wenn die Rechnung entsprechend ausfällt. Könnte ewig so weiterjammern. Kollegen sagen immer "ja aber das sind ja nur ein paar". Kann ich oft nicht zustimmen, es gibt schlimme und es gibt schlimmere Kunden und der Trend geht eher zu mehr Konfrontation. Von den Grauzonen fange ich auch gar nicht erst an, denn bei manchen Kunden fühle ich mich wie ein Komplize bei einer Straftat.
Dazu kommt die steigende Automatisierung in der Branche. Wir müssen immer weniger selbst machen und verkaufen eher unser Wissen. Klingt erstmal gut, aber die Lücke muss ja gefüllt werden. Also sollen wir normalen Arbeiter zunehmend beratend tätig werden, auch gerne mal in die Richtung von Handelsvertretern (z.B. "Wir hätten hier diese tolle Lösung für Sie, würden wir einrichten und überwachen für das entsprechende Entgelt" - klassisches fischen nach Abonnements). Und die die eigentlich beraten sollen, also die Steuerberater? Die schieben nun Langeweile, also drangsalieren sie mit mehr Meetings, Teambuilding-Maßnahmen und selbst geführten Seminaren, nachdem Sie mal wieder an einem "Unternehmer 101"-Workshop teilgenommen haben.
Lange Rede kurzer Sinn: auch wenn ich das aktive Machen an meiner Tätigkeit gut finde, verbraucht der Umgang mit Kunden, Kollegen und der Führung komplett meinen Lebenswillen. Zum Höhepunkt meiner längsten Tätigkeit habe ich gute 11 Stunden pro Tag geschlafen und nicht die geringste Lust gehabt, in meiner Freizeit mit noch mehr Menschen zu interagieren. Ich bekomme direkt Bauchschmerzen, wenn ich mir vorstelle, in welche Bullshit-Gespräche ich morgen wieder verwickelt werde oder was die Kunden mal wieder für Ideen haben.
Da ich aber nicht nur an anderen bemängeln will, habe ich geschaut, was ich selbst an mir ändern kann, um mit diesen Problemen klarzukommen. 1 Jahr Therapie und Resilienztraining, Fortbildungen und Workshop zum Thema Umgang mit Menschen, regelmäßig am Sport machen und gesund leben, kein Alkohol/Nikotin/sonstiges, usw. Außerhalb der Arbeit sehe ich mich als zufriedenen Menschen.
Ich halte aktuell nur durch und möchte irgendwo hinkommen, wo ich zumindest auch hinter der Tätigkeit stehe und mich dafür anstrengen kann. Das vielleicht noch zur Klarstellung: Ich möchte absolut arbeiten und gerne auch so, dass ich mich voll darin investieren kann. Die Vorstellung, untätig zu sein oder z.B. irgendwann in Rente zu gehen, ist mir echt ein Graus. Aber dieses halbherzige auf Arbeit den Arsch absitzen und emotionaler Mülleimer für andere sein, kotzt mich auch an. Und das ist nicht nur im Büro so, auf der Baustelle, in der Produktion und im Handel wurde ich auch schon angemacht fürs zu sehr reinknien, kein Bock auf lästern und mobben haben und Kunden und Chefs nicht in den Arsch kriechen wollen.
Wie seht ihr das? Gibt es unter euch jemanden, den der menschliche Aspekt und die festen Normen ähnlich stören? Wie geht ihr damit um oder falls ihr euch dem entzogen habt, als was arbeitet ihr heute? Generell Vorschläge sind willkommen, da ich hier wirklich was ändern und nicht bis an mein Lebensende in diesem Zustand verbleiben möchte.
3 Antworten
Geh auf eine Alm und werde Senner oder arbeite für einen Hüttenwirt. Die suchen dort Leute.
Geschenkt wird einem da nichts, aber das ist sehr vielschichtig und man hat wohl auch ein gutes Gefühl bei der Arbeit dort.
Was für dich das Beste ist, lässt sich von außen m. M. n. nur schwer einschätzen. Es klingt jedenfalls nach vielen Gedanken, nach einer großen Bedeutung der Arbeit an sich für dich, nach dem Wunsch auf berufliche Erfüllung (was für einige möglich sein kann, aber auch nicht immer, überall und für jeden), aber eben auch nach einer starken Unzufriedenheit.
Wenn du möchtest, schau dir New Plan an : Das ist ein kostenloses Tool zur beruflichen Entwicklung, u. a. mit verschiedenen umfangreichen Tests, mithilfe derer du dir ggf. beispielsweise über deine Stärken klar werden und dir alternative Tätigkeiten aufzeigen lassen kannst, die zu deinen Stärken passen. https://mein-now.de/new-plan
Wenn du dich zu deiner beruflichen Situation beraten lassen möchtest, kannst du dich an die Berufsberatung im Erwerbsleben der Bundesagentur für Arbeit wenden - mehr Infos zu möglichen Inhalten der Beratung gibt es hier: https://www.arbeitsagentur.de/karriere-und-weiterbildung/berufsberatung-im-erwerbsleben
Alles Gute für dich!
Ein Job für das ganze Leben wie damals ist heutzutage seltener.