ETF-Portfolio Bitte um Ratschlag
Hallo Zusammen!
Ich bin relativ unerfahren in der Thematik ETF und habe mich in diversen Finanzbüchern eingelesen, um meine Vermögensbildung selber in die Hand zu nehmen.
Ich habe mir ein Portfolio erstellt und möchte in die u.s. ETF investieren, um in Zukunft möglichst breit aufgestellt zu sein. Mir war wichtig, auch kein Klumpenrisiko einzugehen und international breit zu diversifizieren. Die AI und Raumfahrt sehe ich persönlich als sehr vielversprechend. Daher ein geringer Bestandteil. Als Sicherheitsbaustein habe ich Gold mit 20% Bestandteil in Erwägung gezogen.
Leider habe ich in meinem Umfeld niemanden, den ich hierbei um Rat und Einschätzung beten kann. Einer Bankberatung stehe ich skeptisch gegenüber (Provision etc.).
Mein Portfolio Entwurf habe ich angehangen. In der Datei sind außerdem noch Daten aus den jeweiligen Basisinformationen (prognostizierte Renditen usw.)
Mir gehts hierbei aber hauptsächlich um die Auswahl und Gewichtung der ETFs.
Ich würde konstruktive Kritik sehr begrüßen und freue mich auf den Austausch :)
Besten Dank,
LG MommelPeter
1 Antwort
Meiner Meinung nach eignet sich das Portfolio eher weniger für die passive Altersvorsorge. 40% Themen-ETFs und 20% Gold sind schon sehr viel. Wenn du einen aktiveren Investment-Ansatz wählst und das Renditepotenzial wirklich fundamental begründen kannst, kann man so eine Wette schon eingehen, aber nicht, weil man einfach daran glaubt.
Der Anteil der Weltraumwirtschaft im globalen Kontext macht nicht einmal 0,5% der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Bezogen auf das BIP der USA sieht es ähnlich aus und dabei sind die relevantesten Player wie SpaceX noch nicht einmal börsengelistet.
Dir muss also bewusst sein, dass du diese Branche massiv übergewichtest - und das mit eher kleineren Unternehmen, die teilweise noch nicht einmal profitabel sind.
Auch die Rüstungsindustrie ist global deutlich weniger bedeutend als viele annehmen. Tatsächlich aber kann der Defence-Sektor aufgrund seiner Zyklizität und historischen Outperformance in Krisenzeiten als eine Art Hedge angesehen werden, der die Gesamtvolatilität im Portfolio reduzieren und die Rendite steigern kann. Gleiches gilt auch für Gold. Diese Bausteine haben also durchaus ihre Daseinsberechtigung.
Für sich alleine genommen sind aber beide Produkte riskanter (geringere Rendite im Verhältnis zum Risiko/Volatilität) als der breite Aktienmarkt, daher eignen sie sich meiner Meinung nach lediglich als moderate Ergänzung.
Der AI-ETF bietet grundsätzlich eine solide thematische Allokation in globale Technologieführer, allerdings sollte man erwähnen, dass die meisten davon bereits im, nach Marktkapitalisierung gewichteten, MSCI World eine dominante Position einnehmen. Die Top-Werte in diesem ETF sind auch mehr oder weniger die Top-Werte im MSCI World. Damit erhöhst du also zusätzlich die Gewichtung derjenigen Unternehmen, die ohnehin schon hoch gewichtet sind. Das erhöht dein Klumpenrisiko.
Was die wirtschaftliche Relevanz angeht, steht diese Branche aber weitaus besser da als Space - was sich auf der anderen Seite jedoch auch in den hohen Bewertungen der Unternehmen widerspiegelt.
Insgesamt also würde ich die Themen-ETFs deutlich reduzieren - außer du gehst diese Wette bewusst ein und hast die Branchen wirklich gut studiert. Gold ist mit 20% ebenfalls sehr hoch gewichtet. Gängige Empfehlungen gehen hier eher Richtung maximal 10% Gold im Portfolio. Auch vernachlässigst du in deinem Portfolio sämtliche Entwicklungsländer, die mittlerweile knapp die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung tragen - auch diese Entscheidung sollte begründet sein.
Die Benchmark für ein global diversifiziertes Anlageziel ist in der Regel der MSCI World oder teilweise der MSCI ACWI. Eine aktive Übergewichtung bestimmter Sektoren ist also nur dann sinnvoll, wenn man entweder von einer Outperformance dieses Sektors gegenüber der Benchmark (Alpha) ausgeht oder wenn dadurch das Schwankungsrisiko des Gesamtportfolios, gemessen an der Abweichung zur Benchmark (Beta), reduziert wird.
Zum Thema Gold gibt es glücklicherweise einige robuste Ergebnisse aus der Wissenschaft. Die Mehrheit der empirischen Untersuchungen kommt zu dem Ergebnis, dass eine Beimischung von 2-10% Gold im Portfolio die risikoadjustierte Rendite verbessern kann, da Gold insbesondere in krisenhaften Marktphasen eine niedrige oder sogar leicht negative Korrelation zu Aktien aufweist. Auch Defence-Aktien können in bestimmten Krisenphasen potenziell risikomindernd wirken - langfristig bewegen sie sich aber relativ marktnah. Ich würde diesen Sektor daher mit maximal 5% im Portfolio gewichten. Dein ESG-ETF widerspricht dieser Philosophie jedoch ein wenig.
Zu Space Innovators und AI & Big Data gibt es nachvollziehbarerweise keine historischen Daten. Ich persönlich halte ersteren aber für eine sehr riskante Wette. Der Sektor an sich hat sicherlich Zukunftspotenzial, aber solange Unternehmen das nicht in eine nachhaltige Profitabilität überführen können, bleibt das ein hochspekulatives Investment. Ähnliche Erwartungen hatte man beispielsweise auch bei Cannabis, 3D-Druck, Clean Energy oder Wasserstoff - ebenfalls zukunftsträchtige Branchen - die an den Kapitalmärkten aber allesamt deutlich abgestraft wurden.
AI & Big Data halte ich grundsätzlich für die ausgereiftere Branche. Der ETF enthält viele hochprofitable und etablierte Unternehmen. Der Tech-Sektor an sich überzeugt mit hohen Gewinnmargen, einem hohen und schnellen Skalierungspotenzial und hoher Innovationskraft und hat dadurch systematische Vorteile gegenüber anderen Sektoren wie beispielsweise Versorger (aber auch höhere Bewertung! Risiko der Mean Reversion). Ob nun aber Quantencomputing, Autonomes Fahren oder Künstliche Intelligenz, den größten Hebel für die nächsten Jahre und Jahrzehnte bringt, ist trotz aller Prognosen nicht verlässlich abzusehen. Ich persönlich würde daher auch diesen ETF auf eine minimale Gewichtung im Portfolio reduzieren beziehungsweise alternativ auf einen breit diversifizierten Technologie-ETF setzen.
Würdest du neben den Aktien-ETFs auch Rohstoff ETCs oder Anleihen im Portfolio empfehlen? Wenn ja, mit welcher Gewichtung?
Breite Rohstoff-ETCs sind meines Erachtens für die Altersvorsorge nicht geeignet, da sie langfristig inflationsbereinigt so gut wie keine Rendite bringen. Die bieten sich, wenn überhaupt, eher für kurz- bis mittelfristige Strategien an.
Anleihen hingegen können sinnvoll sein, wenn es Richtung Endphase des Vermögensaufbaus geht oder falls man grundsätzlich die Volatilität seines Portfolios reduzieren möchte. Das geht in aller Regel aber immer auch mit Renditeeinbußen einher. Letztendlich ist das eine Frage des Risikotyps.
Vielen Dank für deine ausführliche Rückmeldung! Ich merke, dass du voll in der Materie drinsteckst. Wenn ich es richtig verstanden habe, würdest du also mehr Gewicht auf den MSCI World und die Entwicklungsländer (insg. >60 %) geben und die Themen-ETFs (wenn überhaupt) nachrangig (<10 %) behandeln? Oder sollte man ganz auf die Themen-ETFs verzichten und sich stattdessen auf die erstgenannten konzentrieren?
Würdest du neben den Aktien-ETFs auch Rohstoff ETCs oder Anleihen im Portfolio empfehlen? Wenn ja, mit welcher Gewichtung?
P.S.: Ich feiere deinen Profilnamen!🤣