Das Zitat aus dem Wachtturm vom 1. Januar 1953 ist aus mehreren Gründen verwirrend. Ist das Absicht und steckt da eine Strategie dahinter?
1. Verschiedene „Gesetze“ in Konflikt:
Der Artikel stellt die religiösen Gesetze, die auf den Lehren Christi basieren, und die weltlichen Gesetze als zwei separate, aber gleichzeitig gültige Kategorien dar. Der Text sagt, dass die Zeugen Jehovas nur bis zu einem gewissen Grad gegen „Abgefallene“ (ausgeschlossenes Mitglied) vorgehen dürfen, aber auch, dass das weltliche Gesetz das Töten von Abgefallenen verbietet. Dies kann verwirrend wirken, da der Zusammenhang zwischen den beiden “Gesetzen” nicht klar und eindeutig erklärt wird, insbesondere in Bezug auf den Begriff “Schranken”. Das lässt Raum für Missverständnisse und führt zu der Frage, ob es einen tieferen, unausgesprochenen Konflikt gibt.
2. Verwendung von Begriffen:
Der Begriff „Schranken“ in Bezug auf die Gesetze könnte missverständlich sein, weil er den Eindruck erweckt, dass es eine klare Trennung oder sogar ein Verbot gibt, sich gegen Abgefallene zu wenden, während andere Teile des Artikels noch die Praxis des Ausschlusses als die richtige Vorgehensweise zur Reinheit der Versammlung betonen. Der Text sagt, dass „Abgefallene nicht getötet werden dürfen“, aber es bleibt unklar, wie weit die Maßnahmen der Organisation sonst gehen und welche anderen Schritte ergriffen werden können.
3. Unzureichende Erklärung der Konsequenzen:
Es wird nicht ausreichend erklärt, was genau mit „Abgefallenen“ passiert und welche Konsequenzen es für sie gibt, abgesehen von der Ausgrenzung. Der Ausschluss und das Mieden von Abgefallenen werden als biblische Gebote dargestellt, aber wie diese Prinzipien in der Praxis tatsächlich angewendet werden (z. B. das soziale Mieden oder der Kontaktabbruch), wird nicht tiefgehend erklärt. Dies führt zu Unklarheiten darüber, wie die Organisation diese Praxis wirklich umsetzt und wie die Mitglieder dazu angehalten werden, sich gegenüber ausgeschlossenen Personen zu verhalten.
4. Fehlende Differenzierung:
Der Artikel differenziert nicht ausreichend zwischen verschiedenen Arten von „Abgefallenen“ (z. B. schwerwiegende Verfehlungen im Vergleich zu Meinungsverschiedenheiten oder abweichenden Ansichten). Dies kann den Eindruck erwecken, dass der Ausschluss eine gleichwertige Maßnahme für alle Arten von Abweichungen ist, was nicht nur verwirrend, sondern auch problematisch ist, weil die Auswirkungen auf die Betroffenen unterschiedlich ausfallen könnten.
5. Mangelnde Klarheit in der Darstellung:
Durch die Formulierung, dass die Gesetze Gottes und des Landes beide Schranken aufstellen, bleibt der Artikel vage und lässt Raum für unterschiedliche Interpretationen. Es wird nicht explizit erklärt, inwieweit das „Gesetz Gottes“ Vorrang vor dem weltlichen Gesetz hat oder umgekehrt, was zu Verwirrung führt, da es die Lesenden möglicherweise zu der Frage anregt, wie diese beiden Sphären in der Praxis miteinander harmonieren.
Fazit:
Die Verwirrung entsteht also durch die vage und teilweise unklare Formulierung des Artikels. Es wird nicht ausreichend erklärt, wie die religiösen und weltlichen Gesetze miteinander in Einklang gebracht werden und welche praktischen Auswirkungen diese Schranken für die Mitglieder der Zeugen Jehovas in der Realität haben.
1 Antwort
Ich finde, so verwirrend ist das nicht.
Am Anfang wird darauf hingewiesen, dass im AT Leute, die vom Bund mit Gott abgefallen waren, getötet werden müssen. Das widerspricht aber dem Beispiel und den Geboten Jesu, und natürlich auch weltlichen Gesetzen. Das sind die »Schranken«, die erwähnt werden.
Erläutert wird, wie die Gebote der ZJs und das, was die Bibel z.B. zum Verbot der Ehescheidung sagt, miteinander in Einklang zu bringen ist. Natürliche Verbindung (also z.B. die »ehelichen Pflichten«» im Ehebett) sollen aufrechterhalten werden, aber alles, was irgendwie mit dem Glauben der ZJs zu tun hat, ist tabu und darf kein Gesprächsthema werden (klar, schließlich könnte sonst der »Abgefallene« ja dem Ehepartner, den Kindern etc. anhand der Bibel nachweisen, dass er richtig und sie falsch liegen, das muss natürlich vermieden werden).
Im übrigen ist das ein Text von ZJs für ZJs, setzt also die übliche Praxis als bekannt voraus. Das macht es schwierig, den Text vollständig zu verstehen, aber dafür würde ich nicht das Wort »verwirrend« benutzen.
Dies kann den Eindruck erwecken, dass der Ausschluss eine gleichwertige Maßnahme für alle Arten von Abweichungen ist
Ich kann mich irren, aber sviw war genau das der Fall. Ob das noch heute bei den ZJs so ist, müssen die ZJs hier auf GF beantworten,
Und dass nicht klar gesagt wird, welche Gesetze Vorrang haben, ist natürlich Absicht. Schließlich wird der Wachtturm auch schon mal von Außenstehenden gelesen, und die könnten ja abgeschreckt werden, wenn klar da steht, dass jede Obrigkeit vom Satan ist (sviw haben die ZJs in dem Punkt in den letzten 50 Jahren zurückgerudert, aber 1953 war das intern ein Lehrsatz für Eingeweihte).