Ist das aus rechtlichen Gründen eigentlich irgendwie "sinnvoll", wenn sich ein Mann absichtlich vorher betrinkt, bevor er eine junge Frau sexuell missbraucht?!
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1 Antwort
Dagegen hat der Gesetzgeber vorgesorgt mit §323a StGB
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__323a.html
(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.
und noch ALIC (Actio Liberal in Causa)
Dazu gibt es verschiedene Theorien, aber im Grunde genommen könnte man argumentieren, dass der Täter mit dem vorsätzlichen Betrinken bereits unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt (Koinzidenzprinzip), wodurch er am Ende nicht als schuldunfähig gewertet wird, sondern als schuldfähig, weil er beim Ansetzen des Rauschmittels ja Schuldfähig war. Man lagert also die Tathandlung vor und schaut, ob er zu diesem Zeitpunkt, des Betrinkens, schuldfähig war, wenn ja, nimmt man das. Dann wäre er schuldfähig.
und noch ALIC
Das geht der Blutdruck direkt am Morgen nach oben, wenn man das liest :'D
Also die oben beschriebene Vorverlagerungstheorie beim vorsätzlichen ALIC, ist natürlich erstmal nur reine Theorie aus der juristischen Literatur. Wie es in der Realität zu beweisen liegt, ist nochmal ein Unterschied. Aber es müssen keine handfesten Beweise vorliegen, man kann ja auch mit Indizien in Gerichtsverfahren arbeiten. Keine Ahnung, vielleicht findet man im Laufe der Ermittlungen heraus, dass er 20 Minuten vor der Tat im Edeka 3 Wodkaflaschen gekauft hat. Warum sollte jemand vor einem Mord, ausgerechnet 3 Wodka Flaschen kaufen.. Sowas könnte ein Indiz sein, dass er sich vorsätzlich in einen Rauschzustand begeben wollte, um schuldunfähig zu gelten yk..
Aber dein Beispiel könnte auch einfach aus einer Laune heraus entstanden sein und im Rausch kam er dann auf die Idee eine Frau zu vergewaltigen.
Wenn es da nichts Eindeutiges gibt, ist es schon ziemlich schwierig, jemanden deswegen zu verurteilen. Aber du hast natürlich recht: Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Welten.
Wenn die ALIC nicht greift, gibt es wie gesagt oben noch den Auffangtatbestand mit 323a StGB, welcher auch fahrlässig sein kann. Der Täter müsste also nicht mal ahnen oder billigend in Kauf nehmen, dass er dadurch in einen berauschenden Zustand geriert. Er hat die Möglichkeit nicht erkannt, aber hätte sie in der Theorie erkennen können bzw. müssen. Daher macht er sich dann strafbar nach 323a I Alt. 2 StGB
Ah okay, das war mir direkt nicht so klar. Danke, du kennst dich aus!
Richtig, wobei es aber praktisch schwer wird, das nachzuweisen, wenn der Täter niemanden vorher über seine Pläne informiert hat.
Insofern wäre es schon "sinnvoll" sich zu betrinken, wenn man keine Indizien hinterlässt, die auf ein vorsätzliches Betrinken hindeuten. Oder liege ich falsch?