Welche Silbe betont man beim Wort "Vagina"?

3 Antworten

Der Duden erlaubt beide Aussprachen. Du hast also die freie Wahl.

Die typische deutsche Aussprache ist aber die Betonung auf der ersten Silbe:  [ˈvaːɡina]

Die original-lateinische Aussprache ist die Betonung auf der zweiten Silbe:  [vaˈɡiːna] Dies ist aber für eingedeutschte Wörter nicht wirklich relevant.

Ich selbst spreche die Betonung auf der ersten Silbe und halte das auch für die weit üblichere Form.


PaWiKa  10.04.2024, 14:53

Wie kommst du zu der Aussage, dass die Betonung auf der ersten Silbe ['va:gina] der typisch deutschen Aussprache entspricht? Ich dachte, das eigentlich typisch deutsche Betonungsmuster ist die Penultima, also das genaue Gegenteil von deiner Behauptung... Bitte um Erklärung! Dank und Gruß!

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Kajjo  10.04.2024, 21:19
@PaWiKa
In der deutschen Sprache liegt der Wortakzent nach der traditionellen Auffassung regelhaft auf der Stammsilbe, welche häufig die erste Silbe eines Wortes (hinter den Präfixen) ist. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Wortakzent

Wortstamm ist Vagin-, daher deutsche Betonung auf erster Silbe.

 typisch deutsche Betonungsmuster ist die Penultima,

Nein, diese Regel gibt es nicht. Da verwechselst du möglicherweise die Sprache.

Siehe auch für die Vielfalt von Betonungen: https://daf.sz.fau.de/phonetik/phonetik_content/index.php?phonetik_location=woerter_wortakzent

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PaWiKa  11.04.2024, 00:04

Deine Antwort überzeugt mich nicht. Auch der Wikipedia-Artikel, den du zitierst, sagt sowohl das eine als auch andere. Und selbstverständlich gibt es die Pänultima-Regel im Deutschen, die übrigens auch von deiner Quelle beschrieben wird...

"Nach neuerer Auffassung wird der Wortakzent aber vom Wortende her gesehen: Eine der drei letzten betonbaren Silben trägt den Hauptakzent. Nach diesem Dreisilbengesetz wird der Wortakzent vom hinteren Rand des Wortes her bestimmt. Akzent auf der vorletzten Silbe (Pänultima-Akzent) ist dabei der häufigste Fall." https://de.wikipedia.org/wiki/Wortakzent

Ich denke, du solltest nicht zu schnell sein mit deiner Beurteilung und dir vielleicht lieber erstmal ein paar Fragen stellen oder genauer lesen, bevor du Antworten gibst, du vor allem auf deinem Sprachgefühl beruhen. Du sagst es selbst, du sprichst den Wortakzent (Betonung ist in diesem Fall übrigens auch sehr unpräzise) auf der ersten Silbe und deshalb hältst du das auch für die übliche Form. Klingt mir ein bisschen nach Hybris in der Art des Herrn Bastian Sick. Viel Germanistik, aber leider eine wenig seriöse linguistische Herangehensweise.

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PaWiKa  11.04.2024, 00:35
@PaWiKa

Die Regel "Betonung auf der ersten Silbe" gibt es nicht. Oder sagst du etwa ['spa:ziren]? Bei deiner Regel wäre es im Übrigen auch total egal, ob vagin- oder vagina der Stamm ist, weil das keinen Unterschied für die erste Silbe macht. In deiner Quelle ist für das Bestimmen des Stammes nicht umsonst von der ersten Silbe hinter dem Präfix die Rede, weil die Flexionsendung hier ohnehin nicht besonders relevant ist (das ist der Unterschied zwischen Wurzel und Stamm bzw. Flexion und Derivation)...

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Kajjo  11.04.2024, 12:10
@PaWiKa

Schau dir vielleicht doch noch mal den letzten Link an, den ich oben gepostet habe.

Dabei wirst du feststellen, dass es eine "Penultima-Regel" nicht gibt -- nicht einmal als Faustregel. Es gibt einfach keine solche Regel. Die Wortbetonung im Deutschen ist sehr variantenreich.

Fast alle zweisilbigen Wörter werden auf der ersten Silbe betont (und dies ist nicht mit Penultima zu verwechseln), bei den dreisilbigen variiert es mehrheitlich zwischen der ersten und zweiten Silbe, aber auch die letzte kommt vor.

Die vorletzte Silbe als betonte Silbe bei dreisilbigen Wörtern ist nur häufig, weil viele Wörter unbetonte Schwa als letzte Silbe haben. Da greift aber eben, dass Schwa nie betont sind , nicht aber dass Penultima betont ist.

Der ganze Ausrcuk Penultima erscheint anderen Sprachen entlehnt zu sein und ist nicht typisch deutsch.

Ich finde deine persönlichen Angriffe im übrigen unter aller Sau. Solche Sachfragen kann man mit erheblich weniger Feindseligkeit diskutieren. Ich kenne mich linguistisch gut aus und deine Einwände sind nicht fundiert.

Im Gegensetz zum Deutschen gibt es viele Sprachen, die feste Betonungsregeln haben. Dies gilt eben gerade nicht für Deutsch. Penultima ist noch nicht einmal als Faustregel zu gebrauchen.

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PaWiKa  11.04.2024, 15:10
@Kajjo

Danke für die direkte Antwort! Deine letzten linguistischen Darstellungen gefallen mir deutlich besser, sie sind um ein vielfaches genauer und in weiten Teilen richtig. Ich werde heute Abend noch einmal kurz darauf antworten und mich dann aus der Diskussion wieder zurückziehen. Es ist auch das erste und möglicherweise letzte Mal, dass ich mich auf eine derartige Forumsdiskussion bzgl. eines solchen Reizthemas (für mich) eingelassen habe...

Ich muss dir auch zustimmen, dass meine Einlassungen an einigen Stellen nicht besonders sachlich waren (teilweise auch nicht richtig und eher provokativ) und zwischen den Zeilen diese gewisse Gereiztheit herauszuhören war. Dafür bitte ich dich um Entschuldigung! Ich werde mir da in Zukunft mehr Mühe geben. VG

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PaWiKa  11.04.2024, 21:15
@Kajjo

Also, ich versuche mich mal an deinen Aussagen entlangzuhangeln...

Es gibt für das Deutsche keine festen Betonungsregeln (zumindest nicht für "einfache" Wörter, für Komposita hingegen schon), da hast du absolut Recht. Es gibt also weder die Regel "Betonung der ersten Silbe" noch die für "Penultima-Akzent". Ich sehe ein, dass mein Plädoyer für Penultima als Gegengewicht zu "Erste-Silbe-Akzent" einige Missverständnisse erzeugt hat. Ich möchte in keinster Weise eine solche Regel proklamieren, am Ende ist sie genauso falsch wie die Regel "Erste-Silbe-Akzent" (methodisch und argumentativ war das von mir sehr schlecht, provokativ und fast sarkastisch, und damit völlig unnötig, wofür ich nochmals um Entschuldgung bitte). Trotzdem kommen im Dt. natürlich beide vor, also Wortakzent auf der ersten Silbe oder auf der vorletzten, aber weder beim einen noch beim anderen Fall liegt irgendeine deratige Regel zugrunde. Recht hast du auch, dass der Penultima-Akzent (in erster Linie die Bezeichnung) aus dem Lateinischen entnommen ist. Dass dieser Wortakzent aber auch im Deutschen auftreten kann, hat mehrere Gründe. Zum einen ist eine Sprache immer ein dynamisches System, also wandelt sich stets durch äußere Einflüsse wie Entlehnungen aus anderen Sprachen, was mit Blick auf Deutsch und Latein sehr offensichtlich ist. Zum anderen sind das Lateinische und das Deutsche beides indoeuropäische Sprachen, weswegen (auch ohne Entlehnung) viele Worte auf die gleiche indoeuropäische Wurzel zurückführen sind und sich (im Deutschen z.B. durch die beiden Lautverschiebungen) erst nach und nach ausdifferenziert haben (z.B. pes im Lat. und Fuß im Dt., fenestra - Fenster uvm.). Dass sie damit auch ähnliche oder gleiche Betonungsmuster aufweisen können, liegt auf der Hand.

Was es durchaus gibt, sind eben solche Betonungsmuster, die natürlich für (morphologisch oder auch phonologisch) ähnliche Wörter gleich oder sehr ähnlich ausfallen. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, welche diese Betonungsmuster beeinflussen. Am relevantesten ist hierbei das Silbengewicht, wodurch (wie du bereits erwähnt hast) besonders "leichte" bzw. reduzierte Silben, wie z.B. das Schwa, niemals betont werden können. Selbstverständlich spielen auch die Stammsilben eine Rolle, wobei hier im Zweifel so gut wie immer die "schwerste" Silbe den Hauptakzent trägt, völlig egal, an welcher Stelle diese ist. Allerdings reicht auch das keineswegs aus, um den Wortakzent im Deutschen zuverlässig vorherzusagen. Weitere Aspekte, die dazu kommen, sind semantische oder auch morpho-syntaktische Merkmale. Ein Beispiel wäre hier, dass z.B. im Wort ['unbetont] der Wortakzent auf einmal auf dem Präfix [un-] liegt, was weder mit der Stammsilbe noch mit dem Silbengewicht ausreichend erklärt werden kann. Die Feststellung wäre in diesem Fall, dass sich das gesamte Wort mit seinem Hauptakzent vielmehr wie ein Kompositum verhält, wie im übrigen die in deiner 2. Quelle aufgelisteten Partikel-Verben, z.B. ['umfahren], im Gegensatz zu [um'fahren]. Ein anderer Ansatz wäre, dass sich das syntaktische Muster (also der Satzakzent) von [etwas ist nicht betont] auf diese Derivation überträgt. Anders, aber ähnlich, ist es letztlich bei dem Akzent auf der letzten Silbe (und nicht auf einer Stammsilbe) bei meist französisch entlehnten Wörtern. Bei jeder einzelnen dieser insgesamt sehr vielfältigen Varianten (was du ebenfalls richtig festgestellt hast) gibt es Evidenzen für verschiedene Theorien zur Wortakzentzuweisung, keine dieser vermeintlichen Regeln lässt sich aber aus linguistischer Sicht wirklich verfizieren und sie sollten m.E. deshalb auch nicht bemüht werden, weil sie 1. nicht zutreffen und 2. im Zweifel eher Irritationen erzeugen.

Deswegen ist die Einsicht, dass die Akzentzuweisung im Deutschen am Ende arbiträr ist (weswegen es überhaupt zu solchen Streitfällen kommen kann) unumgänglich. Gerade für DaZ ist es deshalb sinnvoller, wenn auch nicht besonders elegant und teilweise auch etwas resignierend, dass der Wortakzent am besten mit der entsprechenden Vokabel (oder morphologisch) mitgelernt werden sollte, weil er am Ende eben doch nicht regelhaft herzuleiten ist.

Abschließend nochmal kurz zur Ausgangsfrage: Bei dem Wort "Vagina" sind (wie der Duden zurecht und auch du schon erwähnt hast) beide Varianten absolut gleichwertig nebeneinanderzustellen. Der Unterschied in der Aussprache ist einzig und allein ein dialektales Phänomen, oder auch als Soziolekt zu verstehen, wenn sich einzelne Menschen am lat. Ursprung orientieren, was ihnen jedoch (aus mehreren Gründen, doch das führt jetzt zu weit) auch nicht mehr Evidenz verleiht. Im Beispielfall ist jegliche Präferenz im Wortakzent nur auf das Sprachgefühl zurückzuführen, jedoch in keinster Weise schlüssig aus Regeln herzuleiten, die einer linguistischen Analyse auch wirklich standhalten.

Kannst du dieser Darstellung folgen und finden wir zumindest teilweise einen Konsens?

Entschuldige bitte nochmals die Unsachlichkeiten!

Viele Grüße und alles Gute!

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Kajjo  12.04.2024, 00:51
@PaWiKa

Ja danke, Entschuldigung angenommen.

Inhaltlich stimme ich jetzt weit überwiegend zu.

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PaWiKa  11.04.2024, 00:35

..

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PaWiKa  13.04.2024, 15:32

Jetzt melde ich mich doch noch einmal zu Wort, nachdem ich ein bisschen Zeit hatte, mich mit der Akzentzuweisung im Deutschen noch einmal intensiver zu beschäftigen. Während des Studiums habe ich mich nur nebenbei damit beschäftigt und musste nun leider feststellen, dass ich mich doch an einigen Stellen etwas geirrt habe und ich einiges an Halbwissen in die Runde geworfen habe. Deswegen hier noch eine kleine Selbstkorrektur...

Womit ich bei meinem letzten Kommentar falsch lag, ist die "Feststellung", dass die Zuweisung des Hauptakzentes im Deutschen im Grunde arbiträr ist. Dem ist definitiv nicht so. Die Zuweisung des Hauptakzentes ist deutlich regelhafter und die (sehr variantenreichen) Betonungsmuster lassen sich mit verschiedenen Beschränkungen bzw. Constraints herleiten, die einer relativ klaren Hierarchie folgen. Dabei sei vorangestellt, dass ich hier keine Alleingültigkeit beanspruche und die einzelnen Constraints in ihrer Reihenfolge dialektale Unterschiede aufweisen können. Dennoch ist zumindest für die Standardsprache eine recht klare Tendenz zu erkennen, die erstaunlicherweise doch einen Penultima-Akzent begünstigt (bei geschlossener Ultima und leichten Pänultima-Silben auf der Antepänultima, bei superschwerer Ultima endbetont), wie folgende Quellen nahelegen:

https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-2911/911.pdf -> zusammengefasst auf S. 210

Grund dafür sind vor allem zwei gewichtige Constraints, die im Deutschen dafür sorgen, dass 1. Füße immer linksköpfig sind, und 2. der den Kopf (bzw. Hauptakzent) bildende Fuß eines prosodischen Wortes rechtsbündig sein sollte. Der Hauptakzent im Deutschen wird daher (wie auch bei Wikipedia erwähnt) nach Konsens des neueren linguistischen Forschungsstandes vom rechten (prososdischen bzw. phonologischen) Wortrand her aufgebaut. Das Silbengewicht als Constraint ist hier deultich schwächer und ordent sich den ersten beiden unter. Folgende Quelle erläutert dies genauer und stellt eine umfangreiche Analyse dar:

https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/7979/06_5_betonung.pdf?sequence=7&isAllowed=y -> constraints s. S. 205f oder vgl. die nachfolgenden OT-Tableaus

Für die Aussprache des Wortes "Vagina" ergibt sich daraus letztlich ein für das Deutsche typisch Betonungsmuster auf der Pänultima [va'gi:na], da es sich bei Ultima um eine offene Silbe handelt (s. ebd., S. 76ff). Warum in bestimmten Sprachräumen die Aussprache ['va:gina] präferiert wird, kann ich leider nicht beantworten. Da der Duden jedoch solche dialektalen Unterschiede mitberücksicht, kann getrost seiner Einschätzung gefolgt werden, dass beide Varianten als gleichwertig zu betrachten sind.

Da diese Analysen weit in die linguistische Forschung hineinreichen, taugen sie nicht wirklich für den Alltag. Dennoch räumen sie mit dem Irrtum auf, dass die Wortakzentzuweisung im Deutschen nicht regelhaft wäre, auch wenn sie sehr komplex ist. Gerade für DaZ bleibe ich daher bei meiner Aussage, dass die Wortakzente am besten mit der Vokabel mitgelernt werden sollten, im Zweifelsfall in Orientierung an der Sprachumgebung, in der man sich befindet.

Das wär's ;-) Jetzt habe ich dem Thema nichts mehr hinzuzufügen...

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Kajjo  13.04.2024, 18:29
@PaWiKa

Ich halte von der Penultima-Hypothese im Deutschen rein gar nichts. Gleichwohl denke ich nicht, dass die Wortbetonung arbiträr ist; sicherlich werden irgendwelche bisher nicht genau bekannten Regeln die muttersprachlichen Tendenzen beeinflussen.

In Bezug auf die Janßen-Diss fasst Seite 104 zusammen APE 43%, PU 40%, 18%. Daraus würde ich nicht ableiten, dass "erstaunlicherweise doch einen Penultima-Akzent begünstigt" wird.

Ich finde es Tendenziell eher fragwürdig, nur aufgrund der romanischen Sprachen überhaupt diesen Ansatz mit APU, PU, U zu fahren. Ohne es jetzt detailliert begründen zu wollen, erscheint mir auch eine Sichtweise mit Stammsilben und schwachen Silben als Gegenhypothese überaus sinnvoll.

Die PU-Statistik wird zudem auch noch verfälscht durch jede Menge Wörter, die als Letztsilbe Schwa oder ähnlich schwache Silben haben sowie durch eine Unmenge Wörter mit unbetonten Präfixen (be-, ge-, ver- etc) bei dreisilbigen Wörtern.

Stamm-Sichtweise: lesen, lies!, gelesen, belesen, verlesen -- alle auf dem Stamm, nicht aber lesen willkürlich als PU benennen, nur weil es zufällig zutrifft.

Auch dreisilbig fertigen, (er) fertigt, fertige!, gefertigt, fertigte ist für mich ist völlig regelmäßig immer auf dem Stamm, nicht aber ein seltsamer Wechsel zwischen APU, PU, APU, PU, APU. Dito für arbeiten, antworten und sehr viele andere ganz normale deutsche Wörter.

Interessant ist aber natürlich schon, dass lateinische oder altgriechische Fremdwörter zuweilen die lateinische Betonung behalten, andere "besser eingedeutsche" von der Herkunftssprache abweichende Betonungsmuster haben. In ersteren Fällen sollte man das dann aber auch nicht als deutsches Muster interpretieren, sondern erkennen, dass fremdsprachliche Einflüsse vorliegen, was ja auch völlig OK ist. So wird die Muse und bekannte Buchhandlung Thal'ia von bildungsfernen Deutschen versehentlich meistens 'thalia" gesprochen. Auch das zeigt für mich, dass es keine PU-Präferenz bei unbekannten Wörtern gibt, sondern das Phänomen wenn überhaupt viel komplexer ist.

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PaWiKa  13.04.2024, 21:45
@Kajjo

Ok, eine wirkliche Pänultima-Hypothese ergibt sich aus diesen Daten auch nicht. Die Beschränkungen und Regeln zu metrischen Füßen, aus denen sich letztlich der Hauptakzent ableiten lässt, hingegen schon. Die dargelegten Constraints, deren Wirkung sehr wohl Evidenz aufweisen, begünstigen aber durchaus, dass der Hauptakzent bei phonolgischen Wörtern (das ist eine weichtige Spezifizierung!) auf einer der letzten drei Silben liegt. Das legt auch die tab. 31 bei Janßen nahe, wenn man sich die Ergebnisse abhängig von der Silbenstruktur anschaut (vgl. Bedingung 5 [V.VC.VC] und 8 [VC.VC.V], bei welchen trotz der unterschiedlichen Muster und theoretischen Möglichkeiten der Hauptakzent in beiden Fällen mit überragender Mehrheit auf der vorletzten Silbe landet). Würden die (durchaus komplizierten und auch für Muttersprachler kaum ersichtlichen) Regeln wirklich die erste betonbare Silbe des Stammes bevorzugen, so wäre das Ergebnis in 8 mit 100% auf der vorletzten Silbe in keinster Weise zu erklären. Auch wenn es einen berechtigen Einwand gibt, dass in solchen Analyse immer nur ein Bruchteil an Beispielen herangezogen werden kann.

Im vorliegenden Beispiel "Vagina" eben der vorletzten Silbe (ähnlich wie beim Namen [re:'gi:na]. Schwierig dabei ist auf jeden Fall, dass sich phonologische Wörter mit vier oder mehr Silben im Deutschen gar nicht so leicht finden lassen, weswegen dies in der Tat nicht leicht zu überprüfen ist. Genau deswegen werden ja entlehnte Wörter betrachtet, weil hier (auch bei weniger als vier Silben) der Wechsel des Hauptakzentes im Vergleich zur Gebersprache doch etwas Aufschluss gibt. Ansonsten verstehe ich nicht so wirklich, was du damit meinst, "nur aufgrund der romanischen Sprachen überhaupt diesen Ansatz mit APU, PU, U zu fahren". Wenn es dir um die Begrifflichkeiten geht, stimme ich dir zu, dass die nicht wirklich notwendig sind. Ebenso, dass es sich damit eben nicht um ein Pänultima-Akzent wie bspw. im Lateinischen handelt, weil das Deutsche bei der Akzentzuweisung eben doch auch gewichtssensitiv ist. Dass es für die zwei Beschränkungen (für linksköpfige Füße und für rechtsbündige Köpfe) dennoch Evidenz gibt, zeigen aber auch Entlehnungen aus anderen, nicht romanischen oder indoeuropäischen Sprachen (z.B. [ka'ra:te] oder [ky'o:to]). Selbst eine Beibahltung der gebersprachlichen Struktur (also z.B. [ka:ra'te:]) würde den hier beschriebenen deutschen Akzentbeschränkungen nicht zuwiderlaufen. In jedem Fall aber stehen diese Daten konträr zu der Annahme, dass der Hauptakzent typischerweise auf die erste Stammsilbe fällt.

Dies gilt im Übrigen auch für das Beispiel "Thalia". Wohl ist mir der Unterschied in der Aussprache bei verschiedenen Menschen (auch wenn ich mich schwer damit tue, diese per se als bildungsfern zu bezeichnen) auch aufgefallen, dennoch sehe ich keinen Widerspruch zu Beschränkungen hinsichtlich der Aussprache mit betonter Erstsilbe, da in diesen Fällen eigentlich immer ['ta:lja] gesprochen wird und mit der Akzentverschiebung eine Silbenreduktion einhergeht, sodass schließlich ein zweisilbiges Wort entsteht. Ich stimme in der Aussprache völlig mit dir überein, finde aber, dass du dir hier ein bisschen selbst widersprichst. Immerhin wird auch bei [ta:'li:a] nicht die erste Stammsilbe betont, obwohl sie von ihrem Silbengewicht her gleich schwer ist wie die zweite.

Dennoch kann und will ich dir gar nicht widersprechen, dass der Hauptakzent letztlich auf eine Stammsilbe fallen muss, und zwar unter Berücksichtigung des Gewichtes. Da dem phonologischen Wort ein bestimmtes Akzentmuster zugewiesen wird, und syntaktisch wie morphologisch sinnvollerweise von einem Constraint ausgegangen werden sollte, welches die zurgundeliegende Form so gut wie möglich erhält (für diese IDENT-constraint gibt es jedenfalls sehr gute Evidenz), ist es auch zu erwarten, dass sich dieses Muster auf sämtliche morphologische Formen (seien es Flexionen oder Derivationen o.ä.) überträgt. Auf diese Weise lassen auch alle deine dreisilbigen Beispiele im vorletzten Absatz mithilfe der beschriebenen Constraints herleiten: fertigen sogar unabhängig von der Morphologie, da die letzte Silbe geschlossen, aber nicht "superschwer", die vorletzte Silbe offen und "leicht" (bzw. mit einer More versehen) ist und somit der Akzent nur noch auf der ersten Silbe, die außerdem noch "schwer" ist. Bei arbeiten ist das schon schwieriger, lässt sich aber dennoch aufrechterhalten wenn man bedenkt, dass es sich um Deribation des Nomens "Arbeit" handelt, welches nach dem gängigen Fuß-Muster ('VC.vc) ebenfalls auf der ersten Silbe betont werden muss. Analog verhält es sich mit "antworten" und "Antwort". Insofern sehe ich bei diesen Gegenbeispielen keine große Schwierigkeit, sie in Einklang mit den vorliegenden Analysen zu beschreiben.

Schreib mir gerne, wie du das siehst und welche Kritik du diesbezüglich hast. Habe mich sowieso schon von dem Gedanken verabschiedet, so schnell aus der Nummer hier wieder rauszukommen ;-)

Gruß und schönes Wochenende

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PaWiKa  13.04.2024, 21:54
@PaWiKa

Im zweiten Absatz fehlt im ersten Satz das Verb, hab ich wohl überlesen... Ohnehin haben sich hier diesmal einige Fehler eingeschlichen, die mir in meinem Fokus auf den Inhalt nicht aufgefallen sind. Ich denke, du kannst die Aussagen trotzdem verstehen!

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PaWiKa  13.04.2024, 22:03
@PaWiKa

Wobei ich eine Einschränkung gleich noch hinterher schicken muss. Und zwar, dass der Hauptakzent zwar mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Stammsilbe fällt, dies allerdings nicht zwingend muss. Gegenbeispiele gibt es viele, in erster Linie aber für die Endbetonung und nur in seltensten Fällen für Präfixe, selbst wenn diese betonbare Silbenstrukturen haben.

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Kajjo  14.04.2024, 22:37
@PaWiKa

Hallo! Ich schätze, wir liegen inzwischen inhaltlich dicht beieinander und ich habe da keine wesentlichen Widersprüche. Für DaZ gilt letztlich, dass man es lernen muss und eine Penultima-Regel würde ich nach wie vor verneinen, wenn auch in bestimmten Strukturen eben eine gewisse Häufung auftritt.

Alles Gute!

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Lateinisch ausgesprochen bei Wörtern dieser Art die vorletzte Silbe, also va-GI-na, die Aussprache VA-gi-na ist Küchenlatein.

Die erste Silbe, auf den "Eingang" kommt es an.