Wie viele Geschlechter gibt es nun?

15 Antworten

Also in meinem Biobuch steht ganz klar 2 aber das hat sich ja doch jetzt glaube ich geändert?

Ja. Früher gab es in Ländern, die mit "Adam & Eva" sozialisiert wurden, nur Mann und Frau - sowie "Abweichungen" davon, die man operativ und medikamentös zwangsweise (vermeintlich) "passend" gemacht hat: Alle MUSSTEN entweder "Mann" oder "Frau" sein.

Mit dieser barbarischen Steinzeit-Fantasy hatte die Wissenschaft aber so ihre Probleme (freundlich formuliert) - auch die Humanbiologie. Denn diese Zwangsoperationen haben ja keine Krankheiten geheilt, sondern tatsächlich gesunden Menschen schwere Schäden zugefügt.

Im Klartext: Unsere Gesellschaft hat Menschen schweres Leid zugefügt, nur damit wir unseren Glauben an eine Steinzeit-Fantasy bewahren konnten, mit der wir dummerweise von klein auf aufgewachsen sind (deswegen kennen andere Kulturen mit anderen Traditionen durchaus auch mehr als zwei Geschlechter).

Wie viele gibt es jetzt?

Juristisch: 3

Wie heißen die?

Männlich, weiblich und divers oder auch intersex(uell).

Aber das ist nur eine praktikable Vereinfachung, denn die Natur ist per se nicht binär oder tertiär, ... sondern stets ein Spektrum.

Vielleicht zuerst einmal an einem Beispiel aus der Sexualität erklärt, dass den meisten Menschen schon besser vertraut ist: Den sexuellen Orientierungen.

Wie viele sexuelle Orientierungen gibt es? Für den Alltag sind drei gebräuchlich: Hetero-, Homo- und Bi-/Pansexualität. Aber letztere ist ein Spektrum, das man bei Bedarf noch feiner aufteilen kann.

Und so wie die jeweilige sexuelle Orientierung eines Menschen ein Punkt innerhalb eines breiten Spektrums zw. der Homo- und Heterosexualität ist, so ist auch unser biologisches Geschlecht ein Punkt innerhalb eines breiten Spektrums von Frau über Intersex bis Mann, wobei aber auch "Frau", "Intersex" und "Mann" jeweils selbst wiederum keine eindeutigen Singularitäten sondern jeweils ein Spektrum sind. denn "Mann" ist ja nicht gleich "Mann" und "Frau" nicht gleich "Frau".

Zwischenfazit: Wer die Natur verstehen möchte, auch die menschliche Natur, der muss in Spektren denken. Hier also: Das biologische Geschlecht ist ein Spektrum.

Etwas anders wäre die Antwort auf die Frage: Wie viele Geschlechter braucht man zur Fortpflanzung? Oder: Welche sexuellen Orientierungen braucht man dafür?

DA fallen dann Intersexuelle und Homosexuelle i.d.R. raus.

Aber die Fixierung auf "Fortpflanzung" ist a) eine konstruierte Sichtweise (die Natur hat kein "Ziel": Sie macht einfach, und das stets in Spektren - und ob eine Spezies sich wie Karnickel vermehrt oder ausstirbt, interessiert die Natur nicht) und b) auch noch eine ignorant-dämliche Sichtweise (von wenigen Hardcore-Steinzeit-Fantasy-Anhängern mal abgesehen, nutzen die Menschen Verhütungsmittel, um Sex zu haben und sich NICHT fortzupflanzen: Sex und auch Geschlecht bedeuten uns weitaus mehr als nur "Fortpflanzung" - und sind auch in anderen Bereichen von Relevanz wie der Humanmedizin oder dem Leistungssport). Es behauptet ja auch niemand, Homosexualität sei gar keine Sexualität oder Homosexuelle hätten keinen Sex, nur weil sie sich dabei nicht fortpflanzen.

Die Wissenschaft schaut einfach genauer, umfassender hin als der Alltagsmensch (MUSS sie auch - das ist ihr Job), der bekleideten Menschen ihr Geschlecht ja überhaupt nicht ansehen kann. Selbst nackten Menschen kann man es nicht sicher ansehen. Nur ist das Wissen darum, nun ja, nicht sonderlich verbreitet (wie auch, wenn das traditionelle binäre Modell bis vor kurzem noch zwangsweise durchgesetzt wurde?).

Oder wie würdest Du z.B. die intersexuelle Person Emily Quinn einschätzen, wenn Du ihr auf der Straße begegnen würdest?

https://www.youtube.com/watch?v=stUl_OapUso

Im sehenswerten Video erklärt Emily Quinn, was Intersexualität ist, was es bei ihr konkret bedeutet, wie es sich sonst noch äußern kann, usw. Sehr humorvoll, aber auch anrührend, wenn sie von ihrem Leid erzählt. Nicht Leid, weil sie intersexuell ist, sondern Leid, was ihr "Es gibt nur zwei Geschlechter"- Ärzte zugefügt haben.

Es gibt also nicht DIE Frau, DEN Mann oder DEN Intersexuellen. Wir sind alles einzigartige Individuen, die im Detail anders sind, als die anderen. SO ist die Natur.

Sie lässt uns in einem hochkomplexen, zeitaufwändigen Verfahren wachsen. Wir werden nicht aus ISO-genormten Fertigbauteilen zusammengebaut: Körper B, Geschlecht A, Gender A, Nase F, Füße D, ... und fertig ist der neue, genormte Mensch.

So funktioniert Natur grundsätzlich nicht.

Wir haben i.d.R. eine Vorstellung davon, was ein "echter Mann"/"echte Frau" ist, aber die Menschen entsprechen dem nicht wirklich. Das ist, neben der Intersexualität, der zweite Punkt von Emily Quinn in ihrem TED-Talk oben.

Für u.a. Forschung und Medizin IST das aber ein Thema. Sie arbeiten in Bereichen, die weit jenseits von "Wer darf auf welche Toilette?" oder "Fortpflanzung" liegen. IHNEN reicht das binäre Konzept nicht. Geschlecht als Spektrum hilft uns, uns besser zu verstehen. Besser mit uns umzugehen. In allen Bereichen, auch jenseits der Fortpflanzung, in denen unser Geschlecht eine Rolle spielt.

Deswegen antwortet "die Wissenschaft" auf deine Frage heute nicht mehr mit "zwei", wie die Wissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikatorin Dr. Mai hier erläutert:

https://www.youtube.com/watch?v=8fraZlsmCio

Zumindest im ersten Teil des Videos, in dem es um das biologische Geschlecht geht.

Im zweiten Teil geht es dann um die Geschlechtsidentität, denn natürlich gilt das auch für die Geschlechtsidentität. Egal ob Cis oder Trans: auch hier war die Grundlage ein Spektrum an Möglichkeiten. Wie überall in der Natur.

Weitere Infos, Erläuterungen und Beispiele zum Thema findest Du hier: https://www.gutefrage.net/frage/wie-viele-geschlechter-gibt-es-11#answer-389530879

Also in meinem Biobuch steht ganz klar 2

Geschlecht in Entwicklungsbiologie, Fach "Unterricht Biologie":

 das Geschlecht aus biologischer Sicht ein Spektrum an genetischen, entwicklungsbiologischen, hormonellen, anatomischen und morphologischen Erscheinungen umfasst

https://www.friedrich-verlag.de/friedrich-plus/sekundarstufe/biologie/entwicklungsbiologie/mannlich-weiblich-inter-11181#paywall-cta

Das biologische und psychische Geschlecht ist ein mehrdimensionales Spektrum, mit den 2 Extremen männlich und weiblich.

Das biologische Geschlecht besteht aus einem 1) chromosomalen, 2) genitalen, 3) gono­duk­talen und 4) gonadalen Geschlecht.

Und es gibt ein 1) soziales, 2) juristisches und 3) psychisches Geschlecht.

Jede dieser Dimensionen ist ein Spektrum bzw hat eine Bandbreite.

Im Detail nachzulesen: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch (online: https://www.pschyrembel.de/geschlecht/K08P4/doc/ )

Für mich als Schwulen 4:

Heterosexueller Mann, heterosexuelle Frau, homosexueller Bottom-Junge, homosexueller Top-Mann. Wahrscheinlich gibt es demzufolge noch zwei weitere Geschlechter für Lesben, aber die interessieren mich nicht.

Wen juckt diese Zahl? Selbst wenn es 1.000 Geschlechter gibt, kann doch jeder das Geschlecht behalten, das er hatte, nur andere Menschen vielleicht zusätzlich in einem Geschlecht anerkannt werden, das bisher noch keine Beachtung fand.

xNevan  13.01.2024, 15:06
Heterosexueller Mann, heterosexuelle Frau, homosexueller Bottom-Junge, homosexueller Top-Mann.

Und hier sehen wir jemanden der nicht zwischen Geschlecht und sexueller Orientierung unterscheiden kann.

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GrossesGanzes  13.01.2024, 15:16
@xNevan

Es gibt auch Adelsgeschlechter. Es kommt auf die Definition an. Noch einmal: Wer davon ausgeht, dass es rein nach der Biologie geht und nur Mann und Frau gibt, der kann doch weiter Mann oder Frau bleiben. Wenn es anderen besser geht, wenn ihre Identität, Orientierung oder was auch immer als Geschlecht anerkannt wird, warum sollte man ihnen dann nicht diesen kostenlosen Gefallen tun, solange er eben kostenlos bleibt? Denn 20 weitere Toiletten zu bauen oder irgendwelchen krampfartigen Sternchensprech einzuführen halte auch ich für bescheuert.

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xNevan  13.01.2024, 15:26
@GrossesGanzes
Es gibt auch Adelsgeschlechter

Richtig, das hat aber eine völlg andere Bedeutung. Und es gibt keine Definiton des biologischen geschlechts welches die Sexuele Orientierung beinhaltet.

Wenn es anderen besser geht, wenn ihre Identität, Orientierung oder was auch immer als Geschlecht anerkannt wird, warum sollte man ihnen dann nicht diesen kostenlosen Gefallen tun, solange er eben kostenlos bleibt?

Das Problem ist, das es nicht kostenlos bleibt.

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JoJo171823 
Fragesteller
 13.01.2024, 15:07

Ja das ist ja mehr oder weniger meine frage. Homo-Hetero ist doch eine ausrichtung? nicht das Geschlecht. Das würde dann ja heißen es gäbe dann nur 2. Es gibt ja diese Meme‘s, verzeih mir wenn das jetzt doof kommt, aber da sage die,“ Ich identifiziere mich als Kampfhelikopter.“

Geht das jetzt oder wie?

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princesskenny  13.01.2024, 15:31
@JoJo171823

Nein geht natürlich nicht. Das sagen die um sich über geschlechtsidentitäten lustig zu machen.

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GrossesGanzes  13.01.2024, 15:50
@JoJo171823

Ich gebe dir ein Beispiel anhand meiner selbst. Meinetwegen könnten wir dabei bleiben, dass es zwei Geschlechter, also Mann und Frau gibt. Allerdings sind diese Begriffe in den Köpfen der Menschen nicht nur mit Schniedel oder Brüsten und Mumu verbunden, sondern auch mit Rollenvorstellungen. Ich fühle mich eher als Junge oder "Bottom", wenn mich jemand mit "Herr XY" anspricht, ist das zwar okay für mich, aber es fühlt sich nicht ganz richtig an. Und ich kann verstehen, wenn es Leute gibt, die sich noch viel krasser in ihrer Identität missachtet fühlen. Ich glaube aber, dass es als Nichtbetroffener schon sehr viel Empathie erfordert, sich da hineinversetzen zu können. Insofern kann ich verstehen, wenn jemand nicht den Nutzen sieht und nur die vermeintlichen Akkrobatikübungen, die man bspw. beim Sprechen machen muss, um einen nicht misszugendern. Aber Gendersprache finde ich selbst auch Quatsch.

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Puabi23  13.01.2024, 15:09

Bottom und Top sind keine Geschlechter sondern Stellungen wo man Sex haben kann.

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GrossesGanzes  13.01.2024, 15:10
@Puabi23

Für mich nicht, aber an dem Beispiel sieht man dann ja, was ich meine.

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Es gibt zwei biologische Geschlechter, die physiologisch von einander klar abgegrenzt werden können (Chromosomen, Hormonhaushalt etc.). In wirklich sehr wenigen Fällen kommt es jedoch zu genetischen Anomalien, sogenannten Chromosomstörungen (mit Störung möchte ich keine Beleidigung aussprechen, es ist der medizinische Normalbegriff). Häufig führen solchen Chromosomstörungen, gerade mit Auswirkungen auf das biologische Geschlecht, zu Unfruchtbarkeit und anderen hormonellen Störungen. Diese Personen können unter dem Terminus Intergeschlechtlich zusammengefasst werden.

Dann gibt es sexuelle Vorlieben. Hetero-, Homo-, Bi- und A-Sexualität. Hier geht es darum, von welchem biologischen Geschlecht man sich für die Fortpflanzung angezogen fühlt bzw. auch nicht.

Dann gibt es die Geschlechteridentität. Hier glauben Menschen, sie seien im falschen Körper geboren wurden. Das betrifft nicht nur Mann und Frau, sondern auch geschlechterlose Entitäten. Hier geht es nicht um Sexualität und wer von wem sexuell angezogen wird. Hier geht es darum, wie man sich selbst fühlt.

Biologisch gesehen immer noch zwei, das andere sind sogenannte "Geschlechtsidentitäten" die nur beschreiben wie sich die Leute fühlen. Von diesen Identitäten gibt es so viele wie Menschen auf der Erde... aus meiner Sicht unnötig wie ein Kropf wenn jeder seine Persönlichkeit als "Geschlecht" bezeichnet aber gerade der Medienhype.