Unterschiede von 1990er zu 2010er bis heute?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Nach der Wende 1989 und dem Zusammenbruch des Ostblocks gab es ein Gefühl, als könne es wirklich eine friedliche und freie Welt geben - zerplatzte mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien wie eine Seifenblase.

Es gab kein Internet, keine Handys (nur ganz wenige und sauteure Mobiltelefone) und telefonieren war teuer, man lebte trotzdem, seinen Weg fand man auch ohne Navi und die meisten Menschen konnten auch einen Fahrplan lesen.

An den Grenzen musste man seinen Ausweis vorzeigen und in aller Regel musste man im Ausland auch das Geld wechseln, allerdings wurde hier und da gerne gesehen, wenn man in DM statt in Landeswährung zahlte.

Schnellverkehr auf der Schiene begann langsam - der erste ICE fuhr 1991 -, dafür gab es noch die Deutsche Bundesbahn und die Reichsbahn, insgesamt war das aber zuverlässiger als heute, Dinge wie Supersparpreise gab es nicht, Online buchbare Fahrscheine kamen erst Anfang der 2000er, das erste neue Sparangebot war das Surf&Rail-Ticket für 77 DM, dafür gab es das Schöne-Wochenende-Ticket und auch das Guten-Abend-Ticket.

Erst langsam bekamen die Autos Katalysatoren (hatte Mitte der 1980er begonnen), ergo stank es noch ganz anders auf den Straßen und an der Zapfsäule gab es bleifreies Benzin neben verbleitem Benzin, verbleites Super hatte 98 Oktan, unverbleites Super 95 Oktan, dazu gab es auch noch Normalbenzin mit 91 Oktan (in beiden Ausführungen), SuperPlus und Ultimate kamen später dazu.

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M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 08:12

Ja, das bekomme ich immer wieder mit, dass das so gewesen ist.

Woher genau kam dieses Gefühl eigentlich in erster Linie?

Von der Politik vermittelt, von den Medien vermittelt, Freude über Wiedervereinigung, Ende kalter Krieg, großer Wohlstand, Abrüstung, sorlosere Erziehung...

Das würde mich sehr interessieren.

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HugoHustensaft  29.06.2023, 08:14
@M3199

Vor der Wende bestand das Leben aus zwei Blöcken, die klar von einander abgegrenzt waren und es erschien, als sei dies unabänderlich - der "Wind of Change" und die "Freiheit" (zwei maßgebliche Lieder aus der Zeit) warf das alles über den Haufen, es wurden unvorstellbare Dinge Realität ...

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M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 08:15
@HugoHustensaft

Und deswegen hat man sich gesagt jetzt bleibt es immer friedlich?

Ist das nicht ein bisschen arg blauäugig?

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HugoHustensaft  29.06.2023, 08:18
@M3199

Nein, es gab ja keine Blockgegensätze mehr, man arbeitete zusammen, die KSZE hatte einen Krisenmechanismus vereinbart, um Konflikte friedlich zu lösen, undenkbare Dinge erschienen plötzlich möglich, weshalb sollte es Konflikte geben, wo sich der ganze Kontinent gerade friedlich gewandelt hatte, die Tschechoslowakei hatte sich friedlich getrennt, die baltischen Staaten waren ohne Blutvergießen wiedererstanden, ...

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M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 08:19
@HugoHustensaft

Naja, weswegen wurde diese Freiheit wohl wirklich gewährt. Nicht um die Menschen glücklich zu machen, sondern Interessen zu verfolgen und genug historische Beispiele gab es dafür.

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M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 08:20
@HugoHustensaft

Und die letzten sind erst letztes Jahr wach geworden oder?

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HugoHustensaft  29.06.2023, 08:21
@M3199

Nicht ganz: Die Menschen hatten sich ihre Freiheit ja "erkämpft", es gab ja nicht nur in der DDR Revolutionen ...

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M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 08:29
@HugoHustensaft

Naja, das hätte man militärisch wie die Jahrzenze davor unterdrücken können und gewollt musste die Wiedervereinigung auch vom Westen sein. Sonst hätte das nicht funktioniert.

Der Ostblock war pleite und die führende Politik nicht ganz so extreme Hardliner. Das war dann schon eher der Grund der Einigung.

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die 90er waren entspannt und schön. Eine goldene Zeit. Unter anderem weil sich der Dämon des Ostblocks aufgelöst hatte. Damit endete das sich gegenseitige Belauern des kalten Krieges, als beständiges Szenario der Bedrohung.

Man gliederte die Welt damals in 3 Teile. Die 1. Welt, das sind wir, die 2. Welt, das war der Ostblock und die sozialistischen Länder und die 3. Welt das sind die armen Länder vorwiegend der Südhalbkugel, die nie an einer vergleichbaren wirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen konnten.

Die 3. Welt war weit weg. Die 2. Welt löste sich plötzlich in Luft auf. So konnte man befreit durchatmen und erst mal eine Art langen Urlaub machen (90er).

Es gab eine positive Grundstimmung und nicht klein zu kriegende unterschwellige Euphorie, gerade in den späten 90ern, als es sich auf das Jahr 2000, dem Millenium zubewegte. Die Börsen hatten abenteuerliche Höchststände erreicht. Es gab keine Klimadiktatur oder -hysterie. Eigentlich eine beachtlich schöne sorglose Zeit.

Dann kamen die ersten Risse. Aus der Perspektive der angenehmen 90er. 9/11 die Kriegslüge zum Irakkrieg, eine Reihe von Interventionen, womit man die Basis für das spätere Aufkeimen des IS und einem religiös-fundamentalischen Terrorhass auf den Westen schuf.

Die Finanzkrise 2008, wo man Dinge verbrieft und ahnungslosen Deutschen angedreht hatte, die wertloser toxischer Schrott waren. Die "Rettung" der notleidenden Banken, die sich um Abermilliarden verzockt hatten, mit dem Geld der deutschen Steuerzahler. Die einen habens verspielt, aber wollten dafür nicht bluten der deutsche Michel durfte es ohne ihn zu fragen bezahlen und dafür haften.

Man hatte das Gefühl in den 2000ern ging die Unschuld verloren. Natürlich ging die schon viel früher verloren. Je nachdem welche Zeit man betrachtet. Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki sind auch unsäglich, bezieht sich halt auf eine andere Zeit.

Die Amis waren nach 9/11 vollkommen entfesselt, wie einen Kampfhund, den man von der Kette gelassen hat. Das äußerte sich z.B. an Orten wie Guantanamo und den dortigen menschenrechtswidrigen Folter- und Verhörmethoden von Gefangenen.

Man hat manches versucht wieder hinzubiegen. "Griechenlandkrise". Risse in Europa zu flicken, zu kaschieren, schönzureden, es zusammen zu halten. Die EZB flutete die Märkte mit Abermilliarden €, um sie geschmeidig und am Laufen zu halten. Folgen? Angeblich keine.

EZB pumpt 750 Milliarden in die Märkte. Droht Europa bald die Hyperinflation? Durch die Maßnahmen der EZB ist so viel Geld im Umlauf wie noch nie. Dass die Preise dadurch nennenswert steigen, zweifeln Experten allerdings an. 19.03.2020

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/droht-europa-bald-die-hyperinflation-5058262.html

So so, die zweifeln das also an. Und das war auch nur die Spitze des Eisberges. Allein zwischen 2015 und 2022 pumpte die EZB 3.200 Milliarden € in die Märkte, um sie, gegen jeden Einfluss, schön zu halten. Dann nochmal 1200 Milliarden € wegen Coronakrise..

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/ezb-anleihekaufprogramm-105.html

Und das ist auch noch nicht das Ende der Fahnenstange. Es scheint beinahe so, als sei die EZB von Sinnen, nur damit das Bild von Europa nicht vorzeitig zerstört wird. Es wird in seiner Schönheit und scheinbaren Unversehrtheit krampfhaft am Leben erhalten. Koste es was es wolle.

Sogenannte Experten zweifelten also das an, was heute eingetreten ist. Inflation? wer konnte nur ein solches Gespenst an die Wand malen.

Bis heute ist es so im Vergleich, wie wenn jemand am ausgestreckten Arm eine 5 Kilo Hantel hält. Erst geht es. Man kann sogar dabei lachen und sich mit anderen unterhalten und Witze reißen.

Aber dieser Arm wird irgendwann weich. So lange man auch versucht, die Kraft zu halten und nach außen alles schön darzustellen. So schön es auch oberflächlich manchmal wirkt, um den Schein einer rosigen Gegenwart und Zukunft zu bewahren. Irgendwann versagen die Kräfte dazu.

Die Rechten kriechen empor. Sonneberg ist nur ein unscheinbarer winzig kleiner Gipfel des Eisbergs. Weil die Leute unzufriedener sind, als in den 90ern. Es werden ihnen irre Dinge wie Heizungsgesetz und Klimadiktatur aufgezwungen. Nicht nur ideologisch eingetrichtert, sondern dabei ihre Taschen geplündert und geleert. Und gleichzeitig geht die Kaufkraft ihrer noch Guthaben, Löhne und Renten durch Inflation verloren. Es wird alles rundherum "sauteuer".

Die heutige Lage kann man mit den 90ern nicht mehr vergleichen.

Das Tafelsilber ist verzockt. Es ist eher eine tickende Zeitbombe im Bauch eines Schiffes. Auf dessen Oberdeck, wie auf der Titanik, die Leute wie damals mit den Eisstücken des Eisbergs Fußball kickten und sich bei Sekt vergnügten. Ach das bischen Eis. Während die Kammern im Bauch des Schiffes langsam voll Meerwasser liefen. Und die Kapelle auf dem Deck spielte bis zum Schluss ihre Musik dazu.

M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 14:21

Danke für die ausführliche und tolle Antwort!

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M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 15:02
@CliffBaxter

Zum Thema. Inflation ist wohl leider wieder angestiegen.

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BaarrNeu  29.06.2023, 18:52

humh

. . . blinde einseitige Westsicht. schmunzl

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Andere User dürfen gerne auch antworten, machen aber bitte kenntlich, dass sie jünger sind.

Wie gnädig von dir!!!

In 20 Jahren entwickeln sich ein Land, die Menschen, die Kultur, die Sprache, die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse weiter. Alles kann sich zum Vor- oder Nachteil verändern. Ich könnte einen ganzen Aufsatz darüber schreiben, aber das würde Stunden dauern und ich möchte auch nicht deine Hausaufgaben erledigen.

M3199 
Fragesteller
 29.06.2023, 09:46

Meine Hausaufgaben?🤣

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In erster Linie hat sich die Musik sehr verändert und aber auch die Ansprüche der Menschen denke ich. Mit dem Fall der Mauer damals, sind auch viele Gewohnheiten über Bord gegangen und Freundschaften sind in die Brüche gegangen.

Anfang der 90er war noch der Glaube an ein mögliches gemeinsames Land mit einer zusammen arbeitenden Gesellschaft.

Das hat sich in der Neu-deutsch-deutschen-Republick (NDDR) bis heute nicht eingestellt !

Ab er EURO-Einführung und der EU-Gründung ohne Rechte für die Völker und der Wirtschaftskriese 2008, verschlimmerte sich der Zustand durch SPD u. CSU/CDU-Führung drastisch. Nach Beteiligung der GRÜNEN sind wir heut in der NDDR am gesellschaftlichen Entwicklungsstand der DDR von 1982 angelangt.

(Wie das endet, . . . wissen wir DDR-Bürger schon !) schmunzel

Woher ich das weiß:Berufserfahrung