Ausdauer und Krafttraining an einem Tag?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Was kommt zuerst, Cardio oder Krafttraining? 

Ausdauertraining

Ausdauer im wissenschaftlichen Sinne ist die Fähigkeit deiner Muskeln während einer Belastung wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen verbrauchte Energie wiederherzustellen. Unser Körper verwendet als Energie-Einheit das Adenosin-Tri-Phosphat (ATP). 

Es gibt dabei verschiedene Arten und Wege, auf die ein Muskel mit Energie versorgt werden kann. Das geht mit und ohne Sauerstoff (aerob/anaerob) und dabei kann Milchsäure (Laktat) entstehen oder auch nicht (laktazid, alaktazid). Als Energie-Lieferanten kommen Kreatinphosphat (eine Verbindung, die dem ATP sehr aehnelt), Glucose und Fettsäuren in Frage. Außerdem spielt die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) eine Rolle.

Bild zum Beitrag

Warum Cardiotraining?

Nach Schätzungen der WHO ist unser Lebensstil im Jahr 2020 für knapp 70% aller Erkrankungen mitverantwortlich. Das Hauptproblem: Bewegungsmangel.

Für viele ist der erste Schritt zu einem aktiveren Lebensstil, dass man sich vornimmt, wieder joggen zu gehen. Aber all zu oft ist es dann so, dass man sich übernimmt. Man will zu schnell zu viel erreichen und erreicht dann am Ende nur eines: Schmerzen, Verletzungen und Lustlosigkeit am Sport.

Aber natürlich ist Sport auf millionenfache Art und Weise gut für jeden und sollte Bestandteil des Lebens sein. Wichtig ist daher, dass wir uns erst öfter, dann länger und schließlich intensiver bewegen.

Regelmäßigkeit > Dauer > Intensität  

Wieso Ausdauertraining wichtig für dich und deinen Körper ist, weißt du vermutlich schon:

Für das Herz und den Kreislauf

Das Herz. Dein wichtigster Muskel - Es versorgt dich rund um die Uhr mit Sauerstoff und arbeitet hart, um dich am Leben zu halten. Dein Herz reguliert zu großen Teilen deinen Kreislauf über verschiedene Mechanismen wie Puls oder Blutdruck. 

  • Ausdauertraining senkt den Ruhepuls. Ein hoher Ruhepuls ist mit einem hohen Herzinfarktrisiko assoziiert.
  • Das Blut fließt besser in den Gefäßen. Die Zellen werden besser mit Sauerstoff versorgt und die Wärmeregulation wird verbessert.
  • Die Gefäße werden durch Cardio fitter: Das Arterioskleroserisiko (Arterienverkalkung) sinkt und somit auch das Risiko für Herzkrankheiten.
  • Beim Cardiotraining bilden sich neue Kapillare und Ruhekapillare werden geöffnet. Dadurch verbessert sich der Stoffwechsel, denn der Sauerstoff wird effizienter verteilt.
  • Ausdauertraining kann Bluthochdruck entgegenwirken. Bluthochdruck verursacht Schäden an deinem Herzen und den Gefäßen, die zu Herzinfarkten, Schlaganfällen, Augen- und Nierenschäden oder Demenz führen können. 

Für die Lunge

Wir atmen ganz unbewusst. In Ruhe circa zehn bis 14-mal, dabei nehmen wir sieben bis 14 Liter Luft auf. Bei körperlichen Belastungen sind es schon rund 80 Liter, bei Extrem-Belastungen können es 120 Liter werden. Aus der Luft filtern unsere Lungen den Sauerstoff und geben ihn an das Blut ab. So werden alle unsere Zellen mit Sauerstoff versorgt. Beim Ausatmen geben wir Kohlendioxid wieder an die Umwelt ab. 

  • Durch Cardiotraining sinkt die Atemfrequenz und die Fläche für den Gasaustausch steigt - das heisst die Lunge kann mit weniger Atemzügen mehr Sauerstoff filtern
  • Die Lungenfunktion verbessert sich, bei Asthma-Patienten kann Cardio die Schwelle für einen Anfall anheben.

Für das Gehirn

Das Gehirn wird durch Ausdauertraining natürlich auch besser mit Blut und Sauerstoff versorgt. 

  • Hirnzellen bleiben erhalten, neue Synapsen werden geknüpft
  • Denkprozesse werden erleichtert, man wird klüger und kann besser lernen und sich an Dinge erinnern
  • Cardio lässt uns Endorphine ausschütten, unter anderem auch das Glückshormon Serotonin
  • Psychologischer Benefit: gesteigertes Wohlbefinden und Selbstwertgefühl, Abbau von Aggressionen und Problem- und Stressbewältigung

Für das Immunsystem

  • Cardio aktiviert die unspezifische Immunabwehr 
  • Die Killerzellen sind durch Ausdauersport besser in der Lage Erreger zu eliminieren
  • Das Immunsystem wird toleranter gegenüber oxidativem Stress
  • Man ist weniger oft und auch weniger schwer krank 

Für den Körper und die Psyche

  • Cardio baut vor allem auch Gewicht und Fett ab
  • Die Gelenke werden durch ein normales Körpergewicht weniger belastet als durch ein paar Pfunde zu viel 
  • Besseres Körpergefühl, größeres Selbstwertgefühl 
Ist Cardiotraining schlecht für den Muskelaufbau?

Man hört es immer wieder: Wer Muskeln aufbauen will, sollte lieber kein oder zumindest nicht zu viel Cardio machen. Tatsächlich führte bereits 1980 Robert Hickson eine Studie mit jungen Erwachsenen durch, die er in drei Gruppen einteilte: Die Ausdauer-Gruppe betrieb nur Cardiotraining, die Kraftsport-Gruppe natürlich nur Krafttraining. Die dritte Gruppe kombinierte Kraft- und Ausdauertraining. Hickson ließ die Studienteilnehmer testen, wie schwer ihre 1-Rep-Max Kniebeuge ist und wie groß ihr Oberschenkelumfang ist. 

Das Ergebnis: Die größten Zuwächse hatte die Krafttrainingsgruppe, gefolgt von der Kombi-Gruppe. Die Gruppe, die ausschließlich Cardiotraining betrieb, konnte sich nicht signifikant steigern. Robert Hickson schlussfolgerte daraus, dass zusätzlich zum Krafttraining eingebaute Cardio-Einheiten die Erfolge des Krafttrainings behindern (Interferenzeffekt). 

Diese Studie wurde seitdem mehrfach wiederholt und trifft vor allem auf junge, trainierte Männer zu, kaum aber auf ältere Menschen oder Frauen. Eine allgemeingültige Aussage lässt sich also nicht machen. 

Im Übrigen wirkt sich Krafttraining, das zusätzlich zum Ausdauersport betrieben wird, positiv aus, indem es die Ausdauerkapazität verbessert.

Warum schadet Cardio dem Muskelaufbau?

Muskeln brauchen Energie - und zwar sowohl für den Aufbau, als auch für die Bewegung. Aus anthropologischer Sicht (Flucht, Kampf) ist es sinnvoll, das vorhandene ATP für Bewegungen einzusetzen, statt es für die Synthese von neuen Proteinen zu verwenden.

Der Interferenzeffekt gilt nur, wenn die gleichen Muskeln kurz nacheinander belastet werden. Der dadurch entstehende Energiestress kann natürlich nicht nur beim Ausdauertraining entstehen, sondern bei allen anderen Trainingsformen. Das schließt auch das Krafttraining selber mit ein.

Krafttraining

Muskeln sind sexy. Unsere Vorstellung von Schönheit sind stählerne Sixpacks, definierte Oberarme und ein J-Lo Po. Aber Muskeln können noch viel mehr.

  • Muskeln stabilisieren Knochen und Gelenke
  • Sie verringern das Osteoporoserisiko
  • Muskeln steigern den Grundumsatz, dadurch kannst du abnehmen
  • Sie optimieren den Stoffwechsel

Am stärksten sind unsere Muskeln, wenn wir 20 sind. Danach baut die Muskelmasse immer weiter ab; unsere Großeltern haben Knie, Hüfte oder Schulter. Die Gefahr, dass sie stürzen und sich verletzen ist hoch - denn oft fehlt ihnen die stützende Muskulatur, die durch Krafttraining aufgebaut und erhalten werden kann. 

Warum Krafttraining? 

Lange Zeit war das Ausdauertraining das “Go-To” der Empfehlungen sämtlicher Gesundheitsorganisationen. Krafttraining wurde daher hauptsächlich empfohlen, um die fettfreie Masse des Körpers und die Muskelausdauer zu steigern. Mittlerweile weiß man jedoch, dass Krafttraining auch Auswirkungen auf die gesamte Gesundheit der Menschen hat.

Für das Blut

  • Krafttraining senkt den Blutdruck und verhindert Bluthochdruck
  • Dein Gesamt-Cholesterinspiegel sinkt 
  • Das schlechte LDL-Cholesterin sinkt ebenfalls
  • Das gute HDL-Cholesterin steigt an

Für den Stoffwechsel

  • Krafttraining verbessert die Insulinwirkung
  • Durch den Muskel- und Kraftzuwachs wird der Glucosestoffwechsel verbessert, indem die Glykogenspeicher im Muskel vergrößert werden 

Für den Bauchspeck

  • Auch wenn Krafttraining weniger Energie verbraucht und nicht unbedingt mit Gewichtsabnahme zusammenhängt, kann es den “Bauchspeck” reduzieren
  • Das Fett um die Körpermitte herum ist besonders “gefährlich”, denn es steht in Zusammenhang mit einer Vielzahl an Krankheiten 

Für den Körper

  • Krafttraining kann die Körperzusammensetzung verändern (weniger Fettmasse bei mehr Muskelmasse)
  • Gleichgewicht, die Bewegung im Raum und Kraft werden trainiert
  • Durch das Training steigt die fettfreie Masse und damit der Grundumsatz

Schlussendlich ist es so, dass viele Aspekte von Kraft- und Ausdauertraining für bzw. gegen das eine oder das andere sprechen. Damit du das beste aus deinem Training rausholen kannst, solltest du einige Dinge beachten:

Ausreichend Regeneration

Muskeln wachsen, wenn sie nicht belastet werden. Nach dem Training muss dein Muskel sich von den Strapazen erholen und die kleinen Mikroverletzungen, die ein anstrengendes Training hinterlässt, verarzten. Dabei passieren dann auch die gewünschten Anpassungen wie Muskelzuwachs und Kraftzunahme.

Nährstoffspeicher auffüllen

Proteine lösen ebenso die Muskelproteinsynthese aus wie das Krafttraining. Um auch geleerte Energiespeicher wieder aufzufüllen, solltest du nach dem Training eine Mahlzeit mit Proteinen und Kohlenhydraten zu dir nehmen.

Erst Kraft oder erst Cardio? Kommt drauf an!

Wenn das Ausdauertraining nur leicht belastend ist und man in derselben Trainingseinheit ein Krafttraining für die gleichen Muskeln durchführt, werden sowohl die Ausdauerleistungen als auch der Muskelaufbau gefördert. Bei leichtem Cardio also immer Cardio vor Kraft!

Wenn du dein Krafttraining splittest, dann kannst du sogar ein HIIT-Training als Cardio-Session durchführen, wenn das HIIT-Training andere Muskeln belastet. In diesem Fall: Kraft vor Cardio!

Wenn du Kraft und Ausdauer (mit HIIT) getrennt trainieren willst, solltest du zuerst das HIIT-Workout machen und frühestens drei Stunden später erst das Krafttraining.

Das Zauberwort ist Superkompensation

Egal, ob Ausdauer-, Kraft- oder Bodyweight-Training: Training basiert auf dem Prinzip der Superkompensation. Das heißt, um besser zu werden, muss man den Muskel erst schwächen und ihn dann nach einer gewissen Regeneration wieder belasten. Und zwar mehr als zuvor. Nur so kannst du eine Leistungssteigerung erreichen - egal, bei welchem Training. 

Diese stärkere Belastung lässt sich bei Ausdauertraining und Bodyweight-Training leider ab einem bestimmten Punkt nur noch schwer erreichen. Natürlich kann man schneller laufen oder noch mehr Liegestütze machen - aber das ist viel schwieriger zu kontrollieren als einfach im Krafttraining mehr Gewicht zu nehmen.

Aber keine Angst - auch bei Ausdauersport und Bodyweight-Training lassen sich Erfolge verzeichnen. Bodyweight-Übungen können sogar ebenfalls zu einem Muskelzuwachs führen, wenn man sie bis zur Ermüdung des Muskels durchführt. Du kannst also auch zuhause an Muskeln zulegen.

Mehr Training bedeutet nicht gleich mehr Muskeln

Wenn man im Gym ist und gerade schwer trainiert, muss man sich oft zusammenreißen, nicht ewig und drei Tage da zu sein. Hier gilt: So hart wie nötig, so kurz wie möglich. Damit verhinderst du den Interferenzeffekt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Gesundheit und Medizin, Sport, Ernährung)

Marrry2222 
Fragesteller
 26.03.2020, 13:54

Danke für die ausführliche Antwort! Ich mache immer erst cardio ( meistenc leichtes joggen für 20 Minuten) und dann Kraft :)

0
TillEbener1  27.03.2020, 10:39
@Marrry2222

Gerne! Ich freue mich, dass ich dir helfen konnte. Solange das Joggen wirklich nur leicht ist (du dich also noch ganz easy unterhalten kannst z.B.), solltest du dein Planung so beibehalten! :)

0

Das mit dem Darm kann wegen zuviel Eiweiß oder Kohlenhydraten sein!

Du kannst dein Ausdauer training doch so einbinden, das du dein Körper damit warm machst.

Woher ich das weiß:Hobby – Mehr als 10 Jahren Krafttraining (Massephase u. Definition)

Hallo Marrry2222!

Die Kombination ist sportlich gut und gesund. Einseitiges Training macht auch ein einseitiges Resultat.

Da ist dann das Kraftpaket dass die Tasche der Freundin wegen fehlender Kondition nicht ohne Pause in den 6. Stock tragen kann oder das Ausdauergerüst das die Tasche gar nicht erst anheben kann. 

Beides an 1 Tag geht aber dann immer erst das Krafttraining, viel Erfolg

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Viele Jahre Bundesliga Gewichtheben/Studium

Das geht. Optimalerweise gehst du aber erst nach dem Krafttraining joggen.


Marrry2222 
Fragesteller
 26.03.2020, 13:55

Supi :) dann Stelle ich den Trainingsplan ab morgen um :)

1

Natürlich. Das geht.