Erst mal muss man klarstellen, das niemand von uns dabei war und daher auch kein Urteil treffen kann.
Es gibt tausend Gründe und Sachverhaltskonstellationen wieso im Rahmen des unmittelbaren Zwanges (auch in den Rücken) geschossen worden ist. Es kann auch sein, dass es auf Notwehr gestützt ist. Genauso kann es sein, dass der Beamte sich in so einer derartigen Ausnahmesituation befand, dass er die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschritten hat (Notwehrüberschreitung).
Was hier aus meiner Sicht aber definitiv nicht zu trifft, ist Mord oder Totschlag. Wenn das ganze rechtswidrig war und der Beamte schuldhaft gehandelt hat und auch keine Rechtfertigungsgründe (z.B Notwehr oder Notwehrüberschreitung) hatte, trifft viel mehr (gefährliche) Körperverletzung mit Todesfolge zu. Die Begründung ist nämlich ganz einfach: Wenn ein Polizeibeamter in der Annahme der Schusswaffengebrauch sei rechtmäßig von der Dienstwaffe Gebrauch macht, tut er dies mit der Zielrichtung, eine Person "angriffsunfähig" zu machen. Die Tötung der Person ist NIEMALS das Ziel (außer beim finalen Rettungsschuss, aber das ist noch mal was anderes). Wenn der Beamte nicht aus Spaß geschossen hat und kein Psychopath ist, wird man im Regelfall davon ausgehen, dass die Angriffsunfähigkeit des Beschuldigten die Zielrichtung der Schüsse war und damit eine (gefährliche) Körperverletzung mit Todesfolge einschlägig ist.
Und grundsätzlich kann man sagen - mit Reizstoff tötet man zwar niemanden. Aber man kann auf einen Polizeibeamten dem man Reizstoff in die Augen gesprüht deutlich einfacher mit einem Messer einstechen oder ihm die Dienstwaffe entreißen. Ich will garnicht wissen, in was für eine Panik man als Polizeibeamter verfällt, wenn das Gegenüber (das übrigens zuvor andere Personen mit einem Messer bedroht hat), einem Reizstoff in die Augen sprüht und man nicht weiß, ob derjenige auf einen gleich mit dem Messer einsticht. Da würde es mich nicht wundern, dass man die Notwehr aus Furcht oder Schrecken überschreitet. Was ich damit sagen will, Schusswaffengebrauch kann gegen Reizstoff durchaus berechtigt sein.
Die Polizei muss sich auch nicht zurückziehen. Darf sie auch garnicht! Das wäre es ja, wenn Gewalttäter durch die Innenstadt ziehen dürften und der Staat sich zurück zieht.
Auf fliehende Täter darf die Polizei übrigens auch schießen. In den meisten Landesgesetzen und auch dem Bundesgesetz heißt es dazu: "Schußwaffen dürfen gegen einzelne Personen nur gebraucht werden, um eine Person, die sich der Festnahme oder der Feststellung ihrer Person durch die Flucht zu entziehen versucht, anzuhalten, wenn sie bei einer rechtswidrigen Tat auf frischer Tat betroffen wird, die sich den Umständen nach als ein Verbrechen darstellt oder als ein Vergehen, das unter Anwendung oder Mitführung von Schußwaffen oder Sprengstoffen begangen wird."
Bei der aktuellen Lage in Deutschland wäre es vielleicht auch mal ein Denkanstoß an die Politik, dass man zu "Schußwaffen oder Sprengstoffen" auch noch "Messer" hinzunimmt.