Hallo,
Es ist tatsächlich nicht möglich zu sagen, ob das ein Abseitstor war oder nicht.
Wenn man das Bild in dem Moment, in dem der Pass gespielt wurde anhält, sieht man, dass die Fußspitze von de Ligt auf gleicher Höhe wie die Hacke des letzten Verteidigers ist (ich rechne jetzt den Torwart nicht zu den Verteidigern mit), wenn nicht sogar knapp im Abseits. Sollte das auf gleicher Höhe gewesen sein, wovon ich jetzt ausgehe, ist das nicht weiter schlimm. Allerdings ragt die Schulter von de Ligt über seine Fußspitze hinaus und befindet sich somit im Abseits. Da mit der Schulter ein Tor erzielt werden darf, ist dies eine Abseitsposition. Dass der Verteidiger seinen Arm ausstreckt hebt das Abseits in keinem Fall auf, da mit dem Arm oder der Hand kein Tor erzielt werden darf.
Um de Ligt soll es erstmal gar nicht gehen. Seine Abseitsposition wird später noch relevant.
Dafür soll uns Mazraoui umso mehr interessieren. Dieser läuft ebenfalls mit und zur Zeit des Abspiels ist nicht ganz klar, ob er auf gleicher Höhe mit dem Verteidiger oder knapp im Abseits steht. Dabei schaue man auf Mazraouis Knie und die Hacke des Verteidigers.
Ich habe mir diesen Moment genauestens angeschaut und bin zu dem Schluss gekommen, dass es für normale Menschen ohne Computer-Hirn oder die Fähigkeit eine Grafik zu erstellen, die einem weiterhelfen kann unmöglich ist, diese Situation korrekt zu bewerten. Ich hatte als Bildquelle nur das Highlights-Video, in dem die Kamera von schräg oben und noch dazu schräg hinten gefilmt hat. Von daher ist es für mich unmöglich zu beurteilen, ob sich Mazraoui im Abseits befunden hat. Verschiedene Quellen sagen allerdings, dass dieser nicht im Abseits gestanden hat.
An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass ich im Fall von Mazraoui von gleicher Höhe ausgehe und auch denke, dass es so gewesen ist.
Bis jetzt ging es nur um das Standbild während der Ausführung des Passes. Jetzt schauen wir uns den weiteren Weg des Balles an.
Mazraoui läuft mit und versucht in einem Kopfballduell mit einem Gegenspieler den Ball zu ergattern. Kurz nach diesem Moment ertönt der Pfiff. Verständlich, wenn der Assistent Abseits anzeigt.
Der Haken ist, dass ich, wie viele andere auch, nicht denke, dass Mazraoui im Abseits stand.
Zur kurzen Erläuterung: „Ein Spieler, der sich zum Zeitpunkt, in dem ein Mitspieler den Ball spielt oder berührt, in einer Abseitsstellung befindet, wird nur dann bestraft, wenn er aktiv am Spiel teilnimmt, indem er:
[…] oder
einen Gegner beeinflusst indem er:
[…]
- mit diesem Gegener einen Zweikampf führt,
[…]“
Mazraoui hat also versucht, in einem Kopfballduell an den Ball zu kommen. Der Schiedsrichter, oder wohl eher der Schiedsrichterassistent hat wohl gedacht, dass Mazraoui vorher im Abseits stand und mit der Begründung, dass er in den Zweikampf um den Ball gegangen ist, die Fahne gehoben.
Machen wir aber weiter.
Der Verteidiger hat den Ball abgewehrt. Daraufhin hat sich de Ligt schlau verhalten, auch, wenn er vielleicht nicht einmal wusste, dass er im Abseits stand und ist nicht zum Ball gegangen. Denn wenn sich ein Spieler einen Vorteil verschafft, indem er den Ball spielt, wenn dieser von einem Gegner absichtlich abgewehrt wurde, ist das auch Abseits. Genau das ist passiert, nur dass nicht de Ligt, sondern Müller hier zum Ball gegangen ist. Und dadurch, dass Müller nun ein vollkommen legitimes Zuspiel zu de Ligt tätigt, ist de Ligt vom Abseits befreit. Wer sich erinnert, am Anfang hatte ich geschrieben, dass de Ligt zu Beginn des Angriffs im Abseits stand. Hier kam das zur Geltung.
Hier noch einmal der ganze Abschnitt aus dem Regelwerk:
„Ein Spieler, der sich zum Zeitpunkt, in dem ein Mitspieler den Ball spielt oder berührt*, in einer Abseitsstellung befindet, wird nur bestraft, wenn er aktiv am Spiel teilnimmt, indem er:
• durch Spielen oder Berühren des Balls, den zuletzt ein Mitspieler gespielt oder berührt hat, ins Spiel eingreift oder
• einen Gegner beeinflusst, indem er:
• diesen daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können, indem er ihm eindeutig die Sicht versperrt,
• mit diesem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt,
• eindeutig versucht, den Ball in seiner Nähe zu spielen, wenn diese Aktion einen Gegner beeinflusst,
• eindeutig aktiv wird und so die Möglichkeit des Gegners, den Ball zu spielen, eindeutig beeinflusst,
oder
• sich einen Vorteil verschafft, indem er den Ball spielt oder einen Gegner beeinflusst, wenn der Ball:
• von einem Torpfosten, der Querlatte, einem Spieloffiziellen oder einem Gegner zurückprallt oder abgelenkt wird,
• absichtlich von einem Gegner abgewehrt wurde.
*Massgebend ist der erste Kontakt beim Spielen oder Berühren des Balls.
Ein Spieler verschafft sich keinen Vorteil aus seiner Abseitsstellung, wenn er den Ball von einem gegnerischen Spieler erhält, der den Ball absichtlich gespielt* hat (auch per absichtlichem Handspiel), es sei denn, es handelt sich dabei um eine absichtliche Torverhinderungsaktion eines gegnerischen Spielers.
* Ein „absichtliches Spielen" (mit Ausnahme von absichtlichen Handspielen) liegt vor, wenn ein Spieler den Ball unter Kontrolle bringen könnte und die Möglichkeit hat:
• den Ball einem Mitspieler zuzuspielen oder
• in Ballbesitz zu gelangen oder
• den Ball zu klären (z. B. mit dem Fuss oder dem Kopf).
Wenn der Pass, der Versuch, in Ballbesitz zu gelangen, oder die Klärung durch den Spieler, der den Ball unter Kontrolle bringen könnte, ungenau ist oder misslingt, ändert dies nichts daran, dass der Spieler den Ball „absichtlich gespielt“ hat. Ob ein Spieler den Ball unter Kontrolle bringen könnte und folglich „absichtlich spielt“, ist anhand folgender Kriterien zu beurteilen:
• Der Ball legte eine gewisse Distanz zurück, und der Spieler hatte klare Sicht auf den Ball.
• Der Ball bewegte sich langsam.
• Der Ball ging in eine zu erwartende Richtung.
• Der Spieler hatte Zeit, seine Körperbewegungen zu koordinieren (d. h., es handelte sich nicht um instinktive Streck-, Sprung- oder sonstige Bewegungen mit begrenzter Ballberührung/-kontrolle).
• Ein Ball am Boden ist einfacher zu spielen als ein Ball in der Luft.
Eine Torverhinderungsaktion liegt dann vor, wenn ein Spieler einen Ball, der ins oder sehr nah ans Tor geht, mit irgendeinem Körperteil ausser mit den Händen/Armen (ausgenommen der Torhüter im eigenen Strafraum) abwehrt oder abzuwehren versucht.
Wenn:
• sich ein Spieler, der sich aus einer Abseitsstellung bewegt oder in einer Abseitsstellung befindet, im Laufweg eines Gegners befindet und die Bewegung des Gegners zum Ball beeinträchtigt, ist dies ein Abseitsvergehen, wenn es die Möglichkeit des Gegners, den Ball zu spielen oder einen Zweikampf um den Ball zu führen, beeinflusst. Wenn sich der Spieler in den Laufweg eines Gegners bewegt und den Lauf des Gegners behindert (z. B. den Gegner auflaufen lässt), ist das Vergehen gemäss Regel 12 zu ahnden,
• sich ein Spieler in einer Abseitsstellung mit der Absicht zum Ball bewegt, diesen zu spielen, und er gefoult wird, bevor er den Ball spielt oder zu spielen versucht oder bevor er mit einem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt, wird das Foul geahndet, da es vor dem Abseitsvergehen geschehen ist,
• ein Vergehen gegen einen Spieler in einer Abseitsstellung begangen wird, der bereits den Ball spielt oder zu spielen versucht oder der mit einem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt, wird das Abseitsvergehen geahndet, da es vor dem Foul geschehen ist.“
Aus meiner Sicht und so wie es das Regelwerk darstellt, war die Aktion des Verteidigers ein Torverhinderungsversuch und hätte Mazraoui im Abseits gestanden, wäre es auch völlig richtig gewesen, dies zu pfeifen.
Kommen wir zum Fazit: Laut verschiedenen Quellen stand Mazraoui nicht im Abseits sondern auf gleicher Höher, was ich ohnehin vermute, aber nicht mit Sicherheit sagen kann. Von daher ist es jedem selbst überlassen, zu mutmaßen, ob er nun im Abseits stand oder nicht. Ihr habt jetzt vielleicht diesen Text gelesen und wisst über die Lage und das Abseits an sich Bescheid. Und wenn nicht, ist das nicht weiter schlimm, denn dieser Text ist wirklich sehr lang.
Was wir aber eindeutig wissen: de Ligt ist fein raus. Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Der einzige, der das möglicherweise tat, ist Mazraoui, aber darüber kann jetzt jeder mutmaßen wie er will.