Hallo Große,
also erstmal Respekt zu so einer Frage, die auch ehrliche Antworten sucht. :)
Alles in allem glaube ich nicht, dass in dem Fall das Kopftuch das "Problem" ist, sondern du selbst. So wie du schreibst, scheinst du in einem Umfeld, in dem es normal ist ein Kopftuch zu tragen, als durchaus angenehm empfindest.
Unangenehm wird es, wenn man dadurch etwas "besonderes" wird und das bist du, weil vielerorts das Kopftuch nicht zum täglichen Erscheinungsbild gehört. Wenn du nun also das Gefühl hast, dass man dich da ausgrenzen oder provozieren will, ist das zum Teil richtig. Auch dass man dir mit Skepsis gegenübertritt kann ich durchaus verstehen. Später dazu mehr. :)
Was du nun tust, ist ganz allein dir überlassen. Entscheidest du dich dazu, das Kopftuch abzunehmen oder eben nicht?
Wichtigste an dieser Entscheidung sollte sein, dass du auf dein Herz hörst. Horche tief in dich hinein. Trägst du es aus freien Stücken, ohne Zwang und weil DU es willst, dann steh auch dazu! Wenn nicht, dann nimm es ab und steh genauso hinter dieser Entscheidung! Nur wenn es sich richtig anfühlt tust du auch das richtige. Also für dich! Was andere dabei denken, sollte dir dann egal sein.
Ich weiß, dass die Akzeptanz auch an Unis und anderen Hochschulen recht gering ausfällt. Ich selbst gehöre keiner Religion an, habe diese Art Probleme also nicht, kann mich aber durchaus auch in die andere Seite hineindenken. Leider muss ich eingestehen, dass ich selbst Frauen mit Kopftuch auch skeptisch gegenüberstehe und es mir meistens schwer fällt, meine Vorurteile zu überwinden. Anders als die meisten versuche ich mir selbst ein Bild von der Person zu machen, mich mit ihr zu unterhalten und zu verstehen, warum, wieso weshalb sie ein Kopftuch trägt.
Viele meiden diesen Weg. Die Propaganda hat dazu geführt, dass eine Frau mit Kopftuch immer als Opfer angesehen wird. Als Opfer ihrer Religion, ihres Mannes, ihrer Familie. Die Tatsache, dass es auch Frauen gibt, die dieses Stück Stoff wirklich freiwillig tragen, wird dabei oftmals vergessen. Das erste was dieses Kopftuch also "aussagt" ist "ich stehe unter Zwang".
Warum du nun also stets und ständig so schief angeschaut wirst, hat entsprechend etwas mit deinem defensiven Verhalten zu tun. Du wehrst dich nie. Du provozierst nie. Du reagierst nie. Genau das ist der Punkt, der die anderen darin bestätigt, es hier mit einer von ihrer Religion und ihrer Familie unterdrückten Frau zu sprechen. Damit können viele nicht umgehen. Sie sehen dich als "Gefangene".
Was fehlt ist ein klares Statement von deiner Seite aus. Mache diesen Leuten klar, dass du das Kopftuch trägst, weil du es möchtest! Provoziere Diskussionen, wenn man dich blöde anschaut oder dich doof anmacht! Stehe zu dem, was du bist und woran du glaubst und vor allem zu der, die du bist! Eine junge, intelligente Frau, die ihren Glauben gern offen zeigen möchte. Du musst den anderen verdeutlichen, dass du kein Opfer bist sondern dass du das tust, was du tun möchtest.
Solange das nicht passiert, werden sie dich immer skeptisch ansehen und nicht wissen, wie sie auf dich reagieren sollen. Sie kennen dich nicht, also gib ihnen eine offensive Möglichkeit, dich kennenzulernen. Vertrete in diesen Diskussionen deinen Standpunkt. Auch deshalb werden einige Dozenten dich so ansehen, weil sie erwarten, dass du dich ebenfalls dazu äußerst.
Als Jurist musst du gut debattieren und argumentieren können. Wenn du jetzt den Mund nicht aufmachst, weil man dich komisch ansieht, wie willst du dann später zum Beispiel als Anwalt bestehen?
Geh auf die Leute zu, Frage sie, warum sie ein Problem mit dir haben, finde eine Gesprächsbasis und zeige ihnen dann, wer du wirklich bist, damit sie dich nicht mehr auf das Kopftuch reduzieren sondern den Menschen darunter. Dann haben sie eine Möglichkeit, dich zu verstehen und können lernen, wie man mit dir lachen, tratschen, diskutieren und sich auch offen streiten kann. Aber zu allererst muss dieses betretene Opferimage weg. Dafür kannst nur du selbst sorgen.
Möchtest du also das Kopftuch tragen, dann tu das und zeige allen anderen, warum und weshalb. Es wird ein Kampf werden, ehe sie es wirklich verstehen und akzeptieren, aber es wird sich etwas ändern. Vielleicht nicht bei allen aber bei einigen. Denn wenn wir eines sind, dann neugierig. Sie werden dich anfangen auszufragen, was sie bisher nicht tun, weil sie Angst davor haben, dir zu nahe zu treten und dann mit dem "großen Bruder" von dir konfrontiert zu werden. :)
Also.. triff deine Entscheidung für dich selbst und dann verteidige sie!
Liebe Grüße