Zukunft der MenschheitEvolutionsbiologin: Viele Männer werden keine Sexualpartnerin mehr findenDie männliche Zivilisation widerspricht der Natur: Das ist die These der Biologin Meike Stoverock. Sie hat ein Buch über das evolutionäre Prinzip der „female Choice“ geschrieben, wonach die Weibchen den Zugang zu Sex kontrollieren. Was heißt das für das künftige Verhältnis von Männern und Frauen?
Von Monika Dittrich | 22.02.2021
Im Tierreich gilt Damenwahl. Ob Kranich, Riesenkänguru oder Paradiesvogel: Die Männchen fast aller Arten strengen sich an, um die Weibchen zur Paarung zu bewegen. Die promovierte Biologin Meike Stoverock beschreibt das so:
„Attraktive Männchen mit Hörnern, Geweihen, Schmuckfedern oder leuchtenden Farben machen ein Riesentamtam: Sie singen, schenken, bauen, drohen, sammeln, tanzen und imitieren Stimmen, dass den armen Weibchen ganz schwindelig wird vor Erotik.“
Üblicherweise verfügen die Männchen über massenweise Samenzellen, mit denen sie die Weibchen begatten wollen. Für die Weibchen aber ist die Fortpflanzung viel aufwändiger, ihre Eizellen sind kostbar, die Brutpflege ist anstrengend. Deshalb sind sie wählerisch – sie bestimmen, welche Männchen sich paaren können.Natur, Kultur, Geschlecht – Feminismus und die kleinen Unterschiede
Gleichheit zu postulieren, das ist ein Grundpfeiler eines modernen Feminismus. Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden hierbei allein auf Erziehung und Kultur zurückgeführt. Aber was, wenn sie doch auf die Natur zurückgehen?
Ein Naturgesetz wurde ausgehebeltNicht alle Männchen kommen zum Zug, viele bleiben ohne Weibchen und ohne Sex. Das ist die Female Choice, ein Gesetz der Evolution.
„Sex ist für Männchen eine begrenzte Ressource, die die Weibchen kontrollieren. Dass Männchen oft und hartnäckig versuchen, sexuelle Kontakte zu Weibchen herzustellen, und Weibchen diese Versuche fast immer ablehnen, ist kein Fehler des Systems – es ist das System.“
Meike Stoverock breitet das Panorama evolutionsbiologischer Zusammenhänge genüsslich aus – und die Schlussfolgerung drängt sich bei der Lektüre zwingend auf: Menschen sind auch nur Säugetiere. Aus naturwissenschaftlicher Sicht muss für sie ebenfalls das Prinzip der Female Choice gelten. So war es wohl auch mal, legt die Autorin überzeugend dar.
„Die heutige Weltbevölkerung hat ungefähr doppelt so viele weibliche wie männliche Vorfahren, in präkulturellen Zeiten haben sich also ungefähr 70% der Frauen mit 35% der Männer gepaart.“
Ehe verhindert männliche SexualkonkurrenzWas also ist passiert, dass wir heute in einer männlichen Zivilisation leben? Sehr kurz zusammengefasst erklärt es Meike Stoverock so: Mit der Landwirtschaft wurden die Menschen vor rund 10.000 Jahren sesshaft und die Frauen verschwanden im privaten Heim, wo sie sich um die Kinder kümmerten. Männer entschieden fortan über die Verteilung der Frauen. Sie erfanden die Ehe, um die männliche Sexual-Konkurrenz einzuhegen und den Zugang zu Sex zu sichern.
Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/zukunft-der-menschheit-evolutionsbiologin-viele-maenner-100.html