Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ein strafrechtliches Urteil hat im Zivilprozess keine Bindungswirkung. Der Zivilrichter urteilt ausschließlich auf Grundlage der im Zivilprozess getroffenen Feststellungen. Der Kläger kann dabei das strafrechtliche Urteil lediglich als Beweismittel anführen. Und als Beweismittel hilft das Urteil dem Kläger auch nur hinsichtlich der im Strafverfahren festgestellten Tatsachen. Die daraus resultierenden rechtlichen Folgen, also die Strafbarkeiten (etwa wegen Betrugs), die das Strafgericht festgestellt hat, sind für das Zivilgericht vollkommen irrelevant.
Bsp.: Der Täter wird wegen Betrugs strafrechtlich verurteilt. Das Opfer verlangt nun danach Schadensersatz vom Täter und klagt zivilrechtlich einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 I StGB ein (= Anspruch auf Ersatz des durch den Betrug entstandenen Schadens). Damit dieser Anspruch besteht, müsste das Zivilgericht nun wie das Strafgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Beklagte tatsächlich den Straftatbestand des § 263 Abs. 1 StGB verwirklicht hat, also das Opfer betrogen hat. Das Zivilgericht muss dem Strafgericht dabei aber nicht folgen, obwohl dieses vorher eigentlich bereits über die Strafbarkeit entschieden hatte. Denkbar sind zwei Konstellationen: Entweder der Beklagte (Täter) konnte eine im strafgerichtlichen Urteil festgestellte belastende Tatsache vor dem Zivilgericht überzeugend bestreiten bzw eine entlastende Tatsache überzeugend darlegen. Oder das Zivilgericht vertritt schlicht eine andere Rechtsauffassung als das Strafgericht (also der Sachverhalt steht unverändert fest, das Zivilgericht zieht aber andere Rechtsfolgen daraus).