Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ein strafrechtliches Urteil hat im Zivilprozess keine Bindungswirkung. Der Zivilrichter urteilt ausschließlich auf Grundlage der im Zivilprozess getroffenen Feststellungen. Der Kläger kann dabei das strafrechtliche Urteil lediglich als Beweismittel anführen. Und als Beweismittel hilft das Urteil dem Kläger auch nur hinsichtlich der im Strafverfahren festgestellten Tatsachen. Die daraus resultierenden rechtlichen Folgen, also die Strafbarkeiten (etwa wegen Betrugs), die das Strafgericht festgestellt hat, sind für das Zivilgericht vollkommen irrelevant.

Bsp.: Der Täter wird wegen Betrugs strafrechtlich verurteilt. Das Opfer verlangt nun danach Schadensersatz vom Täter und klagt zivilrechtlich einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 I StGB ein (= Anspruch auf Ersatz des durch den Betrug entstandenen Schadens). Damit dieser Anspruch besteht, müsste das Zivilgericht nun wie das Strafgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Beklagte tatsächlich den Straftatbestand des § 263 Abs. 1 StGB verwirklicht hat, also das Opfer betrogen hat. Das Zivilgericht muss dem Strafgericht dabei aber nicht folgen, obwohl dieses vorher eigentlich bereits über die Strafbarkeit entschieden hatte. Denkbar sind zwei Konstellationen: Entweder der Beklagte (Täter) konnte eine im strafgerichtlichen Urteil festgestellte belastende Tatsache vor dem Zivilgericht überzeugend bestreiten bzw eine entlastende Tatsache überzeugend darlegen. Oder das Zivilgericht vertritt schlicht eine andere Rechtsauffassung als das Strafgericht (also der Sachverhalt steht unverändert fest, das Zivilgericht zieht aber andere Rechtsfolgen daraus).

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Was kann ich in diesem Fall tun?

Am 4 Februar war ich am Hauptbahnhof einer großstadt und bin zum zug gerannt mit meinem freund.Mein freund war vorne und ist vorgerannt um den zug aufzuhalten weil ich viel langsamer renne als er.Trotzdem habe ich versucht mitzukommen und plötzlich schaute ich nach rechts und bemerkte das eine ältere frau umgefallen ist sie ist aus dem nichts gekommen und gegen meinen Schulranzen gelaufen der einen Schwung vom Rennen hatte weil ich ihn immer auf der rechten schulterseite trage.Ich bin stehen geblieben und habe mich entschuldigt und ihr mit hilfe von mehreren passanten aufgeholfen.Mir war das alles wirklich peinlich aber die passanten meinten auch das es ein unfall war und ich mir keine Vorwürfe machen soll.Die polizei ist dann druaf aufmerksam geworden und ich habe ihnen meinen Ausweis zum Fotografieren hingehalten.Der Polizist meinte dann such das er denkt das da nichts passieren wird und mein freund war dann auch schon da und wir durften gehen zur nächsten bahn. Heute hat mein Vater einen Anruf von der Polizei bekommen das die frau eine hüftoperation hatte und sie vermutet das die Operation gemacht werden musste auch aufgrund von diesem sturtz.Sie hat sich einen Anwalt genommen und klagt jetzt wegen Körperverletzung.Ich bin 17 und komplett geschockt es war natürlich ein unfall.Morgen kommt der Polizist zu uns und bespricht alles mit uns.Mein vater hat auch einen familienhaftpflichtversicherung.Meine fragen wären ob jemand vielleicht eine ei schätung hat was jetzt weiterhin passieren könnte oder was ich morgen sagen kann weil ich hab ehrlich gesagt angst was falsches zusagen ,weil ich nie was mit der polizei zutun hatte.

Danke fürs lesen würde mich sehr über eine Antwort freuen...☺️:(

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Das Wichtigste vorweg zu deinem Vorgehen: Ich weiß nicht, was der Polizist mit euch besprechen will, aber sieh BITTE davon ab, IRGENDWELCHE Angaben zum Tathergang zu machen, sondern allenfalls unter Rücksprache mit einem Rechtsanwalt. Der Polizist kann so viel erzählen wie er will, aber selbst wenn du gerne Sachen erzählen würdest, die dich nach deiner Einschätzung entlasten, schadet das OHNE AUSNAHME immer mehr als es bringt.

Ich weiß aus deinen Ausführungen noch nicht genau, ob die Alte (bewusst abwertend gemeint) jetzt auch Strafanzeige erstattet hat oder nur Schadensersatz will und geb dir daher über beides einen Kurzüberblick:

Ich gehe zunächst auf das Strafrechtliche ein: Weil du ganz offensichtlich nicht vorsätzlich gehandelt hast, käme allenfalls eine fahrlässige Körperverletzung gem. § 229 StGB in Betracht. Sofern man hier nicht einen sehr strengen Maßstab ansetzt und bereits das Rennen an einem (offenbar unübersichtlichen) Bahnsteig als fahrlässig klassifiziert, wird man das aber ablehnen müssen, wenn die Frau wie du meinst "aus dem Nichts" kam. Das ist aber leider eine Einzelfallfrage, die ich per Ferndiagnostik nicht beantworten kann. In any case kenne ich einige Staatsanwälte, die tatsächlich besseres zu tun haben, als sich mit so einem Blödsinn zu befassen. Es würde mich daher wundern, wenn das Verfahren (sofern es überhaupt eines gibt) nicht nach § 153 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit der Schuld eingestellt werden würde.

Hinsichtlich eines möglichen zivilrechtlichen Schadensersatzes (keine Ahnung was die will, evtl Schmerzensgeld oder so): Ich gehe mal davon aus, dass du auch mit 17 schon die allgemeine Einsichtsfähigkeit hast, die Verantwortung für eigenes Tun zu erkennen im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, sodass im allerersten Ansatzpunkt überhaupt mal eine Haftung möglich ist. Aber auch dafür ist mindestens Fahrlässigkeit erforderlich (§ 823 Abs. 1 BGB). Auch hier ist keine Ferndiagnostik möglich. Hier kommt aber hinzu, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Frau wegen Mitverschuldens (§ 254 BGB) wohl in jedem Fall gekürzt werden würde. Du siehst: Letztlich kommt es darauf an "wer wieviel Schuld hatte" bzw ob das was du gemacht hast, überhaupt bereits als "fahrlässig" gehandelt werden kann.

Die langen Ausführungen sollen iE nur eines zeigen: Gerade weil es so krass auf den Einzelfall ankommt, solltest du AUF KEINEN FALL Angaben zu diesem Einzelfall machen. Je weniger sie wissen, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. Können sie das nicht, bist du weder strafrechtlich verantwortlich, noch haftest du zivilrechtlich auf Schadensersatz.

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Es stehen letztlich zwei Fragen im Raum: Zum einen, ob ein Sachmangel vorliegt (wegen dem du dann Gewährleistungsrechte wie Nachbesserung etc. geltend machen könntest). Zum anderen, ob dieser vom Verkäufer "verschwiegen" wurde und was das für Folgen hätte.

Zur ersten Frage des Mangels: Habt ihr im Kaufvertrag oder einer sonstigen mündlichen Absprache festgehalten, welche Beschaffenheit der Lack bzw die Karosserie haben soll oder zB eine abschließende Liste an "Mängeln" des Kfz aufgestellt und taucht der jetzt festgestellte Mangel dort nicht auf, liegt ein Mangel schon deshalb vor, weil die Sache (das Kfz) nicht "die vereinbarte Beschaffenheit hat" (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Wurde darüber nicht gesprochen (davon gehe ich aus), liegt ein Sachmangel alternativ nur dann vor, wenn das Kfz kurz gesagt nicht die für einen Gebrauchtwagen übliche und erwartbare Beschaffenheit hat (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB). Zwar wurde von einem anderen Nutzer bereits geschrieben, dass an Gebrauchtwagen nicht dieselben Anforderungen zu stellen sind wie an Neuwagen. Das ist zwar im Ansatz erstmal richtig. Bei Gebrauchtwagen sind nämlich im Gegensatz zu einem Neuwagen Verschleißerscheinungen zu erwarten. Diese begründen daher keinen Mangel. Ein Unfall ist dagegen auch bei Gebrauchtwagen kein "Verschleiß". Der BGH hat daher im Urteil vom 12. März 2008 – VIII ZR 253/05 – hierzu entschieden (Rn. 18):

Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, kann der Käufer auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist. Wie der Senat in diesem Zusammenhang weiter erkannt hat, sind "Bagatellschäden" bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war

Da ich davon ausgehe, dass der Lackschaden und das verbogene Bleck am Kotflügel von einem Unfall herrühren, liegt nach Rechtsprechung des BGH meines Erachtens ein Sachmangel vor. Du kannst daher Gewährleistung (die einzelne Rechte sind in § 437 BGB aufgelistet) geltend machen. Primär kannst du also Nachbesserung verlangen (§ 439 Abs. 1 BGB) (Nachlieferung wird bei dem Gebrauchtwagen faktisch nicht möglich sein).

Zur zweiten Frage des "Verschweigens": Das Verschweigen eines Mangels kann im ersten Ansatz auch eine arglistige Täuschung darstellen, die gem. § 123 Abs. 1 BGB zur Anfechtung berechtigt. Eine Täuschung durch Verschweigen kommt aber nur in Betracht, wenn der Verkäufer eine Aufklärungspflicht hatte. Grundsätzlich trägt aber jede Partei das eigene Informationsbeschaffungsrisiko. Nur im absoluten Ausnahmefall wird daher eine solche allgemeine Auskunftspflicht bejaht. Weil der Mangel hier aber (wenn auch nur bei genauem Hinsehen) erkennbar war, sehe ich einen solchen Ausnahmefall nicht. Meines Erachtens kannst du daher nicht anfechten, sondern nur Gewährleistung geltend machen (siehe oben).

Ich hoffe das hilft :)

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Deine Frage beantwortet im Grunde bereits durch § 762 Abs. 1 S. 1 BGB beantwortet, wonach insbesondere Wetten nicht rechtlich bindend sind.

Aber mal unterstellt es gäbe diesen Paragrafen nicht und Wetten wären bindend: Dann müsste man auslegen (§§ 133, 157 BGB), was Inhalt der Wette geworden ist, also die 3 oder die 300 Liegestütze. Die Wette wäre ein Vertrag, die Willenserklärung des Erklärenden bezogen auf die Wette ist daher empfangsbedürftig. Die Auslegung dieser Willenserklärung bemisst sich daher nach dem objektiven Empfängerhorizont (§ 157 BGB), sodass zu fragen ist, wie ein objektiver Dritter den erklärten Willen interpretiert hätte. Ein Dritter wäre hier wohl eher von "300-400" ausgegangen, sodass sich die Wette auch darauf bezieht. Dass der Erklärende tatsächlich "3" gemeint hat, ist für die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont vollkommen irrelevant. Also Zwischenergebnis: Wette bzgl 300-400 Liegestütze.

Nun fallen aber objektiv Erklärtes und subjektiv Gewolltes beim Erklärenden auseinander. Es liegt damit ein Inhaltsirrtum gem. § 119 I Alt. 1 BGB vor, er könnte also seine Willenserklärung anfechten.

Eine Täuschung die ihn zur Anfechtung berechtigen würde sehe ich nicht, da allenfalls er selbst versucht hat, die anderen zu täuschen, was dann aber ja nicht ihn selbst (den Täuschenden) zur Anfechtung berechtigen würde (nur der Getäuschte kann anfechten). Wollte er die anderen tatsächlich täuschen, hat das aber eine andere Konsequenz: Denn dann wusste der Erklärende ja genau, wie der Inhalt seiner Erklärung tatsächlich verstanden werden wird. Dann war er sich nicht über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum, weil er diesen ja genau kannte. In diesem Fall liegt dann wohl eher eine Willenserklärung unter einem geheimen Vorbehalt vor (§ 116 BGB), was die Wirksamkeit der Willenserklärung aber unberührt lässt.

Kurz: Wären Wetten rechtlich bindend, könnte er seine Willenserklärung anfechten, sofern er verkannt hat, dass die gewollte Aussage "3 bis 400" tatsächlich als "300 bis 400" verstanden werden wird.

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Strafbarkeit der Beteiligten?

K wartete zur Nachtzeit in der unbelebten Berliner U-Bahnstation auf den nächsten Zug. Neben ihm stand S. Dieser war hochgradig wütend und aggressiv, weil ihn seine Freundin kurz zuvor aus der Wohnung geworfen hatte. Als K kurz den Kopf zu S hindrehte, um zu sehen, wer neben ihm stand, schlug S ihm ohne Vorwarnung mit voller Wucht ins Gesicht, um sich abzureagieren.

Dadurch stürzte K ungebremst und ohne Abwehrreaktionen oder Abfangbewegungen mit dem Hinterkopf auf den Steinboden der U-Bahnstation. Dass ein kräftiger Faustschlag gegen den Kopf eines Menschen zur Folge haben kann, dass dieser unglücklich stürzt und durch den Sturz zu Tode kommen kann, war dem S zwar als allgemeine Erfahrungstatsache bewusst. Er ging jedoch im Moment des Schlages fest davon aus, dass so etwas bei K nicht passieren würde. Den am Boden liegenden K verließ S deshalb in der Überzeugung, dass sich sein Opfer bald erholen würde.

B kam zufällig vorbei. Als er K regungslos am Boden sah und auch die Blutlache, die sich unter dessen Kopf gebildet hatte, hielt er ihn für tot. Da fiel sein Blick auf die Armbanduhr des K, die aussah wie eine teure-Uhr. Eine solche Uhr wollte B schon immer haben. Er löste deshalb den Verschluss der Armbanduhr und war schon im Begriff, diese dem K vom Handgelenk zu ziehen, als er erkannte, dass die Uhr eine Imitation war und durch den Sturz beschädigt worden war. Enttäuscht ließ er die Uhr am Handgelenk des K und ging weiter.

Der U-Bahn-Stationsvorsteher U fand K kurze Zeit später. Durch den Sturz auf den Hinterkopf war es bei K zu einem Schädelbasisbruch gekommen, der eine massive Gehirnschwellung verursachte. Daran verstarb K wenige Tage später, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben.

Wie haben S und B sich strafbar gemacht?

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Mein Lösungsvorschlag:

A. Strafbarkeit von S:

I. §§ 212 I, 211 I, II Gr. 1 Var. 5, Gr. 2 Var. 1 StGB durch den Schlag kurz ablehnen mangels Tötungsvorsatz

II. §§ 223 I, 227 I StGB durch den Schlag

  • Hier ist das Standardproblem beim Tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhang des § 227 I StGB, ob auf die Erfolgsgefahr der KV abgestellt werden muss, oder auch die Handlungsgefahr ausreicht
  • nach hM aber (+)

III. § 222 StGB durch den Schlag tritt hinter §§ 223 I, 227 StGB zurück

IV. § 221 I Nr. 1, III StGB durch den Schlag (-), weil schon das Versetzen in die hilflose Lage selbst die Todesgefahr begründet hat (hier fehlt es also an der Zweiaktigkeit)

V. § 303 I StGB durch Beschädigen der Uhr infolge des Schlages (-) mangels Vorsatz

VI. § 221 I Nr. 2, III StGB durch das anschließende Liegenlassen mE auch (+)

VII. § 222 I, 13 I StGB durch das anschließende Liegenlassen wird von § 221 III StGB im Wege der Spezialität verdrängt

VIII. § 323c StGB durch das anschließende Liegenlassen wird von § 221 I Nr. 2 StGB konsumiert

B. Strafbarkeit von B:

I. §§ 222, 13 I StGB (-) mangels Garantenstellung. Außerdem ist schon die objektive Fahrlässigkeit fraglich

II. § 323c StGB (-) mangels Vorsatz bzgl der Erforderlichkeit der Hilfeleistung. Wer davon ausgeht, dass das Opfer tot ist, denkt nicht, eine Hilfeleistung wäre vonnöten

III. §§ 242 I, 243 I 1 Nr. 2 Alt. 2, 22, 23 I StGB

1. Vorprüfung (+), insb Strafbarkeit des Versuchs nach §§ 23 I Alt. 2, 242 II StGB
2. Tatbestand
a. Tatentschluss bzgl § 242 I StGB

Bei § 242 I StGB ist der Vorsatz bzgl der Wegnahme problematisch. Erforderlich ist der Bruch fremden und die Begründung neuen (nicht notwendig aber regelmäßig tätereigenen) Gewahrsams. Gewahrsam ist die vom natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft. Hier ist problematisch, ob der bewusstlose K überhaupt einen natürlichen Herrschaftswillen haben kann. Im Grundsatz wird das bejaht, da sog. potenzieller Gewahrsamswille genügt. Hier liegt aber ein Sonderfall vor, weil die Bewusstlosigkeit ohne zwischenzeitliches Erwachen im Tod gemündet hat. Für diesen Fall nimmt der BGH an, dass der Gewahrsam bereits mit Eintritt der Bewusstlosigkeit endet. Die hL ist da anderer Ansicht. Klausurtaktisch sollte man hier wohl der hL folgen und den Gewahrsam auch in diesem Sonderfall bejahen, um sich die weitere Prüfung nicht abzuschneiden
b. Unmittelbares Ansetzen (+)
3. Rechtswidrigkeit
4. Schuld
5. Strafzumessung
a. Rücktritt gem. § 24 I StGB

Nach hM Rücktritt (-), wenn die weitere Tatausführung zwar möglich, für den Täter aber sinnlos ist. Hier hätte der Täter auch nach seiner Vorstellung die Uhr zwar noch stehlen können, der Diebstahl ist für ihn aber sinnlos geworden, weil die Uhr ein Fälschung ist. Rücktritt dürfte nach der hM also bereits hier ausscheiden
b. Besonders schwerer Fall, § 243 I 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB
Unabhängig davon, ob die Indizwirkung des Regelbeispiels und damit der Sonderstrafrahmen des § 243 überhaupt greifen kann, wenn das Regelbeispiel nur "versucht" wurde, ist der Uhrenverschluss jedenfalls keine Diebstahlssicherung, da sie die die Uhr schlicht am Handgelenk halten soll, also § 243 (-)

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JuraFuchs ist dafür meines Erachtens denkbar ungeeignet. Das Frage-Antwort Schema ist evtl. gut dazu da, um sich selbst kontrollieren zu können, ob man die bereits gelernten Inhalte noch richtig wiedergeben kann (aber mE nicht einmal das, aber das ist Geschmackssache). Zum erstmaligen Erlernen der Inhalte und vor allem zum systematischen Verständnis der einzelnen Fragen im Gesamtzusammenhang bringt das aber gar nichts.

Wenn dein Ziel ist, entscheiden zu können, ob dir das Studium taugen könnte oder nicht, bietet es sich denke ich eher an, sich mal eine Einführungsvorlesung anzusehen.

Hier zum Beispiel zum Allgemeinen Teil des BGB (Zivilrecht)

Hier zum Allgemeinen Teil des StGB (Strafrecht)

Entgegen einer vorherigen Antwort empfehle ich auf keinen Fall das Lesen von Gerichtsurteilen. Die haben nichts mit dem zu tun, was man im Studium macht, da diese zum einen in einem ganz anderen Schreibstil verfasst werden und zum anderen häufig Aspekte der juristischen Falllösung überspringen, die ein Student niemals einfach überspringen dürfte. Auch während des Studiums ist es eher die Ausnahme, dass man ein Urteil im Original-Urteilstext und nicht irgendwo für Studenten aufbereitet liest. Insofern sind Urteile mE nicht förderlich, ein Gefühl für das Studium oder einen ersten Einstieg in Jura zu erhalten.

Je nach dem, wie viel Zeit du investieren willst, ist zumindest für einen ersten Einstieg die Fallbuch-Reihe von Schwabe "Lernen mit Fällen" sehr beliebt. Ist teilw. ganz amüsant geschrieben, bringt ein erstes ungefähres Verständnis bei und das nahe am Fall. Wirkliche "Lehrbücher", die nur abstrakten Stoff vermitteln, würde ich jedenfalls dann nicht empfehlen, wenn es dir nur darum geht den allerersten Einstieg in Jura zu finden. Die lohnen sich erst, wenn man eine Grundidee hat, was eigentlich abgeht, um diese Grundidee dann zu vertiefen.

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Sofern Hersteller, Quasi-Hersteller und Importeur alle für den Schaden verantwortlich gemacht werden können (was nicht so einfach sein wird), haften sie gem. § 5 S. 1 ProdHaftG als Gesamtschuldner, weil sie gem. § 4 I, II ProdHaftG jeder für sich als Hersteller gelten. Sie haften dann also gleichrangig gem. § 421 BGB, sodass sich der Geschädigte aussuchen kann wen er in welcher Höhe in Anspruch nehmen kann. Der Innenregress zwischen den Herstellern bestimmt sich dann nach § 5 S. 2 ProdHaftG iVm § 426 BGB.

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Deine Frage wird durch § 7 StGB beantwortet. Danach ist die Auslandstat nur dann (auch) nach deutschem Recht strafbar, wenn sie auch gleichzeitig im jeweiligen Ausland strafbar ist, in dem sie begangen wird (oder wenn es dort keine Strafverfolgung gibt). Solange es in dem Land also Strafverfolgung gibt, die Beleidung aber dort keine Straftat darstellt, ist das deutsche StGB nicht anwendbar.

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Insb kommt ein Anspruch des V gegen B aus § 562b II 1 BGB (Herausgabeanspruch aus Vermieterpfandrecht) in Betracht. Das Vermieterpfandrecht ist ohne weiteres nach § 562 I 1 BGB entstanden (insb auch bei der Geschäftsraummiete sind die §§ 562 ff BGB anwendbar gem. § 578 II Hs. 1, I 1 BGB). Es könnte aber erloschen sein, wobei das Entfernen der Sache in Betracht kommt (§ 562a S. 1 BGB) oder ein gutgläubiger Wegerwerb durch die Sicherungsübereignung an die B-Bank (§ 936 BGB).

Neben dem Anspruch aus § 562b BGB fällt mir noch ein Herausgabeanspruch aus §§ 1257, 1227, 985 BGB ein, der aber auch voraussetzt, dass das Vermieterpfandrecht nicht schon erloschen ist. Da ist aber meiner Erinnerung nach umstritten, ob dieser Anspruch neben § 562b BGB überhaupt bestehen kann, oder von § 562b BGB verdrängt wird (lex specialis).

Ganz spontan (keine Ahnung ob das richtig ist) könnte man noch an einen Herausgabeanspruch aus §§ 823 I, 249 I BGB denken, sofern das Pfandrecht ein absolutes Recht ist. Ich weiß nicht, ob das der Fall ist. Selbst wenn, würde die (sofern überhaupt gegeben) Verletzung des PfandR durch die B-Bank wohl nicht dazu führen, dass der Schadensersatzanspruch über die Naturalrestitution auf Besitzeinräumung gerichtet wäre. Aber das ist mehr laut gedacht, als etwas, was mE zwingend anzusprechen wäre.

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Ich gehe davon aus, dass B den Getränkeautomaten von A auch nur gemietet hatte, also A Eigentümer des Getränkeautomaten blieb? Wenn ja, sieht die Prüfung mE so aus:

  1. § 989, 990 BGB (-), weil Herausgabe ist noch möglich
  2. §§ 990 II, 280 I, II, 286, 985 BGB (-), weil der Deckungskauf kein Verzögerungsschaden ist, sondern ein Schaden statt der Leistung
  3. §§ 280 I, III, 281 I 1 Alt. 1, 985 BGB analog? Hier wird diskutiert, ob §§ 280, 281 BGB auf § 985 BGB anwendbar sind. Direkt jedenfalls nicht, weil sich die Regelungen gesetzessystematisch nur auf vertragliche und gesetzliche Schuldverhältnisse beziehen, § 985 BGB ist aber ein dinglicher Anspruch. Also wird eine analoge Anwendung diskutiert. Den Meinungsstreit spar ich mir an der Stelle, der steht in jedem Kommentar :) Kurzfassung: hL sagt, die sind anwendbar, aber nur zulasten des bösgläubigen Besitzers. BGH sagt, die sind anwendbar sowohl zulasten des bösgläubigen als auch zulasten des verklagten Besitzers.
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Früher gab es in der Tat Unterschiede im Schwierigkeitsgrad der Staatsexamina. Mittlerweile sind die Unterschiede marginal (ich selbst studiere Jura in Bayern, aber nicht in Bayreuth). Also jedenfalls danach würde ich an deiner Stelle nicht entscheiden. Zu den Unis selbst kann ich leider nichts sagen, außer das Bayreuth das weitaus größere Renommee besitzt als Halle oder Leipzig. Ob das berechtigt ist oder nicht, weiß ich nicht

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Sofern noch relevant: Die Polizei darf nicht nur, sondern muss dem sogar nachgehen. Den Standort des Gegenstands darf sie allein schon aufgrund der Einwilligung des Eigentümers nachverfolgen. Der will ja gerade, dass zB das getaggte Handy damit gefunden wird.

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Es gibt Musik, die "lizenzfrei" genutzt werden kann. Das ist entweder Musik, die gar nicht mehr dem Urheberrechtsschutz unterfallen (wenn sie 70 Jahre oder älter sind), oder der Urheber sich dazu entschieden hat, seine Musik kostenlos zur Verfügung zu stellen. Letzteres wird dann idR in den Outros/Intros abgespielt. Youtube selbst hat auch eine eigene Playlist lizenzfreier Stücke

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Wenn ich dich richtig verstehe hast du das Feuerzeug an den Vordersitz gehalten, woraufhin ein Teil des Plastiks dann durch die Hitze rau wurde, oder? Danach hast du dich bei der Verkehrsgesellschaft gemeldet (ich gehe davon aus, dass das die "VWG" ist, von der du erzählst). Hast du denen gesagt wie du heißt, was deine Adresse ist etc?

Wenn nein, kann ohnehin nichts passieren, weil sie ja dann nicht nachverfolgen können, wer jetzt wo welchen Sitz leicht angekokelt hat.

Wenn ja, wird die Verkehrsgesellschaft das vermutlich trotzdem nicht interessieren, wenn ein Stück Plastik eines Sitzes jetzt etwas "rauer" ist, solange der Sitz nicht in Flammen aufgegangen ist :D Das gilt hier umso mehr, weil du mit 13 Jahren noch nicht einmal strafmündig bist (siehe § 19 StGB).

Lange Rede kurzer Sinn: Einfach nichts machen, die Verkehrsgesellschaft hat wohl besseres zu tun, als sich mit so etwas rumzuschlagen :)

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Kleinanzeigen?

Hilfe. Ich habe einen Artikel bei Kleinanzeigen verkauft. OVP, nicht benutzt.

der Käufer ist unzufrieden, möchte den Preis zurück erstattet haben. Nachdem mir unterstellt wurde das der Artikel nicht neu wie angegeben, sondern vermutlich benutzt sei. Ausserdem sei der Artikel wohl total zerkratzt (das Verkaufsbild konnte man jedoch zoomen und hätte es gesehen). Und als es in die Post ging war alles so wie auf dem Foto.

Nach ewigem hin und her habe ich gesagt das ich mit dem Preis runter gehen. War nicht gewünscht, der Preis sollte erstattet werden.
Dem habe ich nachher zugestimmt, jedoch nur das der Produktpreis (unter 20 €) erstattet wird, sobald das Produkt bei mir eingegangen ist. Ich jedoch NICHT die Versand- und Rücksende-Gebühren übernehme.

so etwas habe ich noch nicht erlebt. Mir wird unterstellt Falschangaben zu machen, ich bin unverschämt, weil ich den Versand nicht zahlen und zurück erstatten möchte.

Ich möchte mich hier gern eines besseren belehren lassen und wissen ob ich hier völlig falsch unterwegs bin. Was habe ich verkehrt gemacht?

Am liebsten wäre dem Käufer das ich die gesamte Summe inkl. Versand zurück erstatte UND auf die Rücksendung des Produktes verzichte. Oder aber das Produkt inkl. 2x Versandkosten zurück erstatte.

Nachdem bereits in der ersten Nachricht, die ich wohl nach Erhalt des Produktes von Käufer erhalten habe, 2-3 Unterstellungen enthalten waren, bin ich durch die Blume gesagt, nicht ehrlich, mache Falschangaben, bin unverschämt, unfreundlich etc.

Ja vielleicht habe ich nach der Unterstellung nicht nett geantwortet. Aber ich wollte entgegenkommen oder eben den Produktpreis erstatten. Aber dafür möchte ich dann auch das Produkt zurück.

was mache ich falsch, habe ich in 20 Jahren so bisher nicht erlebt. Die Person möchte nun andere Schritte einleiten. Was auch immer damit gemeint ist.

danke für eure Tipps, ich bin perplex.

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Als Vorwort: Es sollte dich nicht kümmern, was irgendein Käufer über dich behauptet, dadurch würde ich mich nicht aus der Ruhe bringen lassen :)

Zum Rechtlichen:

Hast du beim Verkauf die Gewährleistung ausgeschlossen?

Wenn ja: Wie war der Wortlaut des Ausschlusses?

Wenn nein: Solange der Käufer nicht beweisen kann, dass die Kaufsache den behaupteten Mangel bereits hatte, als du die Sache zur Post gebracht hast, wird er keinen Anspruch gegen dich begründen können. Weil hier kein Kaufvertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher vorliegt, sondern ihr alle beide Verbraucher seid, kann er sich auch nicht auf § 477 BGB berufen, wonach das Vorliegen eines solchen Mangels bereits bei Übergabe vermutet würde. Er ist also diesbezüglich voll beweispflichtig. Den Beweis, dass etwaige Beschädigungen nicht erst durch den Transport entstanden sind, wird er aber eher nicht erbringen können. Insofern lass dich nicht von Beleidigungen/Unterstellungen/Geldforderungen beeindrucken.

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Wenn ihr eine Vereinbarung über die Aufhebung des Mietverhältnisses geschlossen habt (also einen Mietaufhebungsvertrag), ist das Mietverhältnis zum vereinbarten Zeitpunkt beendet. Ob sie nun im Nachhinein zögert oder nicht, ist dafür unerheblich, sie ist an die Vereinbarung gebunden. Sollte sie sich weigern, nach dem vereinbarten Beendigungstermin auszuziehen, kannst du im schlimmsten Fall Räumungsklage erheben (die du vorher androhen solltest, das sollte hoffentlich bereits den gewünschten Effekt haben). Auf gar keinen Fall solltest du eigenmächtig handeln, wie etwa selbst das Hab und Gut deiner Mieterin aus der Wohnung entfernen. Dadurch kannst du dich schnell strafbar machen, unabhängig davon, ob deine Mieterin zu dem Zeitpunkt noch in der Wohnung sein darf oder nicht.

Sollte es tatsächlich zur Räumungsklage kommen, findest du hier die wichtigsten Infos dazu: https://www.immoverkauf24.de/services/vermietung/mieter-kuendigen/raeumungsklage/

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Ich habe bisher auf gutefrage.net noch nie eine respektlose Antwort abgeben müssen, bin aber dennoch ehrlich erstaunt, wie jemand wie du Jura studiert. Woher soll denn irgendjemand hier wissen, wie die Englisch Klausur an deiner Uni, die du nicht einmal benennst, aussieht, ob man da spicken kann und ob du entdeckt wirst!? Ich bin wirklich fassungslos und hoffe, dass das eine Troll-Frage ist

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Kein Hauptmieter - trotzdem Gesamtschuldner?

Liebe Community,

ich befinde mich in folgender Situation: Ich wohne seit einem Jahr in einer WG und habe damals einen Mietvertrag für mein Zimmer und die Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Räume abgeschlossen. In dieser WG gibt es drei weitere Zimmer, welche nicht Teil des Mietvertrags sind und ich auch keinen Einfluss drauf habe wer darin einzieht.

Nun kam es gestern zu einem "Vorfall". Einer meiner Mitbewohner hat gekocht und dabei den Feueralarm im Hausgang ausgelöst, da er die Haustür geöffnet hat, damit der Rauch abzieht (kein Fenster in Küche vorhanden). Der Rauchmelder im Gang kann nur durch die Feuerwehr abgeschalten werden, folglich kam es zu einem harmlosen, aber notwendigen Feuerwehreinsatz.

Der Vermieter schrieb uns (allen Mitbewohnern) heute folgende Mail:

[...] wie uns heute von Mitgliedern der Hausgemeinschaft sowie der Feuerwehr [...] mitgeteilt wurde, wurde durch Ihr Kochverhalten am gestrigen Sonntag ein Einsatz der Feuerwehr ausgelöst. Wie uns beschrieben und durch die Feuerwehr festgehalten wurde, wurde durch die übermäßige Garung von Nahrung in Ihrer Wohnung ein solcher Dampf produziert, der sodann den Feueralarm im Haus ausgelöst hat.
Der Einsatz der Stadtfeuerwehr im Falle eines Fehlalarm führt zu Kosten, die von Verursacher zu tragen sind.
Auch sin im Zuge des Feuerwehreinsatzes der Alarmknopf des Brandalarmsystems von der Feuerwehr fachgemäß benutzt und dadurch beschädigt worden, welcher nun ersetz werden muss.
 
Die Kosten für den Feuerwehreinsatz sowie die Raparaturmaßnahmen an der Brandmeldeanlage sind daher von Ihnen als Mieter als Gesamtschuldner zu tragen.
Die Kostenrechnungen werden Ihnen zugestellt.

Das entscheidende Zitat ist "Die Kosten [...] sind daher von Ihnen als Mieter als Gesamtschuldner zu tragen.".
Kann das sein? Für mich ist unverständlich warum ich Kosten tragen soll für einen Mitbewohner bei dem ich nicht einmal die Chance hatte, mitzubestimmen, ob dieser einziehen soll / darf. Dann könnte der Vermieter mir ja auch Mitbewohner zuteilen, bei welchen Zahlungsausfälle zu erwarten sind, für welche ich dann in Zukunft haften müsste. Für mich ist das nicht nachvollziehbar.

Im Mietvertrag findet sich folgende Klausel:

Mehrere Personen haften für alle Verpflichtungen aus dem Mietvertrag als Gesamtschuldner.

Ich vermute, dass diese Klausel auf welcher der Vermieter sich beruht nicht rechtskräftig ist und nur dann gelten würde, wenn man einen gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrag vorliegen hätte.

Letztlich habe ich noch folgende Frage: Wie soll ich weiter vorgehen? Am liebsten würde ich besagten Mitbewohner abmahnen lassen oder rausschmeißen lassen, da er in der Vergangenheit schon öfters den Hausfrieden gestört hat.

Vielen lieben Dank für alle Antworten!

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Disclaimer: Das nachfolgende ist keine individuelle Rechtsberatung, sondern stellt Hinweise nach meinem Wissensstand zur aktuellen Rechtslage dar, die für die hilfreich sein könnten. Ich erkläre etwas ausführlicher, damit du das im Notfall deinem Vermieter/WG-Koch erklären kannst:

Zunächst darf man überhaupt mal daran zweifeln, ob im Falle des Kochens mit offener Wohnungstür überhaupt eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt. Nur dann kann der Vermieter überhaupt irgendjemanden in Anspruch nehmen. Hat dein Mitbewohner ganz normal gekocht und gibt es bei euch keine sinnvollere Lüftungsmöglichkeit bleibt ja nichts anderes, als die Haustüre zu öffnen. Anderes sieht es aus, wenn er irgendwas hat anbrennen lassen etc. aber das sind alles Fragen des Einzelfalls.

Sagen wir mal das Kochen mit offener Haustür ist eine schuldhafte Pflichtverletzung: Als gleichstufige Mieter in der WG haftet ihr dann in der Tat (auch unabhängig von der Klausel in dem Mietvertrag) als Gesamtschuldner auch für Schäden des jeweils anderen Mietmieters. Aber: Das heißt erstmal nichts anderes, als dass sich der Vermieter aussuchen kann, wen von euch er in welcher Höhe in Anspruch nehmen kann. Er kann (nicht: muss) dabei bspw in voller Höhe dich in Anspruch nehmen oder dich nur teilweise in Anspruch nehmen oder gar nicht. Damit ist aber noch nicht aller Tage Abend.

Nehmen wir mal an, der worst case tritt ein und er will Zahlung genau von dir: Dann hast du gem. § 426 Abs. 1 BGB aber einen Ausgleichsanspruch gegen deine übrigen Gesamtschuldner (=Mitmieter). Das Gesetz sagt dazu:

Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

Das heißt nichts anderes als: Wenn ihr bspw eine WG aus 4 Leuten seid, haftet jeder im Grundsatz (!!!) zu 25%, sodass du von jedem erstmal 25% des gezahlten Betrags verlangen kannst. Aber: Diese Haftungsquotelung gilt ja nur "soweit nichts anderes bestimmt ist": Nach Rechtsprechung des BGH vollzieht sich die Schadensersatzhaftung dabei im Innenverhältnis der Gesamtschuldner (also der Ausgleich unter euch WG-Mitbewohnern) gerade nicht zwingend zu gleichen Teilen. Vielmehr erfolgt die Quotelung nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB (Regelung über Mitverschulden) nach dem Maß der Verursachung und des Verschuldens der Gesamtschuldner. Exemplarisch aus BGH, Urteil vom 5. 10. 2010 - VI ZR 286/09 Rn. 9 https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=VI%20ZR%20286/09&nr=53711):

[I]m Innenverhältnis ist zwischen den Gesamtschuldnern nach § 426 I BGB die Last des Schadens nach den Anteilen an dessen Herbeiführung aufzuteilen.

Wenn dich also überhaupt kein Mitverschulden trifft, hast du mE im Falle der Inanspruchnahme durch den Vermieter einen 100%igen Ausgleichsanspruch gegen deinen WG-Kollegen.

Für dein weiteres Vorgehen: Wenn du die Rechnung vom Vermieter bekommst, leg sie deinem Mitbewohner vor, dass er sie begleichen soll. Wenn er dann damit kommt, dass ihr doch aber als Gesamtschuldner alle gemeinsam haftet, kannst du ihm das obige erklären.

Ich hoffe das hilft dir weiter. LG

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Um die vorherigen mE etwas kryptischen Antworten etwas zu konkretisieren:

Es ist in der Tat so, dass man in Urteilen (paradoxerweise vor allem im strafrechtlichen Bereich) "Aussagen" zur Rechtslage und die Aufstellung von Grundsätzen liest, die man bei einfachem Lesen des Gesetzes nicht ohne Weiteres herleiten kann. Ausnahmslos immer muss sich ein Urteil aber (jedenfalls mittelbar) aus dem Gesetz ergeben, da Richter trotz ihrer richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) "an Gesetz und Recht gebunden" sind gem. Art. 20 Abs. 3 GG. Für die Schaffung völlig neuen Rechts würde dem Richter auch die Kompetenz fehlen, da diese Aufgabe allein und ausschließlich dem Parlament zufällt (Art. 20 Abs. 2 GG).

Aber: Die Bindung an Gesetz und Recht bedeutet auch, dass der Richter das Gesetz so anzuwenden hat, wie es vom Parlament gedacht war. Es ist damit Aufgabe des Richters, den Zweck des Gesetzes zu erforschen und danach auszulegen, welche Sachverhalte es wie genau regeln will. Da Gesetze in Deutschland bewusst allgemein gehalten sind, um so wenig wie möglich Regelungslücken zuzulassen, muss das Gericht daher zuweilen tief "in die Trickkiste greifen", um auch Sachverhalte zu regeln, die zwar nicht offensichtlich auf den ersten Blick unter den Wortlaut einer Norm fallen, aber nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ebenfalls in dessen Sinne geregelt werden muss. Dadurch kann es im Ergebnis dazu kommen, dass das Gericht zu einem Auslegungsergebnis kommt, auf das man durch bloßes Lesen des Gesetzes niemals kommen würde. Das muss man aber auch nicht, da Rechtsanwendung mehr ist als nur Wortlautanwendung, sondern gerade auch die Verwirklichung des Willens des Gesetzgebers, egal wie kryptisch oder versteckt dieser Wille in den Gesetzen Ausdruck gefunden hat.

Nun hast du angesprochen, dass verschiedene Gerichte dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen: Die Schwierigkeit in der Gesetzesauslegung ist, dass es in einigen Fällen oftmals objektiv kein eindeutig "richtiges" Ergebnis gibt und mehrere Lösungen bei Anwendung von ein und demselben Gesetz gleich richtig (=vertretbar) sind. Tangiert ein Gesetz beispielsweise die Interessen von Personengruppe A (bspw Mieter) und Personengruppe B (bspw Vermieter) und haben wir einen Fall, bei der wir einer Gruppe den Vorzug gewähren müssen, der Fall aber nicht eindeutig mit dem Wortlaut beantwortbar ist, müssen wir uns die Frage stellen, ob der Gesetzgeber für genau diesen Fall den Interessen von Personengruppe A oder B den Vorzug gewähren wollte. In manchen Grenzfällen wird man das schlicht nicht eindeutig beantworten können. Je nach dem welche Gruppe das Gericht im Sinne der Norm für vorzugswürdiger erachtet, wird es die Norm entsprechend anders auslegen als ein anderes Gericht, das diese Wertung anders herausgelesen hat.

Lange Rede kurzer Sinn: Gerichte müssen ihre Entscheidungen und insbesondere ihre Entscheidungsbegründungen teilweise auf rechtswissenschaftlich erarbeitete (nicht: frei erfundene) Schlussfolgerungen stützen, die sich nicht mehr im Wortlaut selbst eindeutig finden lassen, wohl aber im durch Auslegung ermittelten Zweck des Gesetzes.

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