Ich möchte so sagen:
Ich bin eigentlich katholisch aufgewachsen. Taufe, Kommunion, Firmung. Ich war auch Messdiener und wir sind Sonntags in die Kirche. Meine Oma ist auch regelmäßig nach Vierzehnheiligen gewallt. Aber das war immer eine fröhliche katholische Seite: wir haben als Messdiener viel gemacht, es gab Pfarrfeste, usw. Es war immer schön und fröhlich.
Und: Kirche war Kirche und daheim war daheim. Und daheim wurde nicht über die Kirche geredet und uns wurde daheim auch nie irgendwas aufgrund irgendeiner kirchlichen Lehre verboten. Wir konnten uns ganz frei entfalten. Der Glaube war da, aber er war nicht allgegenwärtig.
Jetzt im Theologie-Studium erlebe ich manchmal einen regelrechten Kulturschock. Wenn es etwa um Bibel-Meditationen oder Exerzitien geht, um Stundengebete oder andere Impulse. Sowas ist mir einfach fremd. Wir haben daheim nie Bibeltexte vorgelesen oder die ganzen Texte wörtlich genommen. Jetzt bin ich manchmal richtig erschrocken, was Kommilitonen in ihrem Alltag für ein religiöses Leben haben.
Und jetzt lerne ich auch den "dunklen Katholizismus" kennen, wie ich es nenne: Reliquien, Unverwestheit, blutende Hostien, Blutwunder, Herzbestattung, Transi, geschmückte Skelette, Stigmata, Marienerscheinungen, Hölle, Teufel, Fegefeuer.
Das alles hat in meiner Kindheit absolut keine Rolle gespielt. Wir haben vom lieben Gott und vom auferstandenen Jesus gelernt, der die Menschen lieb hatte. Wir haben mit christlichen Vereinen Wanderungen gemacht oder sind durch Wälder gelaufen. Und immer wurde da zum lieben Gott gebetet. Nie wurde da etwas von Hölle, Teufel, Fegefeuer erzählt.
Mich erschrickt es momentan ziemlich, welche dunklen Rituale und strengen Lehren es in meiner Religion gibt. Dass Sinnlichkeit und Selbstbefriedigung eigentlich Sünden sind, ist für mich momentan im Studium neu. Ich war als Kind oft nackt und war sehr sinnlich. Mir kam es nie so vor, als ob das Teufelswerk gewesen wäre.
Umso mehr ich mich mit meinem Glauben beschäftige, desto kritischer sehe ich ihn. Die Kirche hat aus der Frohbotschaft eine Drohbotschaft gemacht. Mit ganzen Büchern (Katechismus, Kirchenrecht) über Sünden und deren Bestrafung.
Die Theologin Uta Ranke-Heineman sagt: "Gott erschuf Himmel und Erde. Die Hölle erschuf der Papst."
Bis heute wird offiziell von der Kirche mit der Hölle gedroht und es wird gelehrt, dass man an Allerseelen für den Ablass beten muss, damit die Seelen der Verstorbenen aus dem Fegefeuer kommen.
Eigentlich wollte ich Theologie studieren und Pastoralreferent werden. Aber da bin ich momentan sehr kritisch. Die Finsternis des Katholizismus hat mich in den letzten Tagen stark bedrückt. Und nach kirchlichem Verständnis darf man ja nicht glauben, was man will, sondern es gibt da ganz strenge Vorschriften. Wer an Gott glaubt, muss auch an den Teufel glauben, usw. Außerdem wird das Neue Testament ja zur historischen Realität erhoben, als was es in unserer Familie nie angesehen wurde.
Mein Gemüt waren bisher selten so düster als in den letzten Tagen, wo ich mich ausführlich mit dem Katholizismus beschäftigt habe.
Ich glaube an Gott, den liebenden, barmherzigen Vater, an den Hl. Geist und an Jesus Christus, der die Nächstenliebe gepredigt hat und Auferstanden ist.