Zustandekommen einer Atombindung?

2 Antworten

Moin,

Kaeselocher hat natürlich recht mit seiner Erklärung, aber ich gehe einfach einmal davon aus, dass du sie nicht verstehst und sie dir deshalb wenig hilft. Darum versuche ich es mal anders, etwas anschaulicher. Die folgenden Ausführungen sind sprachlich manchmal etwas "flapsig" formuliert. Das ist dann streng wissenschaftlich vielleicht nicht immer ganz sauber, aber dafür gut vorstellbar...

Atome von Edelgasen (8. Hauptgruppe im Periodensystem der Elemente, PSE) reagieren so gut wie nie mit anderen Atomen (die paar Edelgasverbindungen, die es gibt, vernachlässigen wir bei folgender Betrachtung der Einfachheit halber einmal...). Warum reagieren Edelgase nicht mit anderen Elementen? Offenbar ist der energetische Zustand der Edelgas-Atome so toll, dass jede Veränderung (energetisch gesehen) ein Nachteil für diese Atome wäre. Wenn man sich den Aufbau dieser Atome mal genauer anschaut, stellt man fest, dass ihr äußeres Hauptenergieniveau (HEN, auch "Schale" genannt) mit Elektronen voll besetzt ist. Im Falle des Heliums sind das 2 Elektronen, im Falle der anderen Edelgase (Neon, Argon, Krypton, Xenon) sind es 8 Elektronen. Daraus kannst du herleiten, dass (2 bei Helium, ansonsten) 8 Elektronen im äußeren HEN energetisch ausgesprochen günstig und die gesamte Konstellation daher besonders stabil ist. Darum spricht man auch von einer "Edelgaskonfiguration der Elektronen".

Die Atome aller anderen Elemente haben diese besonders günstige Edelgaskonfiguration nicht. In ihren äußeren HENs sind entweder nur sehr wenige (wie bei Metallatomen) oder knapp unter 8 Elektronen vorhanden (wie bei den meisten Nichtmetallatomen). Eine gewisse Sonderstellung nehmen die Atome der Elemente der 4. Hauptgruppe im PSE ein, weil ihr äußeres HEN mit 4 Elektronen besetzt ist, was also der Hälfte der Anzahl bei der Edelgaskonfiguration entspricht.

Da die Edelgaskonfiguration aber energetisch so verlockend günstig ist, streben die Atome solcher Elemente diese Konstellation ebenfalls an, die die Edelgase von Natur aus haben. Das ist dann auch bildlich gesprochen der Grund dafür, warum die anderen Elemente munter miteinander Reaktionen eingehen.

Wenn nun Atome mit sehr wenigen Elektronen im äußeren HEN (also Metall-Atome) auf Atome stoßen, die fast gefüllte äußere HENs besitzen (also auf Nichtmetall-Atome), so kommt es (vereinfacht gesagt) dazu, dass die Metall-Atome ihre wenigen Außenelektronen (= Valenzelektronen) an die Nichtmetall-Atome abgegeben, denen nur noch wenige Elektronen bis zum Erreichen der Edelgaskonfiguration fehlen. Das nützt den Nichtmetall-Atomen, weil sie ihr äußeres HEN mit Elektronen auffüllen. Das nützt aber auch den Metall-Atomen, weil sie ihre wenigen Außenelektronen loswerden, so dass ihr äußeres HEN leer wird und somit wegfällt. Das ehemals weiter innen liegende, mit Elektronen voll gefüllte zweitäußere HEN wird dann zum neuen äußeren HEN, das dann eine Edelgaskonfiguration besitzt. Durch den Vorgang der Elektronenübergabe entstehen Ionen (geladene Teilchen), die sich gegenseitig anziehen. Das führt letztlich zur Ionenbindung. Aber danach hast du ja eigentlich gar nicht gefragt. Darum jetzt zu deiner Frage:

Stell dir vor, dass sich zwei Nichtmetall-Atome treffen, die beide relativ viele Elektronen in ihrem äußeren HEN haben, nehmen wir zum Beispiel zwei Chlor-Atome. Jedes Chlor-Atom hat 7 Außenelektronen. Für die besonders stabile Edelgaskonfiguration (von 8 Elektronen) fehlt ihnen also jeweils nur ein einziges Elektron. Hier würde das Prinzip der Elektronenübergabe nicht gut funktionieren, weil einem Chlor-Atom nicht damit gedient wäre, wenn es an ein anderes Chlor-Atom ein Elektron abgeben würde. Dann hätte zwar das Chlor-Atom, das das Elektron erhielte, die angestrebte Edelgaskonfiguration erreicht, aber das Chlor-Atom, das das Elektron abgegeben hätte, wäre nicht nur weiter von Edelgaskonfiguration entfernt als vorher (es hätte nach der Weggabe ja nur noch 6 Valenzelektronen), sondern es wäre darüber hinaus nun auch noch positiv geladen (denn es hätte ja ein negativ geladenes Elektron weggegeben). Die weitere Weggabe der übrigen Valenzelektronen würde aber immer schwieriger werden, denn mit jeder weiteren Weggabe eines Elektrons würde die positive Ladung zunehmen. Es ist einsichtig, dass es immer schwieriger würde, weitere negativ geladene Elektronen aus einem immer positiver werden Ion zu entfernen. Abgesehen davon: wer sollte entscheiden, welches Chlor-Atom seine sieben Elektronen abgeben muss und welches eins aufnehmen darf (was dann energetisch ungleich leichter ist)?
Du siehst sicherlich ein, dass die Möglichkeit einer Elektronenübergabe nicht in Frage kommt, wenn beide Atome Elektronen aufnehmen möchten. Müssen solche Atome also auf die Edelgaskonfiguration verzichten oder darauf warten, dass sie zufällig auf ein Metall-Atom treffen, das seine Valenzelektronen gerne abgeben möchte? Nein, es gibt noch eine andere Möglichkeit: Die beiden Chlor-Atome in meinem Beispiel nähern sich einander an. Dabei kommen sie sich schließlich so nahe, dass sich zwischen ihnen ein Raum ausbildet, in dem sich zwei Elektronen aufhalten können (solche Aufenthaltsräume für Elektronen nennt man auch Orbitale). Nun steckt jedes der beiden Chlor-Atome jeweils eines seiner Valenzelektronen in das neu gebildete Orbital. Dieses neue Orbital verbindet nun die beiden Atomrümpfe miteinander. Die darin enthaltenen Elektronen kann jeder Chlor-Atomrumpf für sich beanspruchen. Oder anders ausgedrückt: die Elektronen in dem verbindenden Orbital werden von den beiden Atomrümpfen gleichzeitig gemeinsam genutzt. Dann ergibt sich aus der Sicht der beiden Chlor-Atome folgende Rechnung: Als Atome hatten sie jeweils 7 Valenzelektronen. Eines davon haben sie jeweils in das gemeinsam genutzte verbindende Orbital gegeben. In diesem verbindenden Orbital sind also 2 Elektronen, weil beide Atome eines ihrer Valenzelektronen dort hineingesteckt haben. Das verbindende Orbital gehört aber gleichzeitig sowohl zu dem einen als auch zu dem anderen Chlor-Atom (es wird von beiden gemeinsam genutzt). Das macht summa summarum für jedes Chlor-Atom 6 Valenzelektronen + 2 Bindungselektronen = 8 Valenzelektronen! 8 Valenzelektronen entsprechen aber genau der Anzahl der angestrebten Edelgaskonfiguration. Man könnte etwas flapsig sagen: "Teile und herrsche!"

So, nun kommen wir noch zu etwas Begrifflichem: Dieser Bindungstyp hat drei Bezeichnungen, die wir nun alle verstehen können. Man bezeichnet diese Bindung 1. als Atombindung, weil auf diese Weise zwei Atome miteinander eine Bindung eingehen. Dabei kommt es nicht zu einer Übergabe von Valenzelektronen und deshalb auch nicht zur Entstehung von Ionen. Damit ist das Wort "Atombindung" quasi als Gegenstück zum Begriff "Ionenbindung" zu verstehen.
Man bezeichnet die Atombindung auch 2. als "Elektronenpaarbindung". Auch das ist einfach zu verstehen, denn wie beschrieben geben beide Atome eines ihrer Valenzelektronen in ein bindendes Orbital. Das ergibt zwei Elektronen in einem bindenden Orbital, also ein Elektronenpaar mit bindendem Charakter (= Elektronenpaarbindung), du verstehst?
Als letztes gibt es für diese Bindung noch 3. den Begriff "kovalente Bindung". Das kommt daher, dass hier Außenelektronen (= Valenzelektronen) miteinander interagieren, also miteinander kooperieren und dadurch eine Bindung bewirken. Kooperierende Valenzelektronen führen zu einer Bindung = kovalente Bindung...

Zum Schluss noch ein paar vergleichende Hinweise:
1. Sowohl die Ionenbindung als auch die Atombindung sind starke Bindungen.
2. Die Ionenbindung ist ungerichtet, weil die Ionenladung in alle Raumrichtungen wirksam ist und sich die entgegengesetzt geladenen Ionen aus allen Raumrichtungen her anziehen. Die Atombindung ist dagegen gerichtet, weil sich die bindenden Elektronenpaare zwischen zwei Atomrümpfen befinden und nur diese Atomrümpfe miteinander verbinden.
3. Ionenbindungen führen zu riesigen Ionengittern (Kristallen) mit festen Gitterplätzen für die Ionen, weil sich die entgegengesetzt geladenen Ionen jeweils mit so vielen Gegenionen umgeben, wie Platz vorhanden ist. Atombindungen führen dagegen zu Molekülen. Die Moleküle können klein sein (zum Beispiel das oben beschriebene Cl2-Mlekül oder ein Wassermolekül, H2O), sie können aber auch riesige Makromoleküle ergeben (zum Beispiel Eiweiße oder Kunststoffe...).
4. Die Ionenbindung kommt zustande, weil sich entgegengesetzt geladene Ionen anziehen. Die Atombindung kommt zustande, weil Atome Elektronenpaare gemeinsam nutzen.
5. Typische Bindungspartner in Ionenverbindungen sind Metallatome (die zu positiv geladenen Ionen werden) und Nichtmetallatome (die zu negativ geladenen Ionen werden). Typische Bindungspartner bei Atombindungen sind zwei Nichtmetall-Atome.
6. Die angestrebte Edelgaskonfiguration wird in Ionenbindungen dadurch erreicht, das ein Atom Elektronen an ein anderes Atom übergibt. In Atombindungen wird der angestrebte Edelgaszustand dadurch erreicht, dass bindende Elektronenpaare von beiden Bindungspartnern gleichzeitig genutzt werden.

So, ich hoffe, dass diese erschöpfend lange Antwort dich nicht abgeschreckt hat, sondern dir hilft, die Atombindung (und ihr Zustandekommen) zu verstehen.

Lieber Gruß von der Waterkant.

Eine Atombindung entesteht durch energetische Absenkung der beteiligten Orbitale.

Es dreht sich letztendlich alles darum welcher Zustand energetisch günstiger (niederiger gelegen) ist. Bei der Entstehung einer Atombindung ändert sich die Wahrscheinlichkeit mit der sich die Elektronen am Atom A und B aufhalten. Es entstehen neue Räume in denen sich Elektronen bevorzugt aufhalten (Molekülorbitale) und je nachdem ob diese MO's energetisch günstiger sind als die Atomorbitaler beider einzelner Atome entscheidet darüber ob sich die Bindung bildet. Außerdem ist noch der Zustand des Übergangs noch entscheident, Wenn sich aus einem Raum ein neuer Raum bildet entsteht zwischendrinnen eine Baustelle, die energetisch ungünstig ist. Die Überwindung dieses Übergangszustandes ist für die Bildung einer Bindung ebenfalls entscheident.

Die Energie eines Elektrons teilt sich in die potentiell und die kinetische Energie auf. Der Zustand der Bindung ist der Kompromiss beider Energiebeiträge.