Wie motiviert ihr euch, wenn einfach nix mehr geht?

9 Antworten

Gar nicht. Wenn nichts mehr geht, geht nichts mehr. Das Leben ist kein Ponyhof. Ich kenne das privat und beruflich. In der Krebsstation der Klinik, in der ich arbeite, begegne ich vielen Menschen, bei denen nichts mehr geht und dann ist "Motivation" einfach nicht angesagt.

Wenn aber doch noch etwas geht, ist genau das eine sinnvolle und starke Motivation: Was genau geht noch? "Wie schaffe ich es selbstständig zu leben, obwohl mir durch die Chemo die Finger und Füße so wehtun, dass ich nur mit Tränen in den Augen Zähne putzen kann?" Dann ist es die Motivation zu sehen, was man hat und was man noch kann: "Ich habe noch Zähne! Damit kann ich kauen und essen. Das ist soo wertvoll!"

Es gibt es nicht dass nichts mehr geht. Irgendwas geht immer Punkt und die Engländer sagen ja auch keep calm and carry on


mjutu  17.06.2025, 20:21

Siehe Beispiel aus meiner Antwort: In der Onkologie und im Hospiz kommt das vor.

RinaSol  17.06.2025, 20:22
@mjutu

Wenn Menschen glauben dann geht es auch danach weiter.

mjutu  17.06.2025, 20:55
@RinaSol

Wenn sie daran glauben, dass es nach dem Tod weiter geht, geht es in ihrem Glauben nach dem Tod weiter. Viele Menschen glauben etwas anderes.

Es gibt es nicht dass nichts mehr geht.

Meine Erfahrungen zeigen etwas anderes.

RinaSol  17.06.2025, 20:58
@mjutu

Und an was liegt es, dass deine Erfahrung etwas anderes zeigen?

mjutu  17.06.2025, 21:04
@RinaSol

Ich bin schon einige Jahrzehnte unterwegs und habe Angehörige verloren. Ich habe Erfahrungen mit psychisch Kranken und Personen, die von Alkohol und Drogen abhängig sind. Auch bei denen kommt es vor, dass es eben gar nicht mehr weitergeht und sie mit der Fresse im Dreck liegen. Dann Motivation zu finden ist extrem schwer, aber manche haben das Glück, dass ihr Körper in dieser Hoffnungslosigkeit in den Überlebensmodus geht und sie trotz jedem fehlendem Lichtblick aus dem Morast zieht.

Wenn jemand mit einer tödlichen Erkrankung keinen Ausblick mehr hat, liegt es in der Natur der Dinge, dass es Zeit wir loszulassen. Was auch immer im Jenseits kommen mag, die Zeiten im Diesseits sind vorbei. Da motiviert nichts mehr, sondern man kann in Ruhe den Rest der Aufgaben an die Lebenden abgeben.

Die letzten Wort einer alten Frau aus meiner Familie waren: "Ihr armen Würstchen!"

RinaSol  17.06.2025, 21:07
@mjutu

Die Frage ist dann immer wann der Zeitpunkt gekommen ist das nichts mehr geht. Und der ist immer unterschiedlich.

mjutu  17.06.2025, 21:30
@RinaSol

Ja, das ist unterschiedlich. Manche geben schon bei der Krebsdiagnose auf, obwohl noch Jahre folgen, denen man mit ausreichend Motivation etwas abgewinnen kann. Andere brechen bereits bei der Angst zusammen, Krebs zu haben, und trauen sich erst gar nicht zum Arzt - sondern fragen lieber Google und auf GuteFrage.

Ich kennen Menschen, die von der Vorstellung überfordert sind, dass nichts mehr geht. "Du musst stark sein!" und "Gibt nie die Hoffnung auf!" können reines Gift für Menschen mit tödlichen Erkrankungen sein. Doch, natürlich darf man die Hoffnung aufgeben. Wenn ein Mensch verzweifelt ist und keine Aussichten hat, dann ist das so. Das heißt ja nicht, dass er gleich tot umfallen muss, aber man darf auch mal aufgeben.

RinaSol  17.06.2025, 21:34
@mjutu

Aber man darf durchaus auch sagen dass nicht unbedingt das Ende gekommen ist.

Machen sie es gut ist ja z.B so ein Spruch.

mjutu  17.06.2025, 21:39
@RinaSol

Natürlich darf man das über seine eigenen Vorstellungen sagen!

Wer jemand mir das sagt, stößt er nicht auf Begeisterung. Wenn ich sterbe, ist einiges zu meinem großen Glück endlich vorbei und ich werde meine Ruhe haben. Die Vorstellung, es gebe ein ewiges Jenseits finde ich dagegen maximal grauenvoll. Etwas schrecklicheres kann ich mir nicht vorstellen.

Machen sie es gut ist ja z.B so ein Spruch.

Ja, das ist ein freundlicher Spruch. Mein Schwager starb mit 44 an Darmkrebs. Seine Mutter war 3 Tage vor seinem Tod im Hospiz und meinte: "Du siehst schon viel besser aus!" Das nervte ihn extrem, aber es war nicht an der Zeit das auszudiskutieren. Die Arme war halt auch am Ende.

Er freute sich sehr, also ich "so ein Scheiß" sagte und "gute Reise", denn dabei fühlte er sich ernst genommen.

Das ist aber für jeden Menschen anders! Wer das Paradies auf sich zu kommen sehen möchte, dem gönne ich das von Herzen.

Der Wehrdienst hat mich gelehrt, dass immer noch was geht, auch wenn man es nicht mehr für möglich hält. 🫡

Ich motiviere mich gar nicht. Entweder meine Kaninchen übernehmen das für mich oder ich versuche einen Kompormis zu finden

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin auch nur ein Mensch :)

Wenn eine Denkblockade einsetzt, versuche ich die Zeit mit Aufräumen zu überbrücken. Dabei mache ich mir natürlich auch Gedanken darüber, wie es bei der festgefahrenen Problematik weitergehen könnte.

Aufräumen ist eine Tätigkeit, die ich in solchen Situationen immer wieder sehr gerne tue. Manchmal brauche ich dieses stupide Wegsortieren, damit alles in mir transparenter wird. Es kann für einen benötigten Perspektivwechsel sorgen. Schafft man es nämlich das Problem aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, hat man schon fast gewonnen. Denn dann hat man sich aus der subjektiven Stagnation befreien können.

Ein Lied, was zu diesem Thema passt, wäre:

GENESIS - "Stagnation"

https://www.youtube.com/watch?v=G4rxZnG6iSE