wie läuft das studieren ab?

4 Antworten

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Ein Studium nach dem europäischen System ist quasi eine Liste aus Lernmodulen, die du abarbeiten musst.

Ein Modul ist quasi wie ein Schulfach über ein Semester. Es kann unterschiedliche Lehrveranstaltungen enthalten, welche mal eine Anwesenheitspflicht haben und mal nicht. Da sind die einzelnen Dozenten (das Lehrpersonal) sehr frei, worauf sie Bock haben. Am Ende des Semesters muss in irgendeiner Form eine Prüfung stattfinden, mit der du das Modul erfolgreich abschließen kannst. Oder du fällst durch und es ist quasi so, als hättest du dieses Modul nie gemacht. Naja, oftmals gibt es Regeln, dass man eine Modulprüfung nicht beliebig oft wiederholen darf. Beispielsweise hatte ich im Bachelor die Regelung, dass man insgesamt höchstens 3x im zweiten Versuch durchfallen darf.

Im Grunde ist es deine eigene Entscheidung, wann du welches Modul machst. Es gibt manchmal so Vorschriften, dass du z.B. diese und jene Module spätestens nach x Semestern geschafft haben musst. Oder du darfst das eine Modul erst machen, wenn du jenes erfolgreich abgeschlossen hast. Oft finden Module nur entweder im Sommersemester oder im Wintersemester statt. Solange du diese Vorschriften einhältst, kannst du von Semester zu Semester frei entscheiden, wann du welches Modul machst. Auch, wie viele du jeweils machen möchtest. Ob du als Resultat dieser Entscheidung länger brauchst als andere, ist dein Privatproblem.

Oftmals gibt es einen Musterstudienplan, der alle Vorschriften berücksichtigt und auch Terminüberschneidungen vermeidet. Das ist also ein guter Anhaltspunkt. Aber es steht dir auch frei, davon abzuweichen. Das ist dein Privatproblem.

Natürlich finden die Lehrveranstaltungen dann statt, wenn sie stattfinden. Wenn du gleichzeitig zwei Module machen möchtest, deren Lehrveranstaltungen zur gleichen Zeit stattfinden, ist dein Privatproblem.

Wenn du (annähernd) alle Module bestanden hast, suchst du dir eine Abschlussarbeit. Das ist eine wissenschaftliche Arbeit im Auftrag eines Professors oder Dozenten in deiner Fakultät. Vielleicht hast du ein Thema, das du gerne machen möchtest, und suchst dir einen Professor der das betreut. Oder du willst mit einem bestimmten Professor zusammenarbeiten und nimmst eben das Thema, das er dir gibt. Je nach Fachgebiet kannst du diese Arbeit auch in Zusammenarbeit mit einer externen Institution (Forschungsinstitut, Industrie, andere Uni...) machen.

Üblicherweise muss die Abschlussarbeit dann auch verteidigt werden, d.h. du hältst einen Vortrag drüber und die Prüfer sowie das evtl. zugelassene Publikum darf dir Fragen stellen, um herauszufinden ob du sauber gearbeitet hast und dich mit dem Thema wirklich auskennst.

Aus den Noten der Module und der Abschlussarbeit errechnet sich dann eine Gesamtnote, du erhältst dein Zeugnis mitsamt Titel (Bachelor, Master) und bist fertig.

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Davon abweichend gibt es noch die Studiengänge mit Staatsexamen wie Jura und Humanmedizin. Da wird dann am Ende tatsächlich nochmal eine große Prüfung über alle Inhalte des gesamten Studiums gemacht. Eben das Staatsexamen. Anstelle der Abschlussarbeit.

Du kriegst einen Plan von der Uni welche Module (die sind vergleichbar mit Schulfächern, aber du hast diese meistens nur ein Semester lang) du belegen musst. Es gibt auch Wahlbereiche, bei denen du dir aus verschiedenen Modulen welche aussuchen kannst. Damit stellst du dir dann deinen "Stundenplan" zusammen. Also du meldest dich für die Lehrveranstaltungen in den Modulen, die du im jeweiligen Semester belegen möchtest an (meistens gibt es Vorschläge von der Uni was man wann belegen sollte). Am Ende des Semesters finden Prüfungen statt, für die du dich auch vorher anmelden musst. Die Anzahl der Versuche, die du für eine Prüfung hast ist manchmal beschränkt. (Das gilt für normale Bachelor-Studiengänge. Von Jura, etc. hab ich keine Ahnung.)

Teilweise musst du für ein Modul auch eine Studienleistung erfüllen. Das kann eine Art Vorprüfung sein oder verschiedene Hausübungen, die du zuhause machen musst. Diese Studienleistung ist entweder Voraussetzung für die Teilnahme an der Prüfung am Ende oder ersetzt diese.

Meistens (es gibt je nach Modul teilweise Ausnahmen) ist es vollkommen egal, was du das ganze Semester machst. Niemand überprüft deine Anwesenheit oder deinen Lernvortschritt. Du musst dich also selbst organisieren und motivieren. Daher sind Lerngruppen oft hilfreich. Am einfachsten ist es am Anfang eine zu finden, da zu dem Zeitpunkt eigentlich noch niemand jemanden kennt. Wenn du am Anfang den Anschluss verpasst, ist das aber auch nicht wirklich schlimm. Es gibt immer wieder Möglichkeiten andere kennenzulernen. Ich bin auch erst seit diesem Semester (2.Semester) in einer richtigen Lerngruppe.

Bezüglich der Prüfungen sollte man noch anmerken, dass sie sehr umfangreich sind. Tu dir selbst den Gefallen und lern von Anfang an mit. Gerade im ersten Semester ist zwar alles neu und man neigt dazu alles eher aufzuschieben. Gefühlt habe ich aber für jede Klausur so viel lernen müssen, wie fürs gesamte Abitur. In bestimmten Studiengängen wird im ersten Semester erstmal ausgesiebt. Wenn du da alle Klausuren bestehst, ist das schon eine gute Leistung.

Wenn es am Anfang Angebote als Einstieg (entweder thematisch, organisatorisch oder zum Kennenlernen) gibt, nutze sie. Vor allem die Orientierungswoche war bei mir zwar eher ein organisiertes Besäufnis, aber zwischendurch hat man einige nützliche Infos erhalten und es ist die erste Möglichkeit Kontakte zu knüpfen. Übrigens: Sollte es eine "erste Vorlesung" über etwas allgemeines, was du danach nie mehr hast in der Orientierungswoche geben und die darin in einem unmenschlichen Tempo vorgehen, dann erlauben sie sich nur einen Spaß. Das Tempo ist zwar deutlich schneller als in der Schule, aber es ist machbar.

Ein Studium ist zwar teilweise sehr anstrengend, aber wenn es etwas ist, was dich interessiert, ist es eine gute Zeit und macht manchmal sogar Spaß.

Das hängt sehr vom Studiengang und der Uni an, daher kann ich das nur für mich beschreiben:

  • Man besucht Vorlesungen. Diese kann man sich wie Vorträge der Dozentin vorstellen. Den Foliensatz bekommt man vorher zur Verfügung gestellt und kann daher während der Vorlesung Notizen vornehmen. Wenn man eine Frage hat, kann man diese natürlich stellen. Manche Vorlesungen sind interaktiver als andere, sodass man bspw. Aufgaben oder Quiz währenddessen löst. Ob du zur Vorlesung erscheinst, interessiert niemanden (es gibt aber wohl Studiengänge mit Anwesenheitspflicht).
  • Es gibt Tutorien. In diesen werden Übungsaufgaben gelöst, die das Wissen aus der Vorlesung vertiefen. Tutorien sind kleiner (20-40 Personen) und entsprechen eher dem Schulunterricht, während in einer Vorlesung durchaus mehr als 1000 Leute sitzen können. Man kann die Aufgaben auch zu Hause lösen und muss nicht erscheinen. In der Regel werden Lösungsvorschläge bereitgestellt.
  • Man muss sich vieles im Selbststudium erarbeiten. Es ist wichtig, die Vorlesungen und Tutorien nachzuarbeiten. Außerdem gibt es Hausaufgaben. Diese sind meist nicht verpflichtend, bringen einem aber oft einen Notenbonus ein, wenn man die Klausur besteht. Die Hausaufgaben werden digital (früher per Briefkasten) abgegeben. Manche Hausaufgaben müssen oder können in Gruppen gelöst werden.
  • Die Klausuren sind nicht großartig anders als an der Schule. Darin wird das gesamte Wissen aus Vorlesung, Tutorium and Hausaufgaben abgeprüft. Man braucht eine 4, um zu bestehen. In vielen Modulen (vergleichbar mit Schulfächern) gibt es zwei Klausurtermine pro Semester, sodass man es erneut versuchen kann, wenn man beim ersten Versuch nicht bestanden hat. Die Note ergibt sich normalerweise nur aus der Klausur, es gibt keine mündliche Note wie in der Schule. Aber es gibt, wie angesprochen, oft einen Notenbonus, den man durch Hausaufgaben erlangen kann.
  • Man kann jedes Semester wählen, welche Module man belegen möchte. Es gibt Pflichtmodule, die man auf jeden Fall irgendwann machen muss, und Wahlmodule.
  • Neben „normalen“ Modulen mit Vorlesungen gibt es auch besondere Module wie Praktika, in denen man etwas Praktisches macht (in Informatik z. B. Programmieren), oft auch im Team, sowie Seminare, in denen man eine wissenschaftliche Facharbeit zu einem Thema schreibt.

Wie gesagt: Kommt sehr auf Uni und Studiengang an und manche Dinge, die ich hier erwähnt habe, sind bei anderen vollkommen anders.


RedPanther  06.07.2023, 19:22
Tutorien sind kleiner (20-40 Personen)
während in einer Vorlesung durchaus mehr als 1000 Leute sitzen können

Hihi, wie unterschiedlich die Verhältnisse doch sind. Ich glaube, die größte Anzahl an Studenten, die ich in einer Vorlesung hatte, waren 80. Und das war Mathe 1 im ersten Semester; Pflichtmodul für drei verschiedene Studiengänge.

Jetzt im Master ist es vollkommen normal, dass nur 3-5 Studenten in einer Vorlesung sitzen.

Dafür kennt eben auch wirklich jeder jeden. Alle Studenten kennen einander (semesterübergreifend) und auch die Dozenten kennen alle Studenten namentlich. Ich hab meine Masterarbeit klargemacht, indem ich in der Mensa an den Nachbartisch gegangen bin "Hallo Dr. Soundso, haben Sie gerade eine Masterarbeit zu vergeben?".

Ich find solche Unterschiede spannend. Und toll, dass sich quasi jeder das 'raussuchen kann, was er gerne möchte :)

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321QWERTZ123  06.07.2023, 19:43
@RedPanther

Später werden es dann auch weniger, aber im ersten Semester ist es schlimm. Da hat man drei Hörsäle für eine Vorlesung (Livestream in zwei davon) und trotzdem müssen manche stehen.

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RedPanther  06.07.2023, 19:53
@321QWERTZ123

Krass. Wie will man sich da konentrieren?

Ich hab auch letztens mit der Partnerin eines Mitstudenten gesprochen. Lehramtstudentin in Berlin. Die sagte, sie sei froh wenn sie von Zeit zu Zeit in der Vorlesung mal jemanden sieht, mit dem sie schonmal gesprochen hat...

Ich glaube, das hätte ich kein einziges Semester ertragen.

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Man hat kein Unterricht, sondern nimmt an Vorlesungen teil.

Man erarbeitet sich den Lernstoff zum größten Teil selbst.

Wer das nicht kann und meint es ist wie in der Schule ist da fehl am Platz!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung