Wie kann ein Zerstörer sich wehren?

3 Antworten

Ich kann und mag mit nicht vorstellen, dass ein Zerstörer wehrlos ist.

Ist aber nach wie vor so. Die einzige wirksame Maßnahme dagegen, nicht versenkt zu werden liegt darin, sich aus der Schussentfernung eines Ubootes fernzuhalten. Ist man erst einmal in die Schussentfernung geraten, die viele Dutzend Kilometer beträgt, liegt die Trefferquote bei etwa 90%. Die 10% Fehlerquote sind aber nicht möglichen Abwehrmaßnahmen geschuldet, sondern technischem Versagen des Torpedos oder Bedienungsfehlern des Ubootes anzulasten.

Habe mehrere Torpedoschießabschnitte sowohl von Ubooten als auch vom Zielschiff aus mitgemacht und könnte darüber seitenweise schreiben. Muss mich dem Forum geschuldet aber kurz fassen und aus verständlichen Gründen auch auf technische Details verzichten.

Ablauf eines Angriffes, der völlig unhektisch abläuft und sich über Stunden hinziehen kann:

Am Anfang steht die Sonarortung durch das Uboot. Die kann je nach akustischen Bedingungen bei weit über 100 NM liegen. Das Uboot hat zur Auffassung eine reichlich 3-stellige Anzahl an höchst empfindlichen Mikrofonen rund um den Bootskörper, sodass sher weit und mit sehr genauer Peilung aufgefasst werden kann.

Aufgrund der Lautstärke und Peilungsänderung wird Gegnerkurs, -fahrt und Entfernung grob geschätzt und ein ungefährer Abfangkurs gefahren. Irgendwann wird dann das Schraubengeräusch des Ziels so laut, dass es elektronisch ausgewertet werden kann. Jedes Schiff hat seine ganz eigene Sonarsignatur, sodass es mithilfe einer Datenbank exakt identifiziert werden kann. Ebenfalls kann dessen Geschwindigkeit exakt ermittelt werden. Durch die unterschiedliche Peilbasis (das Uboot fährt ja auch) sowie die Daten des Zieles liegen irgendwann genügend Daten vor, dass Position, Fahrt und Kurs des Ziels exakt zu bestimmen sind. Basierend darauf wird dann ein exakter Abfangkurs berechnet und gefahren.

Irgendwann ist die Annäherung dann so gut, dass geschossen werden kann. Bei einem Verband lassen sich einzelne Schiffe ebenfalls identifizieren und der Kommmandant trifft eine Auswahl, auf welche Schiffe geschossen werden soll, wobei der gleichzeitige Angriff auf mehrere Ziele möglich ist.

Je nach Lage wird das Fahrprogramm des Torpedos festgelegt. Wird er langsam geschossen, wächst seine Reichweite enorm. Langsam bezieht sich dabei auf die mögliche Höchstgeschwindigkeit des Torpedos, die deutlich über der eines Zieles liegt und nicht auf die Geschwindigkeit des Zieles.

Dann wird geschossen. Der Torpedo läuft dann in größere Tiefe um den Wasserwiderstand zu minimieren. Dadurch ist er auch optisch nicht wahrnehmbar. Akustisch ist er auch nicht aufzufassen, da der Elektroantrieb sehr geräuscharm fährt. Durch die geringe Stirnfläche ist er auch aktiv durch Sonar nicht aufzufassen.

Während des Schusses ist der Torpedo mit einer bidirektionalen Signalleitung mit dem Uboot verbunden. Vom Uboot aus können verschiedene Laufparameter/Laufprogramme angewählt werden oder es kann komplett von Hand gesteuert werden. Der Torpedo sendet seine Laufparameter zurück sowie die Signale seines passiven Sonars. Dieses Sonar ist natürlich nicht so empfindlich wie das des Ubootes. Im Nahbereich des Zieles, was immer noch viele Seemeilen sind, wird dann nur noch nach dem Torpedosonar weitergefahren.

An der Konsole im Uboot sitzen erfahrene Sonarspezialisten, die genau abschätzen können, welche Signale von den Schiffen selber oder möglichen Täuschkörper kommen. Täuschkörper nützen also nicht viel. Im absoluten Nahbereich von wenigen Seemeilen wird der Torpedo dann beschleunigt, um Ausweichmanöver sinnlos zu machen und er wird auf eine Tiefe gestellt, die einige wenige Meter unterhalb des Kieles des Ziels liegen. Dannn wird das Ziel erstmal unterlaufen und dessen Magnetfeld vermessen. Diese Daten verifizieren die Identifizierung des Ziels und schließen zusätzlich Täuschkörper aus. Nach dem Unterlaufen und der Bestätigung des gewünschten Zieles dreht der Torpedo eine Kurve, sodass er durchs Kielwasser des Zieles genau dessen Kurs fährt und von hinten ankommt. Dadurch ist er erneut nicht auffassbar, weder optisch noch akustisch. Durch diesen Anlaufkurs und das Unwissen über die Position ist es dem Gegner unmöglich, irgendwelche Ausweichkurse zu fahren. Denen würde der Torpedo folgen. Auch das drehen des Bugs zum Torpedo hin ist unmöglich. Das erneute Unterlaufen des Ziels von hinten nimmt der Operator auf dem Uboot durch das Torpedosonar wahr. Unmittelbar vorher wird der Sprengsatz scharf geschaltet. Wenn nun der Torpedo das Schiff entlang seiner Länge von hinten unterläuft, explodiert der Sprengsatz automatisch unmittelbar nach Überschreiten des Maximums des gemessenen Magnetfeldes. Nun explodieren rund 350 t TNT einige Meter direkt unter der Mitte des Schiffes, welche dadurch in der Mitte schlagartig um einige Meter angehoben wird. Dieser Sprengsatz erzeugt gleichzeitig eine riesige Luftblase unter dem Kiel, in das die Mitte des Schiffes dannmehrere Meter hineinfällt. Das hält kein Schiffskörper aus und das Schiff bricht in der Mitte durch. Die beiden Teile versinken dann binnen weniger Minuten.

Hier ein vergleichbarere Torpedo der USA mit weiteren Details (wobei die deutschen Torpedos keinesfalls schlechter sind, da Deutschland in der Torpedoentwicklung führend ist):
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mark-48-Torpedo

..und ein Video, wie das dann aussieht:

https://www.youtube.com/watch?v=fBydeP-5jKw

Hier noch einige Zusatzbemerkungen:

Noch nicht einmal ein schwer geschützer Flugzeugträgerverband kann sich gegen moderne Uboote wehren, geschweige denn ein einzelner Zerstörer. Nachdem U24 im Manöver den Flugzeugträger Enterprise versenkt hatte, wurde der führende Admiral direkt von seinem Posten entlassen. In einem anderen Manöver gelang es einem deutschen Boot der Klasse 206 direkt unter dem englischen Flugzeugträger Ark Royal durchzutauchen, ohne dass die etwas gemerkt hätten.

Mehr dazu hier:
https://www.abendblatt.de/politik/ausland/article107314674/Das-Zielfoto-das-einen-US-Admiral-wuetend-machte.html

Zur Aufnahme der Sonarsignatur sind wir bei einer AF Ost (Aufklärungsfahrt) Kreise in wenigen Hundert Meter Entfernung um den damals modernsten sowjetischen Lenkwaffenkreuzer gefahren, ohne dass die das bemerkt hätten. Die haben das erst mitgekriegt, als wir ihnen aus kürzester Entfernung einen 10 kW Sonarimpuls ins Schiff gejagt haben. Die anschließende Verfolgung durch den gesamten sowj. Flottenverband blieb für die allerdings erfolglos.

Dass der Iran inzwischen eine beachtliche Ubootwaffe aufgebaut hat, dürfte den US-Militärs bei einem möglichen Angriff mit Kampfschiffen und Flugzeugträgern in der Golfregion einiges an Kopfzerbrechen bereiten.

Eine besondere Wirkung von Ubooten liegt darin, dass sie gar nicht tatsächlich in einem Seegebiet anwesend sein müssen. Alleine die Möglichkeit ihrer Anwesenheit zwingt dem Gegner gewisse strategische Hemmnisse auf.

wiki01 
Fragesteller
 28.09.2019, 13:43

Wow. Ich hatte gehofft, genau von dir eine Antwort dazu zu bekommen. Diese hier übertrifft meine Erwartungen um einiges. Nix für ungut, @ponter, aber diese Antwort ist wirklich erstklassig, und hätte den Stern verdient. Leider kann man nur einen setzen.

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Es ist grundsätzlich schwer gegen Unterwasser-Waffen zu schützen.

Da kommt mir ein Marine Groß Manöver der Nato vor ein paar Jahren in den Sinn, Da taucht plötzlich ein deutsches U-Boot neben einem US-Flugzeugträger auf.

Weder die Schutzflotte die den Träger gegen so etwas Schützen soll noch der Träger selber hatten das U-Boot vorher endeckt.

wiki01 
Fragesteller
 21.09.2019, 09:56

Das mit den deutschen U-Booten weiß ich, weil die klein und leise sind.

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Traurigerweise gibt es kaum möglichkeiten Torpedos abzuwehren:

Decoys => Versuchen Störsignale zu senden um das Schiff abzulenken. Die Kann man aber leicht enttarnen, da diese hinter dem Schiff hergezogen werden.

Anti Torpedo Torpedos => Diese müssen rechzeitig abgefeuert werden, und sind sehr teuer. Die Treffgenauigkeit ist auch nicht wirklich gut. Außerdem braucht man pro Torpedeo einen anti Torpedo Torpedo, das ist ziemlich teuer.

Netze: Nur beim Ankern zu gebrauchen

Magnetrons und Magneten: Zind nur Zukunftsspekulation, aber man kann elektronik im Torpedo abschirmen, was diese methode nutzlos macht.

Fahrmanöver: Ist nicht immer möglich, aus Sicherheitsgründen, und ein Torpedo ist viel schneller und wendiger als ein Kriegsschiff.

wiki01 
Fragesteller
 09.11.2019, 16:07

Danke, dass du dir noch die Mühe gemacht hast, obwohl der Stern schon vergeben war. Klasse Antwort.

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