Wenn Geschlechtervielfalt ganz normal und natürlich ist, waren dann die Biologen und andere Wissenschaftler der letzten Jahrhunderte auf der Welt alle Idioten?

1 Antwort

Nein, waren sie nicht.

Es ist nunmal ein wissenschaftlich fundierter Fakt, dass von Natur aus nur genau 2 Geschlechter - nämlich männlich und weiblich - vorgesehen sind. Dies ist damit zu begründen, dass jedes Individuum jeder Art auf diesem Planeten das Ziel hat, seine eigene Art zu erhalten. Dabei wird ein Individuum einer Art durch die Nachkommenzahl entweder gefördert, oder behindert. Dabei gilt das Konzept der reinen Arterhaltung, das bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts in biologischen Kreisen verbreitet war, jedoch als überholt, da besonders der Nachkommenzahl einzelner Individuen eine sehr große Rolle zukommt. Heutzutage geht man deshalb von der Individual- und Verwandtenselektion aus. Das Konzept der Individualselektion besagt, dass der Selektionsdruck auf den Phänotyp eines Individuums wirkt, weshalb sich Individuen einer Art unterschiedlich oft fortpflanzen und unterschiedlich lange überleben. Denn der Fortpflanzungserfolg hängt nicht nur von der genetischen Ausstattung (Genotyp) ab, sondern auch vom Phänotyp. Bezüglich des Phänotyps eines Individuums gilt hierbei, dass das entsprechende Individuum zur Fortpflanzung körperlich in der Lage sein muss, potenzielle Geschlechtspartner finden, erobern, gegen andere Individuen und Arten verteidigen und befruchten muss. Eine weitere sehr große Rolle spielt natürlich auch die Konkurrenzfähigkeit in Bezug auf Individuen derselben Art. Neben der Individualselektion spielt jedoch auch die Verwandtenselektion, bei der das Schicksal der Gene eines bestimmten Individuums nicht nur von dessen reproduktiver Fitness, sondern auch von der Fitness der Verwandten des entsprechenden Individuums abhängt, eine sehr wichtige Rolle. Denn die mit einem bestimmten Individuum verwandten Individuen weisen recht viele mit dem entsprechenden Individuum übereinstimmende Gene auf. Daher setzen sich Individuen auch für das Wohl ihrer Verwandten ein. Denn auch, wenn sich ein Individuum nicht selbst fortpflanzt, wird ein großer Teil seiner eigenen Gene über die Fortpflanzung eines verwandten Individuums weitergegeben.

Dies ist jedoch nur durch die Befruchtung von weiblichen und männlichen Gameten (= Keimzellen) möglich. Denn nur, wenn sich weibliche und männliche Gameten vereinen, kann sich daraus ein neuer, lebensfähiger Organismus entwickeln. (Dies gilt nur für MEHRZELLER.) Daher ist von Natur aus auch lediglich die Heterosexualität vorgesehen. Denn nur durch die Heterosexualität können Organismen ihre Gene weitergeben.

Der moderne Mensch (Homo sapiens) und der Bonobo oder Zwergschimpanse (Pan paniscus) jedoch können sich gemäß meines eigenen Kenntnisstands als einzige Arten von solchen biologischen Vorgaben gänzlich lösen und daher auch über andere sexuelle Orientierungen verfügen.

Bonobos sind sehr friedliche Tiere, bei denen ein Alpha-Weibchen und ihr Sohn als die ranghöchsten Tiere gelten, und stärken ihre Bindungen zueinander durch sehr häufig praktiziertes Sexualverhalten miteinander. Dies umfasst dabei neben dem gemischtgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr überraschenderweise auch gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr. Dabei haben sehr oft die weiblichen Bonobos Sex miteinander und das sogar häufig mehrmals täglich. Überraschenderweise spielen dabei Alter, Geschlecht, sozialer Status und Verwandtschaft überhaupt keine Rolle. Ähnlich wie der moderne Mensch, führen auch Bonobos verschiedenste sexuelle Praktiken - wie unterschiedliche Stellungen beim Geschlechtsverkehr, Petting, Oralverkehr, Selbstbefriedigung und Zungenküsse - durch.

Diese Informationen stammen aus meinem Biologie-Studium, https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/arterhaltung/5212; 20.03.2023; https://www.biologie-seite.de/Biologie/Arterhaltung?utm_content=vc-true; 20.03.2023; https://www.liebesleben.de/fuer-alle/sexuelle-orientierung/sexuelle-orientierung-und-sexuelle-vielfalt/; 20.03.2023; https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_Orientierung; 20.03.2023; https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mensch; 20.03.2023; https://www.mpg.de/13882764/dank-sex-mehr-kooperation#:~:text=Bonobos%20als%20hypersexuell%20zu%20bezeichnen,(...); 20.03.2023 sowie https://www.wwf.de/themen-projekte/artenlexikon/bonobo; 20.03.2023.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologie-, Geowissenschaften- & Geographie-Studium & Hobby
Nutzer8282123 
Fragesteller
 20.03.2023, 22:28

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort ! :-)

Die sogenannten "Experten" von heute argumentieren ja, dass es auch ein gefühltes Geschlecht gibt. xD

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Douka  21.03.2023, 07:32
@Nutzer8282123

Ja, das stimmt.

Allerdings ist dies von der Natur so nicht vorgesehen, da man sich nur durch die Heterosexualität fortpflanzen kann. Ansonsten würde eine Art aussterben.

Aber - wie die Bonobos auch - haben wir uns praktisch gänzlich von diesen biologischen Vorgaben gelöst und sind somit, was unsere sexuelle Orientierung und auch unser gefühltes Geschlecht angeht, sehr frei.

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