Was ist Zugstufe Druckstufe Low und Highspeed? Mtb?!?

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Es heißt eigentlich Zugstufendämpfung und Druckstufendämpfung. Ich hole zur Erklärung mal etwas weiter aus:

Eine Federgabel soll ja nicht nur federn, wie z.B. ein Flummiball oder ein Pogostick. Das würde nämlich bedeuten, dass du nach jeder Baumwurzel, über die du fährst, erstmal "boing-boing-boing-boing" vor dich hin hoppelst. Solange das passiert, kannst du schlecht lenken und bremsen, hast also schlechte bis gar keine Kontrolle übers Rad. Eine reine Federung wäre also ziemlich blöd.

Was soll deine Federgabel stattdessen tun? Sie soll bei der Baumwurzel einfedern, sodass nur das Rad nach oben gedrückt wird und nicht das ganze Fahrrad - und nach der Baumwurzel soll das Rad bitte schön wieder mit vollem Gewicht über den Boden rollen. Dafür muss die Federung gebremst werden. Diese "Federungsbremse" nennt man Dämpfung.

Technisch wird das so gelöst, dass Öl durch kleine Öffnungen von einem in einen anderen Behälter fließen muss, wenn sich die Federgabel bewegt. Da nicht das ganze Öl in einer Millisekunde durchfließen kann, staut es sich vor diesen Öffnungen und bremst dadurch die Federbewegung. Kleine Öffnungen bewirken, dass das Öl langsamer fließt, also die Federbewegung stärker gebremst wird. Große Öffnungen bewirken, dass das Öl schneller fließt und die Federung somit nicht so stark bremst.

Wenn du die Dämpfung einstellst, machst du genau das: Die Öffnungen vergrößern (Dämpfung "öffnen") oder verkleinern (Dämpfung "schließen"). Der Extremfall der Dämpfung ist, wenn diese Öffnungen komplett geschlossen sind, d.h. gar kein Öl mehr fließen kann und die Federgabel sich dadurch gar nicht mehr bewegen kann. Das ist dann ein Lockout.

Nun macht die Federgabel ja zwei unterschiedliche Bewegungen: Einfedern und Ausfedern. Quasi Zusammendrücken und auseinanderziehen. Man kann die Dämpfungseinheit so bauen, dass beide Bewegungen getrennt voneinander gedämpft werden - wenn das Öl in die eine Richtung fließt, fließt es durch andere Öffnungen, als wenn es in die andere Richtung fließt.

Die Dämpfung, die das Einfedern bremst, nennt sich Druckstufendämpfung. Und die Dämpfung, die das Ausfedern bremst, nennt sich Zugstufendämpfung. Und beides davon wird entweder als Standardeinstellung vom Hersteller vorgegeben oder ist eben einstellbar.

Wenn du eine Federgabel mit "Druckstufe" und "Zugstufe" kaufst, ist damit eine einstellbare Druckstufendämpfung und eine einstellbare Zugstufendämpfung gemeint. Auch eine Federgabel, bei der es nicht erwähnt wird, hat beide Dämpfungen, weil ohne Dämpfung eine Federgabel nicht sinnvoll funktioniert.

So, bist du noch dabei?

Also, man kann natürlich die Federbewegungen nicht nur nach Ein- und Ausfedern unterteilen, sondern auch in schnelle und langsame Bewegungen.

Wenn du über eine Baumwurzel fährst, bekommt die Federgabel einen kurzen Schlag ab. Damit du diesen Schlag nicht zu sehr im Lenker abbekommst, soll die Federung jetzt sehr schnell reagieren und eher ungebremst einfedern können. Also brauchst du hier wenig Druckstufendämpfung. Und da die Baumwurzel ja in einer hundertstel Sekunde überfahren ist und dein Vorderrad danach wieder satt auf dem Boden rollen soll, möchtest du auch dass die Federung jetzt wieder schnell ausfedert. Also möchtest du auch eher wenig Zugstufendämpfung.

Was passiert aber, wenn du mit wenig Dämpfung nach einem Sprung landest? Dann kann es passieren, dass eine nicht ausreichend gedämpfte Federung durchschlägt - also die Federbewegung am Ende des Federwegs schlagartig gegen den Endanschlag fährt. Okay, das ist dann nicht mehr so heftig, wie wenn du mit einer Starrgabel unterwegs wärst - aber eigentlich soll die Einfederbewegung schön sanft immer langsamer werden und ohne Endanschlag einfach wieder in die Ausfederbewegung übergehen. Also brauchst du für den großen, aber vergleichsweise langsamen Schlag eine stärkere Druckstufendämpfung. Ebenso beim Ausfedern: Du willst nicht von einer schnellen Ausfederbewegung wie von einem Trampolin in die Luft geschleudert werden, also darf das Ausfedern nicht zu schnell passieren. Also muss auch das Ausfedern besser gebremst werden: Du brauchst eine stärkere Zugstufendämpfung.

Diesem Umstand kann man Rechnung tragen, indem man die Druckstufendämpfung für kurze Schläge und schwere Landungen separat regelt: High-Speed und Low-Speed. Und das gleiche kann man auch mit der Zugstufendämpfung nochmal machen.

Eine Federgabel, die auf eine High-Speed-Druckstufe (High-Speed-Compression, HSC), eine Low-Speed-Druckstufe (Low-Speed-Compression, LSC), eine High-Speed-Zugstufe (High-Speed-Rebound, HSR) und eine Low-Speed-Zugstufe (Low-Speed-Rebound, LSR) verweist, bietet also allein vier Einstellmöglichkeiten für die Dämpfung.

Ob man das braucht, ist eine andere Sache. Denn um mit diesen Einstellmöglichkeiten etwas anfangen zu können, muss man sich damit ziemlich ausgiebig beschäftigen. Man muss verstehen, was das ist, was sich jeweils ändert, welches Verhalten der Federgabel erwünscht und welches unerwünscht ist, und man muss sich eben auch die Zeit nehmen, die Federgabel akribisch einzustellen. Und dann stellt sich die Frage, ob Otto Normalbiker davon im Vergleich zu einer guten werksseitigen Abstimmung wirklich einen Vorteil hat.

PeterPk 
Fragesteller
 18.10.2020, 12:34

Tja, also ist das mehr was für Profis. Dann reicht für mich eigentlich eine RockShox Gabel auch aus, ich will keinen Cent mehr ausgeben für etwas das ich nicht brauche und mit dem sowieso überfordert wäre. Und da mein Bike nicht soviel Federweg wie ein Downhiller haben sollte und ich nur gelegentlich Bikepark wäre ist eine Highend Fox mit allen Einstellmöglichkeiten eh nicht das richtige. Kann man auch ausleihen.

Danke gut erklärt! ;)

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