Was ist die Fokolar-Bewegung? Sekte?

23 Antworten

Ich war als Kind selbst Mitglied dieser Sekte und leide noch heute darunter. Ich wurde streng katholisch erzogen und meine Eltern sind über Verwandte auf GEN3 (Begriff für die Kindergruppen) gestoßen. Da ich ein eher schwieriges Kind war und eigentlich schon von klein an mit den Dingen der katholischen Kirche nichts anzufangen wusste, wurde ich von meinen Eltern mit gutem Gewissen in diese Gemeinschaft geschickt. Ich war 3 mal in Rom, war in Florenz, Trient, Linz, Lienz, ... und in allen diesen Aufenthaltsorten ging es nur um eines. Die Gehirnwäsche. Ich kann mich noch gut an einen Vorfall in ihrem Zentrum in Rom erinnern. Vor dem Gebäude war eine große Rasenfläche, seitlich von Bäumen umringt, die Kinder aus allen Herren Ländern waren am spielen oder wurden vom GEN3 Fernsehen interviewt und gefilmt. Alle schienen glücklich und zufrieden mit sich und der Welt. Auf einmal sahen wir einen kleinen Tumult von Jungs die beim Fussballspielen waren. Ein Italiener forderte lautstark den Ball von einem anderen und dabei kam es zu einem kleinen Handgemenge. Das konnte die älteren Aufsichtspersonen die immer zugegen waren natürlich nicht zulassen und gingen sofort zwischen die beiden Streitenden. Sowas durfte auf diesem "heiligen" Platz nicht passieren, die vorgegauckelte heile Welt durfte keine Risse erfahren, wenigsten nicht an der Oberfläche. Jeden Tag waren wir mindestens 2 mal für 2 Stunden in dem großen Hörsaal, der sich nach oben hin erweiterte. Hunderte Kinder aus allen Herren Ländern wurden dort für die Fokolare getrimmt. Ich setzte also meine Kopfhörer für die Übersetzung auf und das erste was ich zu hören bekam war der Vorfall von dem kleinen Italiener. Es wurde gesagt, dass sie ihn nach Hause geschickt haben. Solche Sachen dürften in dieser Gemeinschaft nicht passieren, wir müssten uns lieben und nicht gegenseitig anschreien oder gar verletzten. Es wurde uns nicht direkt gesagt, dass uns dasselbe passieren würde wenn wir gleichfalls handeln, aber über das Hintertürchen hatte diese Aussage ihre Wirkung bei uns nicht verfehlt. Immerhin waren wir zwischen 10 und 14 Jahren. Kinder die unter lautern Fremden waren und einfach mitmachen mussten, ob nun gewollt oder nicht. Ich fühlte mich auf einmal als sehr schlechter Mensch, denn ich konnte sehr gut mit dem kleinen Italiener mitfühlen. Auch ich war ein sehr emotionaler Bursch, besonders in sportlichen Dingen, konnte also sehr gut mitfühlen mit dem bedauernswerten Italiener. Denn das hätte auch genauso mir passieren können. Also versuchte ich von nun an alles mir mögliche um dem Fokolare zu gefallen. Es ist unmöglich nur gut zu sein, das übersteigt die menschliche Kraft, aber unter dem Dogma dieser Sekte versucht man alles dies zu erreichen. Man verliert immer mehr an Kraft und scheint zu zerbrechen und treibt somit immer mehr in Richtung Roboterwesen, ein Mensch ohne Individualität, ohne eigene Bedürfnisse, sondern nur noch ein Mittel zum Zweck in dieser unsäglichen Gemeinschaft. Ich habe am nächsten Tag noch einige Zeit versucht den Italiener zu finden, aber leider war er nicht mehr da. Ich fühlte mich wie in einem Gefängnis und zutiefst verletzt ob der vergangenen Ereignisse. Noch Jahre danach war mir nicht bewusst, dass dieser Vorfall einfach nur überbewertet wurde, denn solche kleinen Dinge gehören zum Mensch wie der Daumen, aber um uns gefügig zu machen wurde dieses Gerangel um den Ball so imens hochgespielt. Das passierte das erste mal wie ich in Rom war, weiter male sollten folgen und mich noch mehr in die Verunsicherung führen. Eines noch um euch die Manipulation der Sekte vor Augen zu führen. Vor dem Zentrum in Rom war ein Brunnen aus dem Mineralwasser sprudelte. Aber nicht stilles Wasser sondern mit Kohlensäure versetzt. Dieser wurde uns als heiliger Brunnen verkauft, einzigartig in der Welt. Beim Essen rannte ich immer hinaus um dieses heilige Wasser zu holen ...

bin seitens meiner Eltern - sozusagen - in die Fokolar-Bewegung hinein geboren worden. Ich hatte ihre Weltanschauung bereits als zehnjähriges Kind aufs Butterbrot bekommen und hatte es bis ins Mark hinein aufgenommen und gelebt.

Es ist ja nicht entscheidend, ob formell diese Bewegung eine Sekte ist. Durch Gehirnwäsche, Manipulation - zur Entfremdung hin meines Eigenen -  wirkte die Bewegung bis in die tiefsten Bereiche meines Inneren hinein, mit allen sektiererischen Merkmalen und Auswikungen.  Und da gab es sehr viele solche Opfer. Ich bin heute 52 Jahre alt. Im Alter von 21 Jahren brach ich psychisch völlig zusammen, kam in die Psychiatrie, wieder und wieder. Ich spreche meiner damaligen Erkrankung daneben auch eine körperliche Achse zu. Es ist halt oft beides. Also, das ging über zehn Jahre. Ein langer Weg begann, mich zu befreien. Schöne Worte und Ideen: Liebe, Einheit, Brüderlichkeit, Ökumene, Dialog zwischen den Religionen und - sich schönschmückend - gar mit Atheisten... Na, das kann dann ja keine Sekte sein, glaubt man trüglich, und der katholischen Kirche gehört sie an, dann ja auch nicht, meint man.  Je tiefer man sich hineinbegibt in diese Bewegung, (also nicht nur freundschaftlich symatisierend), um so sektiererischer entfaltet sich die Wirkung. Mag sein, dass sich viele Midglieder auch schadlos hielten, doch das sind die umfassend Kranken, gemäß dem, wie es Erich Fromm einmal formulierte: "Die Normalen sind die Kränksten. Und die Kranken sind die Gesündesten, weil sie noch etwas in sich tragen, dass auf die Entfremdung reagiert. Glücklich der, der ein Symptom trägt." (www.youtube.com/watch?v=u-OMirm9QfQ)

Dieses kranke "Heil", tragen die Fokolare in die Welt, als Lösung für alle Probleme. Sie mischen sich ein in alle Gesellschaftsbereiche. Ich kenne viele Fokolare bis zum heutigen Tag, weil meine Familie bis heute involviert ist.  Sie leben weiterhin in Ihren Denkmustern. Würden sie von sich sagen, sie hätten sich weiterentwickelt, ja, gewiss. Jedoch inhalb ihrer Denkmuster.  Es gibt auch viele sehr gute Charaktäre unter ihnen. Sie sind wirklich sehr liebenswürdige und angenehme Menschen. Und gerade dann, tut es einem besonders leid für sie. Ich will diesen Menschen persönlich nichts Schlechtes.Dahinter steckt je ein persönliches Schicksal und ich persönlich trenne den Menschen von seinem Weg, den er geht. Sie sind ihren menschlichen Probleme halt so begegnet, dass sie sich einverleiben ließen und in diese katholische Sekte flüchtenen. Aber leider manipulieren sie dann wiederum viele andere und versuchen sie zu gewinnen. Und dagegen, und nur dagegen, möchte ich mich mit meinem Betrag hier auflehnen. Weil sie des einzelnen ganz eigenen Lebenstrieben und den Durst nach sich selbst und ihrer Indididualisierung ersticken bei jungen Menschen. Noch schlimmer: ihre eigene Wahrnehmung wird untergraben. 
Die Fokolare sind sehr geschickt und bringen ihre entfremdete Wahrnehmung der Welt in anerkanntesten Sätzen unter, etwa wie: `Wir leben die Menschenrechte´.

Letztendlich ist die Kirche und ihre hauseigenen Sekten, aber nicht zweierlei. Diese, ihre Sekten, wie die Fokolar-Bewegung, konzentrieren Kirchenwahrheiten und machen dem erleben nach, (konsepuent es umsetzend)  erst erfahrbar, welche fatale Wikung die katholesche  Testamentauslegung hat, machen ihre Heillosigkeit erst sichtbar. Denn die Entfremdung, liegt ja in der Kirche selbst verankert, allein bereits dadurch, dass sie zur Nachfolge Jesu aufruft. Um es übertragend zu sagen, passt hier ein Gedanke von Wolfang Job.

Es gibt keinen einzigen Menschen in den bevölkerten Städten und Einkaufs-Straßen, der Mode trägt. Einzig der Tendsetter, einzig er, trägt Mode. Und niemand steht dem Trendsetter ferner, als jene, die ihn nachahmen. Und niemand folgt ihm weniger. Um das noch direkter auf Religon zu übertragen, ist ein Satz von Friedrich Schleiermacher hilfreich.

"Nicht der hat Religion, der an die heilige Schrift glaubt, sondern der, der keiner bedarf und eine machen könnte."

Hallo Solle 12. Danke für das Video. Ich fühlte mich gerade wieder 35 Jahre zurückversetzt. Genau so wie in dem Video beschrieben läuft es ab. Man wird zu einer Marionette gemacht, die genau das tut was die Obrigkeit will. Radikale Mechanismen wie bei den Islamisten oder anderer Gruppierungen. Nicht die Individualität wird gefördert, sondern der Rückzug in Allgemeinwerte der Sekte, die wie ich selbst erlebt habe, nicht immer der Allgemeinheit im eigentlichen Sinne förderlich sind. Durch das ständige Beten und das an der Oberfläche immer "Gute" gefühlte, verlässt man die eigenen Werte und wird immer mehr zu einer manipulierbaren Persönlichkeit. Alle laufen im Gleichstrom sozusagen. Und verteidigen das Ganze natürlich fehement. Doch immer gut zu sein und nicht ab und zu seinen Agressionen freien Lauf lassen zu können, treibt einen Menschen in einen Perfektionismus der leicht zum Abgrund werden kann. Ich hatte meinen Nervenzusammenbruch, heute nennt man das Burn Out. Und daran nagt man lange. Speziell wenn man schon als Kind in diese Sekte kommt ist die Gehirnwäsche tiefgreifender als bei schon Erwachsenen, denn die Prägung ist als Heranwachsender um vieles größer. Ich für meinen Teil habe abgeschlossen mit der Kirche, übrigens jeglicher Art. Bin nun gläubiger Atheist!! ;-)

Stromkant  26.02.2015, 15:31

naja, wer sich nicht dagegen wehrt, dass Staat und Wirtschaft zu Religions-Kirchen-artigen Konglomeraten verkommen, darf sich nicht wundern wenn die Marionettierung nirgens mehr halt macht ...

apropos Atheist: http://atheistische-religionsgesellschaft.at (keine Mitgliedsbeiträge oder Kündigungsfristen, soviel ich gesehen habe)

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Nein, Sekte ist das sicher keine. Dafür fehlt ihr die Abgeschlossenheit nach außen. Es kann jeder nach eigener Lust mitmachen, soweit er will, er wird zu nichts gezwungen - er kann seine Nähe oder Distanz zu dieser religiösen Bewegung im Prinzip selber bestimmen und wird zu nichts genötigt. Und wenn man nicht mehr mittun will, tut man halt nicht mehr mit - und es passiert gar nichts. Es ist nicht wichtig, ob man katholisch oder sonst was ist, es läuft einem niemand nach, um was einzureden oder was zu verkaufen. Das ist zumindest meine Erfahrung damit.

Die Fokolarbewegung ist keine Sekte. Wer etwas anderes behauptet, hat keine Ahnung und das Prinzip nicht verstanden. Bei einer Sekte bricht man den Kontakt zu den anderen Mitmenschen ab, aber das Ziel der Fokolarbewegung ist, offen im Umgang mit anderen zu sein und zu lieben. Außerdem kann man selbst entscheiden ob man mitmachen möchte, und bis zu welchem Punkt, man wird zu nichts gezwungen. Dass man Geld bezahlen muss, ist vollkommener Quatsch, alle Spenden sind auf freiwilliger Basis. Und eine Gehirnwäsche ist es auch nicht, jeder behält seine eigene Meinung, wie er leben möchte. Auch wenn viele hier vielleicht andere Erfahrungen gemacht haben, wahrscheinlich haben sie es einfach falsch verstanden, aber das ist meine Erfahrung damit.

Sternchen2019  12.01.2019, 10:14

Ich war 15 Jahre lang in intensiven Kontakt mit der Fokolarbewegung und verdanke ihr sehr viele schöne Erlebnisse, Begegnungen und auch Freundschaften. Ich bin Chiara Lubich und ihren Mitbegründern selbst mehrmals begegnet. Begeistert habe ich mich als Jugendliche und junge Frau in und für diese Gemeinschaft engagiert.

Zum Punkt "jeder behält seine eigene Meinung, wie er leben möchte": Ich habe mich distanziert, als von mir als berufstätige verheiratete Frau verlangt wurde, dass ich mich als (angehende) verheiratete Fokolarin mehr von meinem "Kind" löse um präsenter im Fokolar sein zu können. Da war es für mich klar, wo ich als Mutter (- die sich sowieso täglich für die existentiell erforderliche Berufsarbeit vom Kind lösen musste -) meinen Platz habe, welche Priorität ich wähle und welche Verantwortung ich übernommen habe.

In meiner Zeit in der Bewegung habe ich z.B. freiwillig meine studentische "Habe" geteilt, immer wieder Leute in unserer Studentenwohnung aufgenommen, freiwillig meinen Schmuck als einzigen Besitz nach Rom "gespendet" und Einladungen zu Studentenpartys wieder abgelehnt, nachdem meine "Verantwortliche" mir das angeraten hat. Ich habe an vielen nationalen und internationalen Jugendtreffen teilgenommen und versucht, mich auch inhaltlich in die Lehre der Fokolarbewegung zu vertiefen. Die Erfahrung, dass eigene Ideen und Bedürfnisse demütig zurückgestellt werden müssen oder eigene Meinungen nicht gefragt sind, habe ich oftmals gemacht. Während einer sogenannten einmonatigen "Genschule" in Italien durfte ich meinen Verlobten nicht anrufen, zwei Jahre später auf einem Treffen für Verheiratete durften mein ebenfalls anwesender Mann und ich nicht miteinander kommunizieren oder im Speisesaal am selben Tisch sitzen, an ein Doppelzimmer war natürlich gar nicht zu denken. Als Paar war uns das dann doch etwas zu bunt. Wir haben uns für ein gemeinsames Leben entschieden und somit auch den Anspruch, uns gemeinsam weiterzuentwickeln.

Ich schreibe jetzt, weil mich die Formulierung "..., jeder behält seine eigene Meinung, wie er leben möchte. Auch wenn viele hier vielleicht andere Erfahrungen gemacht haben, wahrscheinlich haben sie es einfach falsch verstanden, ..." provoziert hat. "Du hast etwas falsch bzw. nicht verstanden" habe ich nach meinem Abschied öfter gehört ... diese Unterstellung finde ich abwertend. Selbst will ich die Erfahrung einer anderen Person, lieber charly14, auch nicht abtun - ich kann nur erzählen, wie es mir ergangen ist.

Noch eine abschließende Anmerkung: Wenn mir ab und an das Thema "Merkmale einer Sekte" unterkommt und mir aufgelistet wird, was eine solche kennzeichnet, bekomme ich Gänsehaut und weiß, ich habe diese kennengelernt! Trotz Erfahrungen, die ich als Erwachsene kritisch reflektiere, habe ich großen Respekt vor den Menschen, die ich in dieser Bewegung kennengelernt habe und danke diesen für das gemeinsame Stück auf meinem Lebensweg!

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