Was ist der Unterschied zwischen Non-kognitivismus und moralischem relativismus?

3 Antworten

Non-kognitivismus ist eine moralische Theorie, die besagt, dass moralische Aussagen nicht als Aussagen über die Welt verstanden werden können, sondern als Ausdruck von Gefühlen oder als Mittel, um die Verhaltensweisen anderer Menschen zu beeinflussen. Non-kognitivisten argumentieren, dass moralische Aussagen keine kognitive Inhalte haben und daher nicht wahr oder falsch sein können.

Moralischer Relativismus ist eine moralische Theorie, die besagt, dass moralische Werte und Praktiken von Kultur zu Kultur variieren und daher nicht objektiv wahr oder falsch sind. Moralischer Relativismus betont, dass es keine universellen moralischen Wahrheiten gibt, sondern dass moralische Werte und Praktiken von den jeweiligen Kulturen und Gesellschaften festgelegt werden.

Der Unterschied zwischen Non-kognitivismus und moralischem Relativismus besteht darin, dass Non-kognitivismus sich auf die Natur von moralischen Aussagen und deren Fähigkeit, bewertet zu werden, bezieht, während moralischer Relativismus sich auf die Quelle von moralischen Werte und Praktiken und deren Universalität oder Relativität bezieht.


Schmelienveta 
Fragesteller
 19.12.2022, 02:40

Kann man auch beide Standpunkte vertreten? Wenn nicht wie kann man herausfinden welches von beiden man vertritt?

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Marini232  19.12.2022, 02:45
@Schmelienveta

Es ist möglich, dass du sowohl non-kognitivistische als auch relativistische Ansätze zur Moral vertritt. Non-kognitivismus betrachtet moralische Aussagen als Ausdrucke von Emotionen oder Vorlieben, die keine objektive Wahrheit haben, während moralischer Relativismus die Idee vertritt, dass moralische Werte und Praktiken von Kultur zu Kultur variieren und daher nicht universell sind. Eine Person könnte also zum Beispiel der Ansicht sein, dass moralische Aussagen keine objektive Wahrheit haben, aber dass die moralischen Werte einer Kultur für die Menschen, die dieser Kultur angehören, wertvoll und wichtig sind.

Um herauszufinden, welche moralische Theorie man vertritt, könnte man sich bewusst damit auseinandersetzen, wie man moralische Entscheidungen trifft und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Wenn man zum Beispiel der Ansicht ist, dass moralische Aussagen Ausdrucke von Emotionen sind und keine objektive Basis haben, könnte man non-kognitivistische Ansichten vertreten. Wenn man der Ansicht ist, dass moralische Werte und Praktiken von Kultur zu Kultur variieren und daher nicht universell sind, könnte man relativistische Ansichten vertreten

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petermaier11  19.12.2022, 10:53
@Marini232

Mein ChatGPT sagt fast dasselbe, nur mit ein bisschen zufälliger Varianz.

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Ich finde, auf Wikipedia ist der Nonkognitivismus gut zusammengefasst:

Nach dem Nonkognitivismus ist der Bereich des Normativen keiner wissenschaftlichen (wahren und objektiv gültigen) Erkenntnis zugänglich. Denn sittliche Überzeugungen entzögen sich den beiden Wahrheitskriterien der empirischen Wissenschaften, dem logischen oder mathematischen Beweis und der Überprüfung durch Beobachtung oder Experiment. Die Frage nach der Übereinstimmung moralischer Aussagen mit der Wirklichkeit sei sinnlos, weswegen für sie auch kein Wahrheitsanspruch erhoben werden könne (siehe auch Humes Gesetz).
Für Nonkognitivisten ist das Einhalten von ethischen Regeln eine Frage des Charakters und nicht des Wissens. Moral kann demzufolge nur als Habitus antrainiert, aber nicht als abstraktes Wissen gelernt werden.
Ein Vertreter des Nonkognitivismus in der Gegenwartsphilosophie ist Simon Blackburn, der darauf verweist, dass die Kritik nonkognitivistischer Ethiker am Kognitivismus sich nicht gegen moralische Äußerungen, sondern nur dessen Objektivitätsanspruch richtet. Der Nonkognitivist kritisiert lediglich die Begründung ethischer Aussagen, aber nicht die in der Praxis vorzufindenden Werthaltungen und Urteile. Allerdings stimmen Amoralisten der nonkognitivistischen Kritik voll zu.

Es ist also eine sehr positivistische Haltung, d.h. naturwissenschaftliche Wahrheitskriterien werden an geistige Phänomene angelegt. Die Kritik auf Wikipedia ist treffend:

Sätze, die beinhalten, wie Menschen handeln sollen, stellen Behauptungen mit einem Anspruch auf Richtigkeit dar. Diesen allgemeinen Geltungsanspruch kann man durch Argumente rechtfertigen oder kritisieren. Insofern ist für die Kognitivisten das Bemühen der Ethik um die möglichst allgemeingültige Beantwortung von Fragen, wie gehandelt werden soll, keineswegs sinnlos oder überflüssig.

Moralischer Relativismus wird hier als Werterelativismus auch als eine non-kognitivistische Metatheorie eingeordnet:

Der Werterelativismus bzw. ethische Relativismus ist der Auffassung, dass normative Maßstäbe menschlichen Handelns nicht universell wahr sind, sondern höchstens innerhalb einer bestimmten Kultur ( Kulturrelativismus) beziehungsweise einer bestimmten historischen Epoche ( historischer Relativismus) faktisch gültig sind.

Ebenso der Emotivismus:

Als Emotivismus (auch: Expressivismus) bezeichnet man eine non-kognitivistische metaethische Theorie, nach der moralische Urteile lediglich als Ausdruck unserer eigenen (emotionalen) Einstellungen zu verstehen sind, wobei die gebietende Form der Urteile als Mittel zur Beeinflussung der Einstellungen anderer im Sinne dieses Urteils gedeutet wird. Er kann sowohl auf sprachanalytischer als auch auf metaphysischen Ebene vertreten werden.

Mit Kantianismus ist in diesem Kontext wahrscheinlich der rationalistische moralische Realismus gemeint, also ein Werteuniversalismus:

Rationalistischer moralischer Realismus
Von Kantianern wie John Rawls wird angenommen, dass man Maximen finden kann, die für eine praktische Rationalität universell gültig sind. Dies beinhaltet die ontologische Existenz der zugrunde gelegten Maßstäbe.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Soweit ich das im Kopf habe bestreitet der Non-kognitivismus im Gegensatz zum Moralischen Relativismus nicht zwingend die universelle Gültigkeit Moralischer und ethischer Normen sondern lediglich ihre Begründbarkeit (was ihn für mich als Kognitivist unbrauchbar macht).

Dennoch sind moralische Normen und Werte aus Non-kognitivistischer Sicht zumindest empirisch ermittel- und Veralgemeinerbar, bedürfen aber keiner weiteren Begründung oder Rechtfertigung.