Was bedeutet der Grundterm A im Tanabe-Sugano-Diagramm?
Im Tanabe-Sugano-Diagramm https://de.wikipedia.org/wiki/Tanabe-Sugano-Diagramm#/media/File:D5_Tanabe-Sugano_diagram.png
wird der Grundzustand von [Mn(H2O)6]2+ als (6)A1 beschrieben.
Ich dachte, dass sich die Orbitale von Komplexen im oktaedrischen Ligandenfeld nur in e2g und tg aufspalten?
Was bedeutet nun also A?
https://de.wikipedia.org/wiki/Tanabe-Sugano-Diagramm
2 Antworten
Das simple Bild, daß sich die d-Atom-Orbitale in t2g und eg aufspalten, gilt eben nur für Atomorbitale. Komplexe sind aber Moleküle, und daher brauchen wir Molekül-Orbitale, zumindest, wenn das echte Zahlen und nicht nur qualitative Erklärungen liefern soll. Außerdem wollen wir nicht Orbitale, sondern Zustände betrachten — jeder Zustand entspricht, in nullter Näherung, einem bestimmten Besetzungsschema.
(Beispiele für Zustände bei Atomen: eine p¹-Besetzung führt zu einem ²P [Dublett Pe], eine p²-Besetzung liefert aber drei möglichen Zuständen ³P [Triplett Pe], ¹S [Singulett Es] und ¹D [Singulett De]. Die hochgestellte Zahl ist die Spinmultiplizität [ungepaarte Spins plus Eins], das ganze kann man sich leicht aus-x-en, indem man Kästchen und Pfeilchen malt, mit dem “Russell Saunders Coupling Scheme”)
Tanabe-Sugano-Diagramme geben die Energie der möglichen Zustände als Funktion der Ligandenfeldstärke Δₒ an, alle Energien in der Einheit B (einem Racah-Parameter, der irgendwas mit Abstoßung der Elektronen untereinander zu tun hat). Ganz links hast Du also die Atome ohne Ligandenfeld, und siehst die Atomzustände. Bei einer d⁵-Konfiguration gibt es sehr viele davon (die Elektronen haben zahllose Möglichkeiten, sich auf die Orbitale zu verteilen), der Grundzustand ist ⁶S (alle 5 Spins ungepaart, jedes Elektron in einem anderen Orbital). Der Komplexchemiker nennt das high-spin.
Mit dem Symmetriebruch durch das Ligandenfeld spalten die meisten Atomterme in Molekülterme auf (der GZ aber nicht, weil der S ist und daher nicht entartet). Je stärker das Feld wird, desto drastischer unterscheiden sich die einzelnen Spaltterme; manche werden durchs Ligandenfeld stabilisiert, andere destabilisiert. Ein Spaltterm, der vom ²I kommt (also ein ungepaartes Elektron) profitiert besonders vom Ligandenfeld und kann bei hinreichend starkem Feld zum Grundzustand werden (das, was der Komplexchemiker low-spin nennt). An der Stelle hat das Diagramm einen Knick.
An jeder Stelle der x-Achse kannst Du Anregungsenergien ablesen, immer in Einheiten von B. Wenn Du mindestens zwei Anregungsenergien experimentell gemessen hast, dann kannst Du die Werte von B und Δₒ aus dem Diagramm herausfummeln.
Jetzt fragst Du Dich vielleicht, wo die eg- und t2g-Orbitale in dem Diagramm zu sehen sind. Leider gar nicht, denn die entsprechen B=0, also keine Wechselwirkung der Elektronen untereinander. Im Prinzip sollte es möglich sein, auch diese Information unterzubringen, indem man am rechten Rand noch schnell die Elektronenwechselwirkung gegen Null gehen läßt, aber das wird nicht gemacht, weil das keinen physikalischen Sinn ergibt. Aber genauso, wie jeder Spaltterm zu einem bestimmten Atomterm gehört, gehört auch jeder zu einer bestimmten Besetzung der Form (t2g)ⁿ(eg)ᵐ.
Ich hab' gerade mal den Link geöffnet und mir auch weiterführende Infos angeschaut: Danke für die Bestätigung, warum ich schon früher immer einen möglichst großen Bogen um dieses Gebiet gemacht habe! ;(((