Warum dürfen Muslime nur Accapela Musik hören? Ist es nicht langweilig ohne Instrumentals?

2 Antworten

Hallo NeuMann,

es gibt keinerlei Musikverbot im Koran.

Im sunnitischen Mainstram-Islam wird alles mögliche aus der Sure 31:6 abgeleitet:

„Unter den Menschen gibt es manchen, der zerstreuende Unterhaltung erkauft, um die Menschen von Allahs Weg ohne richtiges Wissen in die Irre zu führen.“

Die Sunnah missversteht hier etwas - wie so oft im Koran: Nicht jede zerstreuende Unterhaltung ist verwerflich/haram, sonder nur diejenige, die die Menschen in die Irre führt. Aber für die Sunniten ist mit dieser Sure jede zerstreuende Unterhaltung schlechthin haram.

Genauso wie vorehelicher Sex, Masturbation, Homosexualität, voreheliche Liebe, Freundschaft und jeglicher Kontakt unter den Geschlechtern, Alkohol, Rauchen, Tanz ist somit auch jede Musik haram. Denn sie ist für die Sunnah egoistisch, dient nur dem eigenen Vergnügen, ist unproduktiv im Sinne des Fortschritts der Dorfgemeinschaft und ist somit kein Dienst an Allah. Der Muslim ist aber auf der Welt, um den ganzen Tag Allah zu dienen und nicht sich selbst.

Und so gibt es seitenlange Beschimpfungen der Musik als „Gesang, der in die Irre führt, satanische Trommeln und Flöten, Berauschung des Verstandes, Beschwörung der Unzucht, Heuchelei und mehr. Nach einem Hadith werden die Menschen danach in Affen und Schweine verwandelt.

Ja, es geht immer derbe zu im Islam. Den braven und einfältigen Dorfbewohnern wurde vor 1400 Jahren immer kräftig Angst eingejagt, wenn abends der religiöse Märchenerzähler ins Dorf kam.

Im Islam darf nun auf ewig nichts verändert werden, sonst hätte der ALLwissende sich geirrt, und das darf nicht sein, Er wäre dann ja kein Allwissender mehr.

So wird uns allen also auch heute noch Angst vor den „teuflischen Trommeln und Flöten“ eingejagt. Das Problem dabei ist nur: Das mag vor 1400 Jahren ja tendenziell gegolten haben, dass die Dorfbewohner bei der (Live-)Musik mitunter leicht ausgerastet sind und der folgende Schlaf zu kurz war für den folgenden harten Arbeitstag. Aber heute gibt es so Teufelszeug wie elektrische Lautsprecher. Und nicht nur, dass im Auto das Radio bisschen nebenbei säuselt, nein, die Leute haben auch mitunter abends noch Freizeit und hören ein Klassikkonzert oder bisschen Jazz. Oder Popsongs von der Liebe. Hui, HARAM, weil Unzucht! Wenn man nun den Sunniten fragt, was an Instrumentalmusik haram sein soll, kommt betretenes Schweigen. Oder ein weiterer Sermon von 100 religiösen Heißdüsen, die alle sagen, dass man während des Musikhörens nicht Allahs gedenkt. Stimmt, das ist dann zeitweise der Fall. Die in ihren Verboten völlig überdrehte Sunnah sieht nun schon Gefahr, wenn du zur Musik mit dem Fuß wippst. Eine sinnliche Reaktion, und damit droht schon die Unzucht in irgendeiner Form. Aber von solchen Zerstreuungen gibt es auch noch 50 andere.

Aber der Islam behandelt seine Gläubigen nun mal wie Kleinkinder, die nicht abzuwägen in der Lage sind, ob eine Zerstreuung sie von ihren Pflichten abhält oder nicht. Muslim sein heißt Verzicht, Verzicht, Verzicht, sich zusammenreißen, Popo zusammenkneifen. Dienst an Allah. So wird ihm auch die Musik in seiner Freizeit verboten.

Nachsatz: Dass die frauenverachtenden Rapper verwerflich sind, ist unbenommen. Fragt sich übrigens, warum gerade diese recht gern von muslimischen Jungs auf den städtischen Schulhöfen gehört werden. Liegt das womöglich am Islam?

Es gibt also kein Musikverbot im Koran. Der Koran ist bekanntermaßen vollständig.

Der Muslim darf Musik hören, wie er lustig ist. Nur diese Rapper …..

Im Islam gibt es keine einheitliche Antwort auf ein Verbot von Musik. Die einzelnen Strömungen bzw. Rechtsschulen betrachten dies unterschiedlich und teilweise hat sich im Laufe der Zeit die Positionierung zu dem Thema auch geändert.

Die Frage, ob Musik nach islamischem Recht erlaubt ist, ist jedoch historisch umstritten. Die Ansichten der Rechtsgelehrten reichen von einem strikten Verbot bis hin zu einem generellen Verbot mit unterschiedlichen Einschränkungen, z. B. dass Singen erlaubt ist, dass einige Instrumente wie Trommeln erlaubt sind oder dass Musik erlaubt ist, wenn sie die Zuhörer nicht in Versuchung führt. [Wikipedia]

Laut Wikipedia teilt der Gelehrte Jacob M. Landau die Haltung zur Musik in vier Gruppen ein:

  1. Ein vollständiges Verbot von Musik
  2. Die Erlaubnis islamischer Musik (Singen des Koran, Gebetsruf)
  3. Die Erlaubnis weltlicher und islamischer Musik
  4. Erlaubnis der Musik gemeinsam mit dem Tanz im Rahmen der Mystik

Im weiteren Verlauf werden die Ansichten im sunnitischen und schiitischen Islam zu einem Musikverbot grob thematisiert.

Sunnitischer Islam

Strenge Auslegungen wie der Salafismus sehen ein vollständiges Verbot vor. Hierzu berufen sie sich auf die Sure Luqman. In dieser heißt es:

Unter den Menschen gibt es einen, der eitle Geschichten erhandelt, um (die Leute) irrezuleiten, hinweg von Allahs Pfad, ohne Wissen, und um damit Spott zu treiben. Solcher harrt eine schmähliche Strafe. [31:6]

Aus dieser Sure geht kein eindeutiges Musikverbot hervor, aber diese wird auf unterschiedliche Weise interpretiert:

Zumindest einige wenige Quellen führen das Musikverbot nicht auf eine strenge Auslegung der Heiligen Schrift zurück, sondern auf die Assoziation von "modischer" weltlicher Musik "mit erotischem Tanz und Alkoholkonsum" (Jacob M. Landau) oder "unerlaubtes Verhalten, das mit Musik verbunden ist, und nicht mit der Musik selbst" (Hussein Rashid). Rashid zufolge enthält der Koran "keine direkten Verweise auf Musik", und die Überlieferungen enthalten "widersprüchliche Beweise"; Landau stellt fest, dass sich musikfeindliche Gelehrte "auf erzwungene Interpretationen einiger weniger unklarer Passagen im Koran oder in den Überlieferungen stützten". [Wikipedia]
Schiitischer Islam

Auch im schiitischen Islam weichen die Ansichten ab. Es gibt einige Gelehrte, darunter der damalige Ayatollah Chomeini, die von einem Musikverbot ausgehen:

Wenn ihr die Unabhängigkeit eures Landes wollt, müsst ihr die Musik unterdrücken und keine Angst haben, als altmodisch bezeichnet zu werden. Musik ist ein Verrat an der Nation und an der Jugend. [Wikipedia]

Heute wird dies differenzierter gesehen:

Imam Chamene'i unterscheidet zwischen Musik, die dazu geeignet ist, Verwerfliches zu fördern und Musik, die nicht derart charakterisiert wird; wobei erstere Form verboten, letztere erlaubt ist. Die Charakterisierung obliegt dabei jedem selbst, so dass ein und die selbe Musik für den einen verboten und für den anderen erlaubt sein kann.

Die nachfolgende Überlieferung sieht es ähnlich:

Sulaiman Ibn Mihran berichtete, dass Imam As-Sadiq (a.) sagte: „Verpönt (Makruh) sind jene Mittel der Zerstreuung (Lahw), die vom Gedenken an Gott ablenken, wie der Gesang und das Saitenspiel.“ [Bihar-ul-Anwar von Al-Majlisi, Band 10, Seite 229, Hadith 1]

Dies verdeutlicht, dass es auf die Musik ankommt. Wenn die Musik einen Muslim vom Glauben abhält, gilt sie als verboten. Aber wenn beim Hören der Musik solche negativen Effekte nicht eintreten, gilt sie als erlaubt.