Warum bezeichnteten sich die Spartaner als ,,homoioi,,?

2 Antworten

Als „homoioi“ bezeichneten sich die spartanischen Vollbürger, die Spartiaten (griechisch: Σπαρτιᾶται [Spartiatai]). Die Bezeichnung bedeutet die „Gleichen“ (griechisch ὁμοίοι bzw. ὁμοῖοι je nach Dialekt; ὁμοίος/ὁμοῖος heißt neben „gleich“ auch „ähnlich“ und „von gleicher Art).

Dies drückte eine Homogenität (Gleichartigkeit) und eine grundsätzliche Gleichheit der Vollbürger (Bürger mit vollen Rechten) aus.

Die Gleichheit bestand nicht in einer Gleichheit des Besitzes (im Verlauf der Geschichte sind tatsächlich erhebliche wirtschaftliche Ungleichheiten unter den Spartiaten aufgetreten, mit großen Unterschieden zwischen Reichen und Armen), sondern in einer Gleichheit der Art/des Seins. Das homoios-Ideal konnte dazu dienen, vorhandene Ungleichheiten, Uneinigkeiten und Spannungen zu überdecken und eine Gleichheit/Gleichwertigkeit innerhalb der Gruppe herauszustellen, insbesondere hinsichtlich eines hohen Niveaus kriegerischer Fähigkeiten als gemeinsame Eigenschaft. Die Spartiaten hatten auch eine gleiche Lebensweise, die in einer gesellschaftlichen Ordnung (κόσμος) geregelt war.

Gründe der Bezeichnung waren also:

  • Homogenität (Gleichartigkeit), gleiche Lebensweise und grundsätzliche Gleichheit der Vollbürger zum Ausdruck bringen
  • Selbstwertgefühl als an Bürgerechten Ebenbürtige verleihen
  • Zusammengehörigkeit und Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe (der Gruppe der Vollbürger) festigen
  • Einordnung und Einbindung in eine Gruppe/ein Kollektiv fördern
  • vorhandene Ungleichheiten, Uneinigkeiten und Spannungen überdecken


Eine Gleichheit unter den Spartiaten bestand vor allem in:

  • gleicher Herkunft (alle hatten einen spartanischen Vater und – mit möglicher Ausnahme der Mothakes [μόθακες] – eine spartanische Mutter)
  • gleicher Erziehung (alle hatten die gleiche Erziehung; das Erziehungssystem wurde Agoge [ἀγωγή] genannt)
  • gleicher Lebensweise (die Spartiaten hatten gleiche Kleidung, gleiche Speisen bei gemeinsamen Mahlzeiten - diese Mahlzeiten hießen Syssitia [συσσίτια]; deutsch auch Syssitien genannt - , kämpften gemeinsam in einheitlicher Ausrüstung als Hopliten [schwerbewaffnete Fußsoldaten] in der Phalanx [Schlachtreihe], führten ein Leben als Krieger für den Staat)


Paul A. Cartledge. Homoioi II. Sparta. Übersetzung: A. Heckmann. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 5: Gru - Iug. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1998, Spalte 700 - 701

Ernst Baltrusch, Sparta : Geschichte, Gesellschaft, Kultur. Originalausgabe. 4., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2010 (Beck'sche Reihe ; 2083 : C. H. Beck Wissen), S. 30 – 31:  
 „Die Vollbürger pflegten ihre Exklusivität und nannten sich die „Gleichen“ - mit dem Hintersinn, daß alle anderen ungleich waren. Es ist zwar möglich, daß es innerhalb der „Gleichen“ Familien gab, die noch ein bißchen gleicher waren, aber die gehobene Position der Spartiaten als Ganzes ließ generell (mit Ausnahme der Könige) keinen Adel im traditionellen Sinn aufkommen.“

S. 31: „In historischer Zeit berichten unsere antiken Gewährsmänner wie Aristoteles allerdings von zunehmender wirtschaftlicher Ungleichheit unter den „Gleichen“, aber wichtig ist, daß die Idee der Gleichheit der Bürger in alle Lebensbereiche hineinragte, in den gesellschaftlichen, politischen und auch in den wirtschaftlichen. Diese Idee stellte erhebliche Anforderungen an den einzelnen Spartiaten; er mußte sein gesamtes Sein auf den Staat hin ausrichten.“  

Das heißt "die sich gleichen". Sie sahen sich eben als homogenes Volk gleicher Abstammung und gleicher Sitten; sie grenzten sich von anderen Völkern klar ab.