Warum 1 Doppelbindung bei PO43-?

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Deine Lewisformel ist nicht wirklich falsch. Sie hat gegenüber der kanonischen (mit einer P=O-Doppelbindung) sogar einen halben Vorteil, dem aber zwei Nachteile ge­gen­überstehen:

  • Deine Formel sagt richtig voraus, daß alle P–O-Bindungen gleich lang sind
  • Allerdings sind die P–O-Bindungen im echten Phosphat kürzer als reine Einfach­bindungen und Deine Formel kann das nicht erklären.
  • Du brauchst Formalladungen, und die will man eigentlich nicht, wenn man es vermeiden kann

Atome ab der dritten Periode erweitern die Oktettregel dahingehend, daß sie min­de­stens acht Außenelektronen anstreben. Es gibt ja Verbindungenn wie PCl₅, SF₆ oder gar IF₇, die ganz klar zeigen, daß 8 Elektronen keine Grenze darstellen. Man spricht auch von „erweiterte Oktetten“ (Dezett, Dodezett etc.). Umgekehrt können diese Ato­me kaum noch Doppelbindungen untereinander ausbilden, sehr wohl aber solche zu O (auch N und C).

Daher ist es möglich, Deine Formel aufzufetten, indem man ein einsames Elektronen­paar an einem O zu einem bindenden umwidmet. Damit wird man die Formalladung los, bekommt aber das Problem, daß man eine PO-Bindung als Doppelbindung und die anderen als Einfachbindung anschreibt. Ein Naïver könnte das so lesen, daß es eine kurze und drei lange PO-Bindungen gäbe, und das wäre natürlich falsch.

Eine solche unsymmetrische Lewis-Formel muß man etwas anders lesen: Es lassen sich 4 verschiedene Strukturen anschreiben, die sich nur in der Lage der Doppelbin­dung unterscheiden. Die Struktur des realen PO₄³⁻ ist der Mittelwert von allen, also liegen vier 1¼-Bindunge zwischen P und O vor.

Nebenbei gesagt: Es gibt auch das Orthonitrat-Ion NO₄³⁻, und da Stickstoff keine er­wei­terten Oktette bilden kann, kann man die Strukturformel des NO₄³⁻ nur so auf­schrei­ben wie Deine Version von PO₄³⁻, also mit Formalladungen. Ebenso ist es auch mit den Paaren NOF₃ und POF₃ bzw. O₃ und SO₂.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Die OktettRegel gilt nur streng in der 2. Periode. Es gibt PF5 und SF6, wo Phosphor und Schwefel 5 und 6 Bindungen eingehen, also 10 und 12 Außenelektronen besitzen.

Allerdings gilt für die 3. Periode die DoppelbindungsRegel. Diese Elemente können KEINE Doppelbindungen eingehen! Allerdings ist es trotzdem üblich die Oxide und SauerstoffSäuren von Phosphor und Schwefel mit Doppelbindungen darzustellen. Es ist vermutlich einfacher und etwas übersichtlicher, weil man sich die Formalladungen spart. Und legitim ist es, weil sie als theoretische mesomere Grenzstrukturen deklarieren kann.