Platon und das Glück?

1 Antwort

1) Platons Definition des Glücks

Für eine umfassende Untersuchung zu Platon und dem Thema Glückseligkeit müssen auch die anderen Dialoge berücksichtigt werden besonders sein Dialog Politeia, weil dort dazu wichtige Aussagen stehen.

In dem Dialog Gorgias gibt Platon keine regelrechte Definition der Glückseligkeit (εὐδαιμονία).

Aus dem, was Sokrates (Platons Dialogfigur) in dem Gespräch mit Polos sagt, können aber Hinweise entnommen werden, wie Platon das Glück/die Glückseligkeit definiert. Platon, Gorgias 470 e: τὸν μὲν γὰρ καλὸν καὶ ἀγαθὸν ἄνδρα καὶ γυναῖκα εὐδαίμονα εἶναί φημι, τὸν δὲ ἄδικον καὶ πονηρὸν ἄθλιον.

„Ich sage, daß der sittlich schöne und gute Mann und die sittlich schöne und gute Frau glückselig sind, der Ungerechte und Schlechte dagegen unglücklich.“

Glückseligkeit ist offensichtlich etwas Gutes. Gutes ist, wie Sokrates und Polos übereinstimmen, angenehm oder nützlich (Platon, Gorgias 477 a).

Platon, Gorgias 477 – 478 legt nahe, Glückseligkeit als Gesundheit der Seele zu verstehen.

Platon, Gorgias 478 c: οὐ γὰρ τοῦτ’ ἦν εὐδαιμονία, ὡς ἔοικε, κακοῦ ἀπαλλαγή, ἀλλὰ τὴν ἀρχὴν μηδὲ κτῆσις.

„Denn nicht dies war Glückseligkeit, Loskommen/Trennung/Befreiung vom Übel, sondern von Anfang an nicht einmal Besitz [des Übels].“

Platon, Gorgias 478 d – e: εὐδαιμονέστατος μὲν ἄρα ὁ μὴ ἔχων κακίαν ἐν ψυχῇ, ἐπειδὴ τοῦτο μέγιστον τῶν κακῶν ἐφάνη.

„Der Glückseligste also ist derjenige, der keine Schlechtigkeit in der Seele hat, da dies sich als größtes der Übel gezeigt hat.“

2 ) Weg zum Glück

Nach Platon wird jemand dadurch glückselig, sich um sein seelisches Wohlergehen zu kümmern, keine Schlechtigkeit in der Seele zu haben, sondern ein sittlich schönes und gutes (also auch gerechtes) Leben zu führen.

Einsicht und Erziehung/Bildung (παιδεία [paideia]) spielen dabei eine Rolle.

3) Zusammenhang von Glückseligkeit und Gerechtigkeit

Nur wer gerecht ist, kann nach Platon wahrhaft glückselig sein. Gerechtigkeit ist also eine erforderliche Bedingung zur Glückseligkeit. Ungerechtigkeit hält er für das größte Übel (Platon, Gorgias 469 b). Ungerechte beurteilt er als nicht glückselig (Platon, Gorgias 471 d), sie könnten unmöglich glückselig sein (Platon, Gorgias 472 d), seien gänzlich unglückselig (Platon, Gorgias 472 e). Unrechttun hält er für schlimmer als Unrechtleiden (Platon, Gorgias 473a), wobei Unrechtleiden selbstverständlich auch nicht wünschenswert ist.

Wenn jemand ungerecht gewesen ist, sind Ermahnungen, Verweise und Strafen für ihn besser, um von der Ungerechtigkeit geheilt zu werden und sich zu bessern, während Ungestrafheit für ungerechte Personen am schlimmsten ist und sie am meisten von der Glückseligkeit entfernt hält (Platon, Gorgias 478 – 480).