Plagale Kadenzen?

1 Antwort

Hallo,

nimm dorisch D:

D E F G | A H C D. Das sind zweimal vier Töne. Du nimmst die letzten vier,
also A H C D, versetzt sie um eine Oktave nach unten und stellst sie vor die ersten vier Töne der authentischen Leiter.
Das plagale Hypodorisch ist dann A H C D | E F G A.

Die Vorzeichen von Kirchentonarten zu bestimmen ist recht einfach.
Merk Dir die Reihenfolge Jonisch Dorisch Phrygisch Lydisch Mixolydisch Äolisch.

Dem stellst Du die ersten sechs Töne der C-Dur-Tonleiter gegenüber:

CDEFGA.

Wenn Jonisch auf C beginnt, braucht es keine Vorzeichen. Das gleiche gilt für Dorisch D, Phrygisch E usw. bis Äolisch A.

Nimm an, Du möchtest eine phrygische Tonleiter auf dem Grundton G bilden.

Du überlegst: Fängt Phrygisch mit dem Grundton E an, braucht es keine Vorzeichen. E-Dur dagegen hat vier Kreuzchen: Fis, Cis, Gis und Dis.

Phrygisch hat also vier Kreuzchen weniger als die entsprechende Dur-Tonart.

Versieh Kreuzchen mit einem positiven Vorzeichen, b-chen mit einem negativen.

G-Dur hat ein Kreuzchen. Phrygisch G hat immer vier Kreuzchen weniger.

1-4=-3 und Minus bedeutet b. Phrygisch G hat demnach drei b, nämlich b, es und as.

Die Tonleiter: G As B C D Es F G.

Die Reihenfolgen der Kreuze und der b-chen entsprechen dabei der Reihenfolge des Quintenzirkels. Das erste Kreuz ist immer fis, dann folgen cis, gis, dis, ais, eis, his.

Das erste b ist b, dann kommen im Quartenabstand es, as, des, ges, ces und fes, die umgekehrte Reihenfolge bei den Kreuzchen.

In diesem Tonsystem, das auch die Kirchentonarten einschließt, wird es keine Tonleiter geben, die nur ein cis hat, denn cis kann erst als Vorzeichen auftauchen, wenn bereits ein fis vorhanden ist. Das bedeutet natürlich nicht, daß innerhalb des Musikstücks eine einzelne Note mal ein abweichendes Vorzeichen haben kann; es geht hier um die Vorzeichen, die die Tonart charakterisieren und normalerweise neben dem Notenschlüssel stehen und für das ganze Stück bis zu einem eventuellen Tonartwechsel gelten, falls sie nicht bei Einzelnoten durch ein Auflösungszeichen für einen Takt aufgehoben werden.

Herzliche Grüße,

Willy

GinaSophie007 
Fragesteller
 17.03.2024, 19:54

Vielen, vielen Dank 😊. Aber eine Frage habe ich noch. Übernimmt man dann die Vorzeichen der authentischen Tonleiter und setzt die dann in die plagale Tonleiter ein oder hab ich das falsch verstanden?

1
Willy1729  17.03.2024, 19:56
@GinaSophie007

Die übernimmst Du. Es ist die gleiche Tonleiter - nur steht der Grundton nicht mehr an der ersten Stelle, sondern an der vierten.

1
TheDutchOven  26.03.2024, 09:47

"Das plagale Hypodorisch ist dann A H C D | E F G A."

Habe ich da was falsch verstanden? Für mich sieht das aus wie A natürlich Moll (äolisch) aus. Kläre mich mal auf.

1
Willy1729  26.03.2024, 14:43
@TheDutchOven

Die Tonleiter an sich ist von äolisch a (a-Moll) nicht zu unterscheiden. Erst aus dem Zusammenhang ergibt sich die Tatsache, daß der Grundton nicht ganz vorn steht, also ein A ist, sondern erst in der Mitte an vierter Stelle auftaucht, es sich also um eine Tonleiter mit Grundton D handelt.

0
TheDutchOven  26.03.2024, 15:54
@Willy1729

Jetzt hast du mich total verwirrt.

" . . . ergibt sich die Tatsache, daß der Grundton nicht ganz vorn steht, also ein A ist, sondern erst in der Mitte an vierter Stelle auftaucht. . ."

Bei a, h, c, d, e, f, g, a steht das A doch am Anfang. An vierter Stelle steht das D.

" , , , es sich also um eine Tonleiter mit Grundton D handelt. . . ."

Wenn es sich tatsächlich um eine Tonleiter mit dem Grundton D handelt, dann wäre das dann doch D dorisch aber warum steht A am Anfang?

0
Willy1729  26.03.2024, 16:01
@TheDutchOven

Weil es eben eine plagale Tonart ist, auch hypodorisch genannt. In der Gregorianik konnte man den Unterschied an den Melodien erkennen, die auf den Kirchentonarten aufgebaut waren. Bei den plagalen Tonarten umspielte die Melodie den Grundton. Mal bewegte sie sich unter ihm, mal über ihm. Bei einem normalen Dorisch zum Beispiel wie dorisch D begann die Melodie beim D, führte von dort aus nach oben und kehrte am Ende zum D zurück.

Bei hypodorischen D fing die Melodie beim A an, landete beim D, ging von da aus nach oben, kehrte wieder zum D zurück, um dann mal wieder in Richtung A zu gehen. Vielleicht kehrte sie auch mehrfach von oben und von unten zum D zurück und bewegte sich wellenförmig.

0
TheDutchOven  26.03.2024, 17:02
@Willy1729

Also diese deine Antwort kann meine Verwirrung leider nicht lösen. Ich denke, ich muss mich mal selbst schlau machen, weil mich das Thema interessiert, auch wenn es in heutiger Musik keinerlei Rolle mehr spielt. Ich weiß auch nicht, warum man sich das in der höheren Schule im Fach Musik als Schüler antun muss. Aber vielleicht finde ich es ja heraus, wenn ich mich selbst mit dem Thema beschäftige.

1
Willy1729  03.04.2024, 11:36
@TheDutchOven

Falls Du ein Instrument spielst, kannst Du den Unterschied hören.

Spiele mal eine Tonleiter mit Grundton G ohne irgendwelche Vorzeichen, also nur auf den weißen Tasten eines Klaviers. Betone dabei den ersten Ton, also das G, und den fünften, also das D.

Spiele weiter bis zur Oktave.

Das F, der siebte Ton also, wird sich fremd anhören, denn bei G-Dur gehört das ein Fis hin, bei Mixolydisch G aber nicht.

Hypoionisch C hört sich, wenn Du es so spielst wie eben Mixolydisch G, genauso an. Nun betone aber mal nicht den ersten und den fünften Ton, sondern den vierten und den achten. Der vierte Ton ist ein C, also der Grundton von hypoionisch C. Betonst Du diesen und den letzten Ton, klingt das F auf einmal gar nicht mehr fremd. Du bist nun auf die Tonart C-Dur eingestellt und die hat ja kein Fis, sondern ein F. Je nach Zusammenhang kann derselbe Ton völlig anders klingen. Das gilt auch für Tonleitern aus exakt den gleichen Tönen.

0
TheDutchOven  03.04.2024, 19:52
@Willy1729

Hypo-Tonleitern spielen heutzutage keine Rolle mehr. Und die mixokydische Septime klingt keineswegs fremd, jedenfalls nicht in meinen Ohren.

0