persönliche Meinung über die DDR

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Es war nicht Alles Top in der DDR, das ist es jetzt aber auch nicht. Man mußte sich arrangieren und anpassen. Es gab Einiges mit dem ich nicht einverstanden war, aber insgesamt ging es mir nicht schlecht. Ich hatte eine Wohnung, ich hatte meine Arbeit, das Geld hat über den Monat gereicht, ich bin jedes Jahr in Urlaub gefahren, wenn auch nicht ins Ausland. Ich bin jeden Tag satt geworden, es gab nicht soviel Südfrüchte, wir hatten kein Auto, für Luxusgüter (die heute vielleicht keine mehr sind) mußte man sich anstellen. Ich wußte dass es die Stasi gibt und das man bespitzelt werden konnte, gespürt habe ich das nur einmal, bei meiner Scheidung. Ich war als alleinstehende Frau und Mutter mit Kind nicht auf Hartz4 oder soetwas angewiesen, mein Geld reichte um gut zu leben.

Ich habe auch jetzt Arbeit und einen ordentlichen Verdienst, mir geht es gut, ich möchte die DDR nicht zurückhaben, aber Unrechtsstaat, nein.

nonentity  14.02.2011, 10:08

@sabirke, du hast völlig Recht. Es war nicht alles Top in der DDR. Und hier ist auch nicht alles Top, und für Heranwachsende, Kinder und Jugendliche, noch viel weniger, als es damals war.

Es geht doch bei aller Diskussion darum, dass alles, was hier gegenübergestellt wird, möglichst zu Ungunsten der DDR beurteilt wird, und das meistens von denen, die die DDR nicht kennen oder sich an Fällen hochziehen, die nicht zu den alltäglichen gehörten.

Die Relativierung der "Wahrheit" von heute wird sich vielleicht erst in etwa 30 Jahren einstellen, wenn diejenigen, die heute 10 - 15 Jahre alt sind, zurückblicken und Schlussfolgerungen aus ihrem Leben ziehen. Ob die so positiv ausfallen wie die vieler ehemaliger DDR-Jugendlicher, wage ich zu bezweifeln. Schade nur, dass es die meisten der DDR-Bürger die dann noch in ihrer "Wahrheit" bestätigt werden würden, nicht mehr geben wird.

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aus: War die DDR ein Unrechtsstaat? von Rex Rotmann - www.arbeitermacht.de 12.10.2009

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Dass über die Demokratie-Frage so heftig diskutiert wird , hat nicht etwa neue Erkenntnisse zur Ursache, sondern den einfachen Umstand, dass die Demokratie der heutigen Bundesrepublik ins Gerede gekommen ist. Die Wahlbeteiligung sinkt, die "Volks"-Parteien schwächeln, viele demokratische Grundrechte wurden und werden unterhöhlt: das Asylrecht, das Streikrecht, der Datenschutz usw. usf. Gründe genug also für die Apologeten der bürgerlichen Demokratie, eifrig einen monströsen "Unrechtsstaat DDR" zu konstruieren, damit vor dessen finsterem Hintergrund die Bundesrepublik, deren demokratischer Lack immer mehr abblättert, umso heller davor leuchtet. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die DDR ein "Unrechtsstaat" war. Dabei geht es natürlich nicht etwa darum, zu betonen, dass es in der DDR an wichtigen demokratischen Rechten (z. B. Versammlungsfreiheit, Organisationsfreiheit, Streikrecht usw.) mangelte. Das ist allgemein bekannt und wird höchstens noch von den allerdümmsten Stalinisten bestritten.

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Es geht in der Debatte vielmehr darum, zu zeigen, dass die DDR im Vergleich zur BRD grundsätzlich undemokratischer war. Die Frage der Demokratie, des "Rechtsstaats" wird dabei zur zentralen, ja in gewissem Sinn zur einzigen Frage, um die es bei der Einschätzung der DDR geht. Allein schon daran wird die idealistische Methode der Betrachtung deutlich. Nicht etwa die Frage nach den materiellen, ökonomischen Verhältnissen, auf denen sich rechtliche, politische u. a. Systeme gründen, ist von Interesse, sondern die "Demokratie an sich". Dass jedes Recht wie auch jede Politik letztlich den (ökonomischen) Interessen einer Klasse dient, bleibt dabei ausgespart.

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Diese "Aussparung" hat freilich Gründe. Einmal lenkt man von der wesentlichen Frage des Eigentums an Produktionsmitteln ab, zum anderen stellt man so die "Demokratie" auch gleich als Wert an sich, als Struktur dar, die sich scheinbar nur aus abstrakten Ideen ableiten würde.

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Ein Beispiel. Dass es in der DDR nur wenige hundert Rechtsanwälte gab, wird von einigen Kommentatoren so interpretiert, dass ein wichtiges Rechtsinstrument fast ganz fehlte. Tatsächlich gibt es auch in Ostdeutschland inzwischen tausende, ja vielleicht zehntausende Rechtsanwälte. Doch ob es deren in der DDR nun zu wenige gab oder nicht - die entscheidende Frage ist eine ganz andere: Warum musste es so wenige geben? Die Antwort darauf ist relativ leicht, wenn man bedenkt, dass es wesentliche Dinge, die einen Anwalt erfordern, nicht gab: erstens konkurrierende Privateigentümer, die miteinander um ihr Eigentum oder deren Verwertung streiten; zweitens einen Markt, der nach Verwertungskriterien funktioniert. So waren Grund und Boden Volkseigentum oder - soweit privat - es gab klare Regelungen, sodass niemand wie im Kapitalismus als Makler mit Immobilien Profit machen konnte. Dieses Fehlen so wesentlicher Merkmale des Kapitalismus ist - ganz nebenbei - auch ein klares Indiz dafür, dass die DDR kein Staatskapitalismus war.

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Der "Rechtsstaat" Bundesrepublik zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass er ein riesiges Gestrüpp von Regelungen, Gesetzen, Institutionen kennt, um das Phänomen der Arbeitslosigkeit zu regeln (Hartz IV-EmpfängerInnen würden eher sagen: um Arbeitslose zu schikanieren). Soviel Juristerei gab es in der DDR dazu nicht. Da gab es tatsächlich einen echten Mangel - an Arbeitslosigkeit. Nur der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass die Juristerei komplett unproduktive Arbeit darstellt. Eine Gesellschaft, die sich davon eine Menge sparen kann - nicht, weil sie sie willkürlich abschafft, sondern weil diese nicht mehr nötig ist - ist dann insofern eine produktivere Gesellschaft. Dass die DDR in einigen Bereichen dazu fähig war, zeigt, dass sie tatsächlich - trotz all ihrer riesigen stalinistischen Verkümmerungen, ihrer bürokratischen Wucherungen und ihrer nationalbornierten Kleinbürgerlichkeit - im Ansatz auch eine Gesellschaft des Übergangs zu einer neuen Ordnung verkörperte. Diese Dimension des Nicht-mehr-brauchens steckt schon in Marx´ Postulat, dass der Staat im Kommunismus abgestorben sein wird.

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Ein Zweck der Unrechtsstaats-Debatte ist (ob gewollt oder ungewollt) eine doppelte Verschleierung. Zum einen wird der wahre Charakter der Demokratie im Westen vertuscht. Sie erscheint nicht als ein spezifisches Instrument der Herrschaft der Bourgeoisie (wie auch andere, z. B. die Militärdiktatur oder der Faschismus), um deren Herrschaft zu verhüllen. Auch die formelle Form dieser Demokratie wird nicht betrachtet, geschweige denn kritisiert. So sind Gewählte weder jederzeit kontrollierbar noch abwählbar. Das Gros des Staatsapparates ist nicht wählbar (Armee, Polizei, Beamte, Richter usw.). Entscheidende Fragen der Gesellschaft wie die Wirtschaft, das Privateigentum usw. stehen überhaupt nicht zur Wahl.

Doch auch die Demokratie der DDR wird verschleiert, nämlich insofern, als sie als typisch für den Sozialismus/Kommunismus dargestellt und deren Geschichte, die eben auch und vor allem eine Geschichte der Verhinderung, ja Zerstörung alternativer Formen von Demokratie durch den Stalinismus war, ausgeblendet wird.

Im Grunde hat schon Walter Ulbricht die Demokratie gut beschrieben, als er einmal sagte, "wir müssen alles in der Hand haben und es trotzdem demokratisch aussehen lassen." Ulbricht meinte damit die DDR, aber es würde auch auf die BRD perfekt passen. Wenn man die DDR-Demokratie auf eine kurze Formel bringen wollte, könnte man sagen, dass sie zwei Seiten hatte. Eine war die fast lückenlose Machtmaschine aus Stasi, Polizei, Bürokratie und Partei. Die andere Seite war - zumindest in der DDR - der Torso einer bürgerlichen Demokratie mit Parteien, Wahlen usw. Es ist bezeichnend, dass der Stalinismus fast jede Form von direkter Massendemokratie, von Räten, Fabrikkomitees usw. verbot oder zerschlug, jedoch keinen Aufwand scheute, seine aberwitzige Karikatur von bürgerlicher Demokratie aufzupolieren.

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Doch auch auf dem Boden der ehemaligen DDR gab es Ansätze einer anderen Demokratie. Als nach 1945 die Nazis geflohen oder verhaftet waren, nahmen die ArbeiterInnen es selbst in die Hand, die Betriebe wieder aufzubauen und in Gang zu setzen. Das war Arbeiterselbstverwaltung. Doch es fehlte eine politische Führung, die diese Ansätze zu einem System von geplanter Produktion unter Arbeiterkontrolle hätte weiterentwickeln können oder wollen. So war es der sowjetischen Militäradministration (SMAD) möglich, die Betriebe der realen Verfügungsgewalt der ArbeiterInnen wieder zu entwinden, indem sie die Betriebe zu sowjetischem Eigentum erklärte, womit diese dann der Moskauer Bürokratie unterstanden. Das war der erste, besondere Schritt Richtung bürokratische Planwirtschaft, bei der die Arbeiterklasse viel zu arbeiten, aber wenig zu sagen hatte.

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Auch wenn die Kommentatoren alljährlich des Arbeiteraufstands in der DDR im Juni 1953 gedenken, wird fein säuberlich ausgespart, dass es damals eben nicht nur um bürgerliche "Demokratie" ging, sondern viele Losungen und Forderungen dezidiert die direkte Machtausübung der Arbeiterklasse forderten und diese sich nicht nur auf die politische Ebene bezogen, wie die bürgerliche Demokratie, sondern auch und gerade soziale Fragen und die Wirtschaft selbst betrafen.

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Wenn die Urteile der Bürgerlichen über die DDR meist nur fade sind, so erweist sich die Verteidigung der DDR durch viele Linke - und nicht nur Stalinisten! - nur als peinlich. Diese Linken glauben ernsthaft, sie täten etwas Gutes, wenn sie zu beweisen suchen, dass die DDR kein "Unrechtsstaat", sondern durchaus demokratisch - und zwar im Sinne von bürgerlich-demokratisch war.

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Peinlich ist an diesen Verteidigungsreden dabei weniger, dass es natürlich auch in der DDR in vielen Bereichen nicht ganz so wenig Rechtsstaat gab, wie es in den Medien oft hingestellt wird. Peinlich ist vielmehr, dass diesen Linken offenbar gar nicht in den Sinn kommt, dass zu einer nichtkapitalistischen Gesellschaft ein bürgerlicher Überbau nicht besonders gut passt.

Da müsste man Romane schreiben, die es auch schon massenhaft gibt. Z.B. R. Hartmann "Die DDR unterm Lügenberg", edition ost, ISBN 978-3-360-01820-5; oder G. Herlt "Der verdammte Ossi in mir", Reihe "spotless", ISBN 978-3-360-02027-7 uvam.
Ich sage es dir mal mit meinen (und auch anderen) Worten:
Brecht: „Mögen andere von ihrer Schande reden, ich rede von der meinen!“

Die Mauer hat uns nicht nur getrennt, sondern uns auch voreinander geschützt.

Wir haben alle Freiheiten, die keine Kosten verursachen bzw. für deren Kosten wir selbst aufkommen.
P. Ensikat: “Jetzt bist du mit dem Kopf durch die Wand! Und was suchst du nun in der Nachbarzelle?“

."Wir hatten eine Grenze rund um unser Land, aber heute haben wir so viele Grenzen innerhalb unseres Alltages, dass ich mich manchmal frage, was schlimmer ist."

Die DDR hatte über die Zeit ihres Bestehens keine einheitliche Politik. Ganz sicher war sie in Teilen ein Unrechtsstaat, den nicht mal das offizielle Recht galt für jeden. Meinungsfreiheit gab es nicht, "falsche" Meinungen wurden sogar nach DDR-Recht rechtswidrig bestraft.

Trotzdem haben sich viele in der DDR wohl gefühlt. Die meiste Zeit auch ich, obwohl die Stasi mehrmals aktiv gegen mich vorgegangen ist. Eine "Flucht" in den Westen wäre für mich nie in Frage gekommen. Nicht aus Treue zur Partei, in der ich nie war und die ich, genau wie die Kirche, immer als jemand gesehen habe, der eine an sich gute Idee nur zum eigenen Machterhalt missbraucht. Eher weil das Zusammensein im persönlichen Umfeld, der Umgang miteinander offen und unkompliziert war und ich der Meinung, man muss nicht vor den Verhältnissen fliehen sondern sie ändern.

Ich wäre lieber den dritten Weg, einen ohne Anschluss an die BRD gegangen. Ob es was gebracht hätte?

Auf jeden Fall ist aber eins auch sicher, zurück möchte ich die DDR auf keinen Fall mehr.