Napoleon - Revolution

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Vollenden bedeutet, etwas zu vervollständigen zu vervollkommnen, zu einem krönenden Abschluß zu bringen. Ein Vollenden ist damit in gewissem Sinn ein Beenden. Daher ist die angegeben Alternative etwas ungeschickt formuliert. Gemeint ist bei der Frage vermutlich auch, ob Napoleon die Französische Revolution beseitigt bzw. abgeschafft hat.

Napoleon Bonaparte hat die Französische Revolution beendet. Er hat sie zum Stillstand gebracht, sich durch einen Staatsstreich (1799) an die Spitze gesetzt, Volkssouveränität und eine demokratische Wahl einer Volksvertretung abgeschafft. Anderseits hat Napoleon auch einen Teil er Errungenschaften der Französische Revolution bewahrt und zum Abschluß gebracht (die bedeutendste Leistung ist dabei wohl der Code civil).

In seiner eigenen Sicht hat Napoleon sowohl die Revolution beendet als auch vollendet. Der Anspruch, ihr Vollender zu sein, kann aber mit guten Gründen bezweifelt werden und ist in seinem Ausmaß nicht berechtigt.

Zur Veröffentlichung der neuen Konsulatsverfassung, die in einer Volksabstimmung bestätigt werden sollte, haben die Konsuln im Dezember 1799 eine Proklamation erlassen:
„La Constitution est fondeé sur les vrais principes du Gouvernement représentatif, sur les droits sacrés de la propriété, de l'égalité, de la liberté. Les pouvoirs qu'elle institue seronts forts et stable, tels qu'il doivents, être pour garantir les droits des citoyens et les intérêts de l'Etat. Citoyens, la Revolution est fixée aux principes qui l'ont commencée: elle est finie.”

„Die Verfassung beruht auf den wahren Prinzipien der repräsentativen Regierung und auf den geheiligten Rechten des Eigentums, der Gleichheit und der Freiheit. Die von ihr eingesetzten Gewalten werden stark und beständig sein, wie sie sein müssen, um die Bürgerrechte und die Staatsinteressen zu garantieren. Bürger, die Revolution ist auf die Prinzipien, die an ihrem Anfang standen, festgesetzt: sie ist beendet."

Napoleon nimmt für sich in Anspruch, Errungenschaften der Revolution zu befestigen und zu sichern, andererseits erklärt er sie für beendet und damit abgeschlossen. Er möchte ein Einverständnis der Anhänger der Revolution, denen einige am Anfang stehende Grundsätze wichtig sind und die inzwischen eingetretene Eigentumsverhältnisse bewahrt sehen möchten. Anderseits greift er Wünsche nach einer Stabilisierung (sowohl gegenüber radikalen Revolutionären als auch royalistischer Gegenrevolution) und ein Ende von Wirren und revolutionären Exzessen auf. Das Beenden kann auch als ein Stoppen revolutionärer Dynamik, wie sie vor allem 1793 - 1794 auftrat, verstanden werden.

Tatsächlich hat Napoleon sich nur zum Teil an die genannten Grundsätze gehalten (das bürgerliche Gesetzbuch – Code civil - hat z. b. etwas davon in das Recht aufgenommen). Er hat eine Alleinherrschaft ausgeübt (1804 krönte er sich selbst zum Kaiser) und politische Freiheitsrechte abgebaut.

Gesellschaftlich wurde denen, die bei der Revolution Gewinne erzielt hatten, ihr Besitz gesichert, die Unterschichten dagegen weitgehend ausgegrenzt.

Persönliche Tüchtigkeit bot etwas mehr Aufstiegschancen als im absolutistischen Ständestaat, vor allem in der Armee.

Napoleon hat von Revolution die Koalitionskriege geerbt und sie mit eigenen machtpolitischen Zielen geführt (Eroberungs- und Vorherrschaftsabsichten).

Ein Buch, in dem auch viele zu der Frage nützliche Informationen stehen, enthält Hinweise, welche Sichtweise der besiegte und in Gefangenschaft befindliche Napoleon am Ende seines Lebens über sich verbreiten wollte.

Johannes Willms, Napoleon : eine Biographie. München : Beck, 2005, S. 681:
„Napoleons historische Mission, so seine Selbstdeutung, bestand in der Vermittlung der gezähmten, von ihren Fehlern gereinigten Revolution mit den im übrigen Europa vorherrschenden Verhältnisse.“

S. 683: „Eine weitere Botschaft des »Evangeliums« von Sankt Helena lautete, die Völker Europas, die sich gegen das Joch der Könige aufbäumten, hätten in Napoleon ihren Anwalt gefunden. Er der die Revolution vollendet und überwunden habe, stilisierte sich nun zum »Messias der Völkerfreiheit«. Keineswegs leugnete Napoleon, dass er im Zenit der Macht erwogen hatte, nicht nur Europa, sondern die ganze Welt zu erobern und seiner universalen Diktatur zu unterwerfen. Jetzt war dergleichen aber nicht mehr das Ziel, sondern lediglich eine notwendige Zwischenstation auf dem Weg zu einer Neuordnung Europas nach nationalstaatlichen Gesichtspunkten. Gegenwart und Vergangenheit, Revolution und Ancien Règime, die legitimen Rechte der Völker wie ihrer Könige und Fürsten habe er zu einer neuen, gesellschaftlichen, politischen und territorialen Synthese formen wollen.“

Nipperdey: Thomas - Deutsche Geschichte 1800-1866 - wird alle deine Fragen diesbezüglich beantworten. ich habe jetzt keine Lust 40 Seiten zu schreiben.