Kennt ihr die Stier-, Stör-, oder Unruhnacht?
Nehmt ihr heute daran teil?
2 Antworten
Ich als Österreicher habe noch nie was davon gehört, habe mich aber erkundigt und frage mich, ob das stimmt, bitte klär mich auf:
Die Unruhnacht, Störnacht oder regional auch Stiernacht genannt, ist eine jahrhundertealte Tradition, die hauptsächlich in Österreich und Teilen Deutschlands noch heute praktiziert wird. Sie findet traditionell in der Nacht von Pfingstsonntag auf Pfingstmontag statt, also 50 Tage nach Ostern.
Das Grundprinzip ist eigentlich ganz einfach: Jugendliche und junge Erwachsene ziehen nachts durch die Ortschaften und "borgen" sich alles, was nicht niet- und nagelfest ist - Gartenmöbel, Mülltonnen, Fahrräder, Werkzeuge, sogar ganze Anhänger. Diese Gegenstände werden dann kunstvoll auf dem Marktplatz oder vor der Kirche aufgetürmt, oft mit kreativen Botschaften oder als Kommentar zu lokalen Ereignissen. In St. Roman beispielsweise bauten die "Stierer" nach einer 6:0-Niederlage der örtlichen Fußballmannschaft ein ganzes Fußballfeld auf dem Gemeindeplatz auf, komplett mit gestohlenen Toren und Plakaten mit der Aufschrift "6:0, aber egal. Jeder macht sich mal in die Hose".
Neben dem Gegenständeverschleppen gehören auch klassische Streiche dazu: Geschäftsschilder werden vertauscht, Türklinken mit Zahnpasta eingerieben, Türen mit Holz oder Wied verbarrikadiert. Der oberösterreichische Brauchtumskalender beschreibt es als "Zeit des Unfugs und der Rüge, in der zur Ordnung gemahnt wird". Ursprünglich hatte das also eine soziale Kontrollfunktion - wer seine Sachen nicht ordentlich wegräumte, wurde durch den nächtlichen "Umzug" seiner Habseligkeiten daran erinnert.
Ähnliche Unruhnächte gibt es auch zu anderen Zeiten: Die Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai ist die bekannteste, aber auch die Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag wird in manchen Gegenden genutzt. In Obertraun beispielsweise praktiziert man das sogenannte "Oaradln". Die bayerische Tradition kennt sogar noch mehr solcher Nächte - vor Allerheiligen, zwischen Weihnachten und Dreikönig, oder am Silvesterabend.
Heute gibt es allerdings ein großes Problem: Was früher harmloser Schabernack war, artet manchmal in echten Vandalismus aus. Autos werden auf Ziegelsteine aufgebockt, nachdem die Reifen abmontiert wurden, Ortstafeln werden gestohlen, Häuser beschädigt. Die Lichtenberger Bürgermeisterin Daniela Durstberger brachte es auf den Punkt: "Das ist sicher Sachbeschädigung, das hat mit Brauchtum grundsätzlich nichts mehr zu tun". Rechtlich ist die Sache eindeutig - während das traditionelle Verstecken von Gegenständen meist nicht strafbar ist, wenn sie wiedergefunden werden, gelten Sachbeschädigungen auch bei Brauchtum nicht als Kavaliersdelikt.
Interessant ist auch die regionale Vielfalt: In der Steiermark stellen ledige Frauen einen "Pfingstlotter" (eine Strohpuppe) vor die Tür bekommen, als Hinweis darauf, dass es Zeit zum Heiraten wäre. In manchen Gegenden werden auch Liebesbeweise praktiziert - verliebte Burschen schmücken die Häuser ihrer Angebeteten mit frischen Birkenzweigen.
Die Tradition wurzelt tief in der europäischen Volkskultur. Die Kelten feierten um diese Zeit ihr Frühlingsfest "Beltane", und seit dem Mittelalter vermischen sich verschiedene Rituale. Was als soziale Kontrolle und gemeinschaftlicher Schabernack begann, ist heute ein Spagat zwischen Brauchtumserhaltung und modernem Rechtsbewusstsein geworden.
Korrekt, tolle Antwort. Ja bei uns gehen Jugendliche umher und nehmen Dinge (z.B. Gartenmöbel,...) mit und platzieren sie meist bei der Kirche.
Vandalismus hat es bei uns glücklicherweise schon lange nicht mehr gegeben.
Nie gehört bisher, aber ich nehme an sowas nicht teil, da ich arbeiten muss.