Kann mein Chef mich zwingen nach einem Streit nach Hause zu gehen?

2 Antworten

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Einerseits:

Der Arbeitgeber kann zwar als Hausherr und Inhaber des Hausrechts Dich von Deinem Arbeitsplatz verweisen. Aber das hat Konsequenzen für ihn:

Denn andererseits:

Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, Dich für die vertraglich vereinbarten (oder üblicherweise oder nach Dienstplan zu leistenden) Arbeitsstunden zu beschäftigen und zu bezahlen. Beschäftigt der Arbeitgeber Dich aber nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann, z.B. weil es keine Arbeit gibt oder der Betrieb auf Anordnung geschlossen werden muss, oder ob er nicht will, wie in Deinem Fall) -, fallen die Konsequenzen aus der Nicht-Beschäftigung ihm zur Last.

Grundlage hierfür ist das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Also:

Wenn Dein Arbeitgeber Deine Arbeitskraft nicht annehmen (Dich also nicht beschäftigen) will, verstößt er in eklatanter Weise gegen seine Vertragspflichten; er muss Dich dann trotzdem so bezahlen, als würdest Du normal weiterarbeiten.

Du musst die tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden auch nicht nacharbeiten oder mit eigenen Ansprüchen (Entgelt, Überstunden, Urlaub) verrechnen lassen.

Strenggenommen ist aber Voraussetzung (eigentlich), dass Du diesen Zustand (dass der Arbeitgeber Dich wegen der verordneten oder selbst entschiedenen Schließung des Betriebs nicht beschäftigt) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmst, sondern Deine Arbeitskraft auch anbietest (obwohl auch das nicht immer zwingend erforderlich ist)!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug" in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot".

Diese Voraussetzung hast Du laut Deiner Aussagen "Dies wollte ich aber nicht, sondern wollte weiter meiner Arbeit nachgehen." erfüllt!

Ob Du Dich mit Deinem "guten Recht" in der konkreten Situation gegen den Arbeitgeber - eventuell auch streitig - aber behaupten kannst oder willst, kann ich nicht beurteilen; "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

Selbstverständlich kann er.

Er kann Dich auch achtkantig rauswerfen, ein Grund lässt sich finden.

Familiengerd  18.02.2021, 22:13

"Können" kann ein Arbeitgeber sehr viel, "dürfen" darf er zum Glück sehr viel weniger!

Selbstverständlich kann er.

Er muss den Arbeitnehmer dann aber trotzdem ganz normal bezahlen!

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beamer05  18.02.2021, 22:28
@Familiengerd

Wenn ein nachvollziehbarer Grund existiert* (muss ggf. auch fürs Arbeitsgericht "nachvollziebar" sein), kann auch eine fristlose Kündigung ohne Fortführung von Gehaltszahlung zulässig sein.

*z.B. massive Beleidigung, Bedrohung, Tätlichkeit, Diebstahl etc.

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Familiengerd  18.02.2021, 22:55
@beamer05

"Heftiger Streit" hört sich - zunächst einmal - nicht danach an, als würde das einen Grund für eine fristlose oder auch nur ordentliche Kündigung hergeben; denn wir wissen überhaupt nichts Konkretes.

Eine fristlose Kündigung ist ja auch nicht ausgesprochen worden, so dass der Arbeitgeber trotz Verweises vom Arbeitsplatz zur Bezahlung der (nicht geleisteten) Stunden verpflichtet ist!

Siehe dazu meine eigene Antwort.

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