Ist genau definiert, was man in der Quantenmechanik unter Messung versteht?
Ich wiederhole gerade ein wenig Quantenmechanik, da ich eine Vorlesung über Quantencomputing belegt habe: dabei tauchen Fragen auf, die ich mir in meinem Studium (wo ich einfach durch musste) nicht gestellt habe, nun aber ziemlich vordergründig erscheinen.
Eine davon ist das ur-alte Thema "Messung" bzw. "Kollaps des Zustandes": Ich habe das NIE in der Tiefe verstanden...Das Thema Messung wurde in meinem Studium irgendwo zwischen den Zeilen stillschweigend hineingeschummelt, ohne je darüber zu reden, was darunter zu verstehen sei (ich denke sogar, dass Fragen dazu dem damaligen Professor unangenehm waren, denn er wich immer aus, wenn das Thema angesprochen wurde).
Besteht nun eigentlich wissenschaftlicher Konsens darüber, was man in der Quantenmechanik unter "Messung" verstehen soll? Scheinbar wird ja postuliert, dass ein makroskopischer Messaparat A
- sich mit dem zu messenden Zustand Ψ auf wundersamerweise verschränkt, und
- daraufhin ein Kollaps des Zustandes auf einen Eigenzustand des Instruments + Messobjekt |Ai>|Ψi> stattfindet.
Letzterer wird oft auf Dekohärenz aufgrund Wechselwirkungen mit der Umgebung zurückgeführt, aber es könnte ja auch sein, dass makroskopische Objekte sich tatsächlich in einem Überlagerungszustand befinden. Aus der zeitlichen unitären Entwicklung eines Zustandes folgt keineswegs, dass es zu einem Kollaps kommen muss. Warum kommt es aber dazu? Gibt es dafür eine plausible Erklärung? Ich verstehe zumindest nicht, wie Dekohärenz das Thema zufriedenstellend erklären soll. Alle Erklärungen die ich bisher gefunden habe sind meiner Ansicht nach Zirkelschlüsse (auch in den Arbeiten von Zeh finde ich leider nicht die ultimative Erleuchtung).
Weiß jemand mehr? Bin für Litereturempfehlungen dankbar.
2 Antworten
Sehr gute Frage !
Obwohl (vor langer Zeit) QM auch einmal auf meinem Studienplan stand, kann ich selber leider kaum Antworten aus meiner eigenen Erfahrung liefern. Deshalb habe ich zuerst mal einfach bei Wikipedia nachgeschaut:
https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenmechanische_Messung
Meiner Meinung nach wird da das Problem recht gut umschrieben. Die eigentlichen "Messungen", die man in Quanten-Experimenten durchführt, unterscheiden sich allerdings, was das Äußerliche betrifft (Vorbereitung, Durchführung, Ablesen von Messergebnissen) kaum von der Praxis bei "klassischen" physikalischen Experimenten.
Ich würde es ebenfalls begrüßen, wenn hier auch noch jemand antworten würde, der selber Quanten-Experimente durchführt bzw. durchgeföhrt hat.
endgültige Antworten kann man sowieso nicht erwarten, denn dann wäre das vermutlich ein Nobelpreis. Mich wundert nur, dass auf diese Frage kaum wo eingegangen wird und man sich links und rechts daran vorbeizuschummeln versucht.
Sag bescheid wenn du darauf eine Antwort findest, daran wäre ich auch interessiert. Soweit mir bekannt ist der Konsens darüber, dass es keine scharfe Definition davon gibt bzw. der Mess- oder "Wechselwirkungsprozess" ein offenes Thema ist.
Das weiß sowieso niemand, denke ich. Es gib aber Denkansätze, vor allem Dekohärenz:
- https://www.math.tecnico.ulisboa.pt/~jnatar/nonarxivpapers/Zeh_1970.pdf
- https://arxiv.org/pdf/quant-ph/9506020
- https://arxiv.org/pdf/1404.2635
- https://arxiv.org/pdf/quant-ph/0306072
- https://arxiv.org/pdf/quant-ph/9908008
Ich hab die und einige andere versucht zu verstehen, bin aber am komplexen Thema meist intellektuell gescheitert. Alle diese Papers verlieren sich irgendwo im Formalismus der Dichteoperatoren und lassen den Bezug zur eigentlichen Physik vermissen.
😅😅😅😅
Zeh schreibt zudem sehr prosa-lastig und sehr langatmig. Ich habe nirgends eine wirkliche Antwort gefunden.
Finde es interessant, dass man schon als Student lernt, wie man mit Messungen umzugehen hat, aber nicht gesagt bekommt, was man darunter versteht.