Ist Fahrrad selbst bauen günstiger als eines zu kaufen?

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Man benötigt einiges an Spezialwerkzeug, z.B. für alles rund um das Tretlager, nur mal als Beispiel, und zudem möglichst verschiedene Drehmomentschlüssel, einmal einen kleinen von ca. 2 bis 20 Nm für fast alle Schrauben und dann einen großen bis ca. 60 Nm, z. B. für die Kassette ("Zahnkranz"), das Innenlager und die Kurbelschrauben. Alleine das benötigte Werkzeug dürfte mindestens um die 200 Euro kosten, wenn man gar nichts davon hat.

Dazu sollte man Ahnung davon haben, sonst wird das nichts. Das gilt selbst dann, wenn man bestimmte Teile schon fertig kauft, z.B. komplette Laufräder, anstatt Naben, Speichen, Felgen und Felgenband einzeln.

Wer z.B. noch nie einen Umwerfer oder hydraulische Scheibenbremsen montiert hat, oder auch nur eine Schaltung komplett eingestellt hat, der probiert sicher eine ganze Zeit lang herum, bevor es passt.

Sparen dürfte man dabei obendrein gar nichts. Die Hersteller kompletter Fahrräder haben ganz andere Möglichkeiten:

Erstens kaufen sie Teile in Mengen ein, die ihnen viel günstigere Preise einräumen als ein Privatkunde, der so was im Radladen einzeln kauft.

Zweitens verwenden fast alle Hersteller auch eigene "markenlose" Komponenten, z.B. Sattelstützen, Lenker, etc. die sie entweder selbst herstellen oder die nur für sie produziert werden und im Laden nicht zu kaufen sind. Diese Teile sind natürlich viel billiger, als wenn man alles von Markenherstellern kaufen muss.

Weitere Beispiele:

Ein Fahrradhersteller verwendet eigene "No-Name" Billigspeichen, aber im Laden einzeln zu kaufen gibt es nur gute Markenspeichen, z.B. die "DT Swiss", die natürlich viel mehr kosten.

Ein Fahrradhersteller verwendet ein billiges "No Name" Felgenband, im Laden kann man aber einzeln nur Markenprodukte von Schwalbe oder Continental kaufen.

usw, usw ...

Wer einfach nur ein Fahrrad kaufen möchte, der kann auch hier und da Kompromisse eingehen und mit No-Name Teilen am Rad gut leben.

Wer ein bis auf die letzte Schraube nach Wunsch zusammen gestelltes Fahrrad haben will, der ist in der Regel bereit, auch ordentlich dafür zu bezahlen und für solche Leute gibt es genug Anbieter, die Räder komplett nach Wunsch zusammen bauen. (Bei solchen Rädern landet man dann allerdings in der Regel bei deutlich über 2.000 Euro - Preis nach oben offen. Ein 500 Euro Rad baut niemand nach Wunsch zusammen.)

An die sollte man sich in diesen Fällen wenden - vom eigenen Zusammenbau würde ich fast immer abraten, wenn nicht schon Fachwissen/Ahnung vorhanden ist und das ganze auch als Hobby betrachtet wird.

verreisterNutzer  17.07.2018, 21:26

Das ist eine Ausführliche Antwort :-) Ich habe mir erst kürzlich nach langer Fahrrad-Abstinenz ein E-Trekking-Rad gekauft (Haibike SDURO Trekking 9.0). Jetzt fiel mir auf, dass ich eigentlich auch gerne ein Mountain Bike hätte als Zweitfahrrad. Dafür sind mir dann ein vierstelliger Betrag dann doch zu teuer. Daher rührte die Frage, ich habe mich gefragt ob ich ein qualitativ hochwertiges Rad beispielsweise für 1000€ statt 1500€ zusammenschrauben kann. Das hast du einleuchtend dementiert.

Ich denke dann werde ich verzichten. Ich hatte schon bei Youtube Leute gesehen, die eigene Fahrräder zusammenbauen. Ich vermute diese machen das dann einfach wegen dem persönlichen Touch und dem Spaß an der Freude.

Es gibt ja Fahrrad-Reise-Anbieter, die Fahrräder übers Wochenende verleihen. Das könnte ich mir dann vorstellen, wenn ich mal über einen Berg radeln mag.

Vielen lieben Dank für deine Antwort, war sehr erleuchtend! :-)

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Es lohnt sich finanziell nicht. Ich habe das mal durchgerechnet für mein MTB. Ich lag da alleine für die einzelnen Komponenten einige Hundert Euro über dem Preis für das Komplettrad. Die Hersteller bekommen nunmal Mengenrabatt. Kleinzeug wie Spacer oder Fett habe ich da auch noch nicht einberechnet.

An sich wäre es aber mit ein klein wenig Know-How kein allzu großer Aufwand. Anleitungen, auch in Videoform, gibt es zu eigentlich allem. Beim Kauf der Komponenten müsste man sich bei manchen wegen Kompatibilität einlesen, aber eigentlich alles machbar, v. a. mit Recherche in den spezifischen Foren.

Ein größeres Problem wäre das ganze Werkzeug (Kettenpeitsche, Drehmomentschlüssel, Kassettenabzieher, Tretlagerwerkzeug...), das die meisten Menschen nicht haben, wenn sie nicht gerade Hobbyschrauber wären. Wenn du dir die Werkzeuge noch kaufen musst, rechnet sich das Ganze finanziell erst recht nicht mehr.

Nein. Bei Firmen wie Rose zahlst du eigentlich nur Rahmen, Schaltgruppe und Bremsen. Vielleicht noch Gabel, aber das Finishing Kit und die Laufräder werden nicht eingerechnet. Beim Aufbau musst du jedes einzelne Teil bezahlen.

verreisterNutzer  17.07.2018, 21:27

Ja schade. Fahrräder sind wohl doch keine PCs :)

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MinecraftBeste  18.07.2018, 11:05

Ich kann für dich mal ein Endurance Rennrad durchrechnen und als Referenz das Endurace AL 7.0 von Canyon (regulär 1.099€, im Moment 999€ im Sale) nehmen
Rahmenset: PlanetX RT-58 V2; 112€ ohne Versand
Gruppe: Shimano 105 5800; 479€ ...
Laufräder: Mavic Aksium; 140€ ...
Reifen: 2x Conti Grand Prix; 40€ ...
Sattel: Selle Italia X1; 15€ ...
Sattelstütze: Ritchey Comp 2-Bolt; 30€ ...
Lenker: Ritchey Comp Logic Curve; 27€ ...
Vorbau: Ritchey Comp 4 Axis; 27€ ...
Lenkerband: Zipp CX Bar Tape; 16€ ...
Steuersatz: FSA C40; 55€ ...
Pedale: Shimano 105 5800; 72€ ...
Gesamt: 1.013€
Der Rahmen hat garantiert nicht die gleiche Qualität wie der Endurace und ich habe mit günstigen Teilen gerechnet. Angenommen ich hätte anstatt mit Ritchey Comp mit Zipp Service Course SL und anständigen Laufrädern gerechnet wären wir bei ca. 1.600€.

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gerade bei E-Bikes würde ich mir das nicht zutrauen. Mir fehlt einfach das Wissen & auch das Werkzeug.

Natürlich ärgere ich mich auch über schlechte Schweißnähte selbst am teuren E-Bike & einlackierte Schweißspritzer

Die Rohrahmen kommen meist aus Taiwan. Lackierungen sollten nur mit Atemschutz vorgenommen werden in speziellen Kabinen

Wenn man gebrauchte Teile kauft und mit der Auswahl flexibel ist, mag das gehen.

Bei Neuteilen kommst du mit dem, was der Fahrradhersteller als Großkunde bezahlt, definitiv nicht mit.