Grammatik: eine/r Sache wert sein: Akkusativ oder Genitiv?

(Aus dem Duden) - (Deutsch, Grammatik, fall)

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Es besteht ein gewisser Bedeutungsunterschied zw. dem Genitiv- und dem Akkusativgebrauch bei „wert“ - bzw. sollte nach heutigem Sprachverständnis dieser Unterschied auch beachtet werden :

  • Genitiv , wenn's es um den Wert als Würde geht, z.B. Ich bin deiner nicht wert.
  • Akkusativ; wenn’s um einen sozusagen „kommerziellen“ Wert geht, wenn etwas bzw. nichts dabei herausschaut, wenn man etwas bzw. nichts davon hat, wenn es sich (nicht) lohnt.
    Letzteres ist in unserem Alltag das Häufigere, daher ist es also mit ein Grund, weshalb der Genitiv seltener und folglich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage auch sprachlich als höherwertig angesehen wird, aus eben diesem Grund mitunter jedoch dann wieder (fälschlich) eingesetzt wird, wenn tatsächlich das prosaische Sich-Lohnen gemeint ist und der "prosaische" Akkusativ angebracht wäre.

Aber ist’s nicht rührend, dass der beinah ausgestorbene Genitiv bei strebsamen Sprechern und Schreibern fröhliche Urständ feiert - selbst dort, wo er nicht am Platz ist (vgl. seine vermehrte Verwendung bei diversen Präpositionen wie nahe, entgegen, gemäß, entsprechend; gesiegt hat er ja längst bei trotz)?

p.s. Ein ähnliches Verhältnis wie zw. Genitiv und Akkusativ in deiner Frage besteht da übrigens z.B. zw. den beiden Pluralformen Worte und Wörter:
Die ältere Form war Worte, die durch die modische Neubildung Wörter (analog zu Lämmer, Häuser, aber auch zur anderen Neubildung Männer...) zunächst fast ganz verdrängt wurde und darauf als die seltenere Form höherwertig und deshalb auch mit einem edleren Inhalt ("zusammenhängender Text") versehen wurde.
Heute aber fällt auf, dass so mancher wieder auf “Worte“ zurückgreift, wenn er eigentlich von einzelnen "Wörtern" spricht, die ja im Alltag weit öfter zur Sprache kommen als die (großen) Worte bedeutender Persönlichkeiten wie etwa Jesu "sieben letzten Worte".

Man benutzt eigentlich da den Genitiv, geht natürlich auch mit Akkusativ

jlemonde 
Fragesteller
 28.12.2014, 08:28

Das ist "seiner" (Genitiv) nicht wert, wäre dann auch richtig, neben "das ist es nicht wert"?

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Das ist nur historisch zu erklären. In früheren Jahrhunderten hat man viele Redewendungen direkt aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen. Dort ist der Genitiv erheblich mehr beliebt. Im Laufe der Zeit hat sich dann im Umgangsdeutsch der zielende Fall (Akkusativ) breit gemacht. Teilweise existieren die Formen noch nebeneinander und werden je nach Bildungsgrad verwendet. Das ist bei "wert sein" der Fall.

Bei "vergessen" allerdings wird z.B. nur noch der Akkusativ verwendet. Aber gerade hier können wir den historischen Zusammenhang in der Blume "Vergissmeinnicht" erkennen. "mein" ist eigenluch "meiner", der Genitiv von "ich" (hat nichts direkt mit dem Possessivum "mein" zu tun).
Früher sagte man: vergiss meiner nicht!
Heute sagt man: vergiss mich nicht!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Unterricht - ohne Schulbetrieb