Fragen versus hinterfragen?

2 Antworten

Das eigentliche Thema hinter deiner Frage ist, glaube ich, gar nicht primär die Wortwahl „Fragen“ oder „Hinterfragen“, sondern etwas Tieferes: Warum geht dein Bekannter bei einer simplen Nachfrage schon in den Verteidigungsmodus?

Wenn jemand reines Interesse oder Informationsbedarf sofort als „Kritik“ empfindet, dann zeigt das oft nicht ein Kommunikationsproblem, sondern ein inneres Thema bei ihm.

Vielleicht Unsicherheit, vielleicht frühere Erfahrungen, wo Fragen als Angriff erlebt wurden, vielleicht ein Stolz- oder Selbstwertthema („Wenn man mich hinterfragt, heißt das, ich bin nicht gut genug“).

Genau deshalb ist es so wichtig, selbst nicht reaktiv zu werden – denn wenn du das erkennst, verstehst du: Es hat gar nichts mit dir zu tun. Du schreibst ihr "kollidiert", ja weil es dich auf einer Ebene verletzt - aber sieh es so, dass es nicht an dir liegt, nicht auf rechthaberischer Weise, sondern in einer mitfühlenden, dein Bekannter hat ein Problem, nicht du - vorausgesetzt dass dein Nachfragen auch in normalem freundlichen Ton ist zu einem angemessenen Thema.

Und dann kannst du – statt selbst in Abwehr oder Verletztheit zu gehen – einfach ruhig bleiben und sagen:

Und gerade deshalb braucht es hier nicht noch schärfere Rhetorik – sondern das genaue Gegenteil:

Präsenz, Liebe, Annahme, Offenheit.

„Mir geht es wirklich nur darum, zu verstehen – nicht darum, dich zu kritisieren.“

Diese Haltung, die nicht angreift, sondern annimmt, entzieht dem ganzen Drama die Energie.

Denn wenn du spürst: Das ist ein Schutzreflex des anderen, nicht meine Schuld – dann hilft das auch dir selbst, nicht mit deinem eigenen Ego zu reagieren.

Man könnte sagen:

Verstehen wollen – ohne Recht haben zu müssen.

Dasein – ohne Angriffsenergie.

Fragen – aus Liebe, nicht aus Angst.

Und wenn du in dieser Haltung bleibst, zeigst du dem anderen durch dein Sein, dass keine Gefahr besteht.

Manchmal löst das beim Gegenüber sogar sanft etwas auf, weil er merkt, dass sein alter Schutzmechanismus hier gar nicht gebraucht wird.

Wahre Kommunikation entsteht, wenn einer aufhört, das Pingpong-Spiel zu spielen.


LieschenM473 
Beitragsersteller
 25.04.2025, 17:57

Ich verstehe sehr gut, was du meinst, und finde diese Perspektive wunderbar, wertschätzend, liebevoll und respektvoll. Danke für deinen Blick und danke für die lange Antwort.

bablbrabl123  25.04.2025, 18:40
@LieschenM473

Gerne. Und wenn man noch etwas tiefer gehen möchte – an die eigentliche Essenz – dann ist es genau das:

Präsenz, Liebe, Annahme, Offenheit.

Das sind keine bloßen „soften“ Begriffe, sondern der Ausdruck eines inneren Zustands, den man auch als geistige Präsenz oder eben als Zustand der Liebe bezeichnen kann.

Ich glaube, das ist unser ursprünglicher Urzustand – das, was uns eigentlich zutiefst entspricht, aber was im Alltag, im Ego-Denken, in Angst- und Verteidigungsmustern oft verloren geht.

Genau deshalb versuche ich, Konflikte und Missverständnisse immer aus diesem Blickwinkel zu betrachten:

Nicht als Kampf um „Recht haben“ oder „Durchsetzen“, sondern als Einladung, den anderen (und auch mich selbst) wieder zurück zu dieser Verbundenheit zu führen.

In Präsenz. In Annahme. In liebevollem Sehen.

Diese Haltung ist NIE falsch. Denn es ist die eigentliche Wahrheit unser echtes Sein. Wenn der Andere immer noch negativ darauf reagiert, kannst du beruhigt sagen, es liegt nicht an dir und du kannst für den anderen mitfühlend sein, weil er sich von sich selbst eben entfernt hat.

Nicht belehrend. Nicht überheblich. Einfach da – ohne Angriff, ohne Verteidigung.

Denn das Ego lebt vom Trennen, vom Bewerten, vom Gegenüberstellen.

Der Zustand des Seins aber verbindet – gerade auch dann, wenn der andere in Abwehr oder Angst reagiert.

Vielleicht konnte dieser Gedanke deinen Blick noch ein Stück weiten oder dich inspirieren.

Danke dir für die Offenheit, das Thema so ehrlich anzusprechen. 

Eine Frage zu stellen ist ein Akt des Zeigens von Interesse. Eine Information, die man gerne wissen möchte.

Hinterfragen bedeutet, dass eine Annahme oder eine Schlussfolgerung analysiert wird.

Z.b.:

Wie kam es zu dieser Konklusion?