Formeller und materieller Rechtsstaat?
Woran besteht der Unterschied zwischen den beiden Begriffen? 1000 Texte bisher gelesen und immer noch nicht gecheckt. Die einzige etwas verständliche Erklärung, die ich bisher gelesen haben ist diese über fromelles Recht und materrieles:
formell: Rechte, die mit vorgesehenem Verfahren durchgesetzt werden (Legislative setzt Gesetz, rechtsgültig für alle; Judikative prüft, ob verfassungsmäßig)
materiell: Gewohnheitsrecht, inhaltlich an Grundrechte gebunden (z.B. Feiertag nach Karneval, nicht gesetzlich); Naturrecht (vorstaatliches Recht): gibt Mindeststandard in zivilem Staat an; überschneidet sich mit inhaltlich unantastbaren Grundrechten.
Materielles Recht ist also das "vernünftige" Recht, an das sich die Gesetzgeber halten müssen, damit sie keine "unvernünftige" Gesetze erlassen?
2 Antworten
Ich habe mich nie mit Rechtsphilosophie beschäftigt. Aber wenn man für den materiellen Rechtsstaatsbegriff auf Grundrechte abstellt, dann erklärt sich mir der Unterschied nicht. Grundrechte sind im Grundgesetz verankert und allseits verbindliches Recht. Grundrechte haben mit der Verfassungsbeschwerde sogar ein eigenes Verfahren und wären daher problemlos unter die von dir gegebene Definition des formellen Rechtsstaats subsumierbar.
Wikipedia führt als Erklärung für den materiellen Rechtsstaatsbegriff an, dass dieser die Bindung "der Staatsgewalt an " überpositives Recht durch Grundrechte und an den Grundsatz des Übermaßverbots, mithin den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz." Grundrechte sind genauso wie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verschriftlicht und Bestandteil der Rechtsordnung. Dass Grundrechte eine naturrechtliche Grundlage haben, mag durchaus sein. Allerdings kann eine moralische Grundlage kaum als Abgrenzungskriterium taugen, denn praktisch jede Norm kann man als Ergebnis einer Abwägung davon interpretieren, was der Gesetzgeber für gerecht hält.
Ein materieller Rechtsstaat ist meiner Meinung nach hauptsächlich mit materieller Gerechtigkeit in Verbindung zu bringen. Es ist nicht ausreichend, dass ein Fall ausschließlich nach den Gesetzen entschieden und damit "formelle" Gerechtigkeit hergestellt wird, sondern das Ergebnis muss am Ende stimmen.
Es bleibt dabei, dass der Begriff äußerst schwammig ist und kaum zutreffend ausgefüllt werden kann. Jedenfalls trägt das Grundrechte Argument nicht.
ganz grob gesagt ja, die Beschreibung stimmt