Dolchstoßlegende - Ist das Zitat auf dem Plakat der DNVP von 1924 echt?
Liebes Gute-Frage-Team: Ich bitte euch, diese Frage nicht wieder zu löschen. Denn es sollte doch offensichtlich sein, dass das KEINE „Hausaufgabenfrage“ ist. Wie sollte man auch auf die Idee kommen, so etwas einem Schüler als Hausaufgabe aufzugeben??? Mit „google“ oder einem Geschichtsbuch aus dem Schulunterricht ist sie jedenfalls nicht zu beantworten.
Ich habe eine Frage, die die Dolchstoßlegende betrifft, die von den Rechten in der Weimarer Republik verbreitet wurde.
Es gibt dazu das berühmte Wahlplakat der DNVP aus dem Jahre 1924, auf dem ein Kommunist zu sehen ist, der einen deutschen Soldaten von hinten erdolcht. Darunter steht unter anderem folgendes Zitat:
„Wir haben unsere Leute, die an die Front gingen, zur Fahnenflucht veranlasst. Die Fahnenflüchtigen haben wir organisiert, mit falschen Papieren ausgestattet, mit Geld und unterschriftslosen Flugblättern versehen. Wir haben diese Leute nach allen Himmelsrichtungen, hauptsächlich wieder an die Front geschickt, damit sie die Frontsoldaten bearbeiten und die Front zermürben sollten. Diese haben die Soldaten bestimmt, überzulaufen, und so hat sich der Zerfall allmählich aber sicher vollzogen.“
Dies Zitat wird Albert Vater zugeschrieben, der Parteisekretär der Sozialdemokraten sei und das 1918 gesagt haben soll. Das allein ist schon irreführend, da er zu diesem Zeitpunkt bereits in der USPD war (oder nannte man deren Mitglieder auch „Sozialdemokraten“?).
Meine eigentliche Frage ist nun, ob er das wirklich gesagt hat oder ob das Zitat eine Erfindung der DNVP ist.
1 Antwort
Jemandem, der seit 1919 nicht mehr lebte und sich nicht wehren konnte, konnte man 1924 natürlich alles mögliche unterstellen. Und mit der Wahrheit hat es die dt. Rechte noch nie besonders genau genommen.
Es spielt aber objektiv keine Rolle, ob Vater so etwas gesagt hat, denn die Ursache für die Niederlage war nachweislich militärischer und wirtschaftlicher Natur. Bereits mit der verlorenen Marneschlacht von 1914 - also zu Beginn des Krieges, war klar, daß Deutschland den Krieg verlieren würde (Moltke nach der Schlacht zu Wilhelm II: "Majestät, wir haben den Krieg verloren!"). Nach der Marneschlacht war man gezwungen, in einen Stellungskrieg überzugehen, denn das Blitzkriegskonzept des Schlieffenplanes war damit gescheitert. Einen Stellungskrieg aber konnte Deutschland auf Dauer nicht gewinnen, da es deutlich weniger Ressourcen als die Entente mit ihren Kolonien hatte.
Fakt ist, der Zerfall der Front und die Auflösungserscheinungen sind auf die militärische/wirtschaftliche Übermacht der Entente zurückzuführen ("Schwarzer Tag des Deutschen Heeres"). Erst lange nachdem Ludendorff am 29. September Waffenstillstandsverhandlungen forderte, wurde die Revolution (ab Anfang November!) von den Soldaten/Matrosen in die Heimat getragen - und nicht umgekehrt.
Gut, dann noch mal ganz langsam zu Mitmeißeln: Wenn die Behauptung stimmen würde, müßte auch die Quelle nachvollziehbar sein. Ist sie aber offensichtlich nicht. Demnach dürfte es sich um nichts weiter als um eine unbewiesene Behauptung handeln - bei der deutschen Rechten keine Seltenheit. Falls Du anderes recherchieren könntest, wäre es Dir sicherlich bereits gelungen.
Und falls Du doch noch etwas finden solltest, laß es uns wissen.
Die Behauptungen von Rechtsaußen zum Ursprung dieses Zitats widersprechen sich zudem. Einmal habe es Vater nach der Revolution "gesagt", ein anderes Mal stand es angeblich in der "Täglichen Rundschau" vom 15.12.1918. Glaubwürdig geht anders. Aber zumindest die letztere Behauptung sollte sich ja überprüfen lassen.
Danke für die Geschichtsstunde. Aber eine Antwort auf meine Frage ist das nicht.