Denkt ihr man kann zu 100% sein authentisches Selbst sein?

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Dazu müsstest du ja erst einmal wissen, wer du zu 100% bist. Wer kennt sich schon vollständig selbst? Und wäre das nicht irgendwie langweilig, so begrenzt zu sein, dass man sich komplett kennt?

Was würde das überhaupt bedeuten? Dein Selbst entwickelt sich ja durch Erfahrung und Erkenntnis ständig weiter, ist mit 10, 20, 50 oder 80 Jahren ein anderes.

Man entdeckt ja auch immer wieder neue Seiten an sich, tut, denkt, sagt etwas, dass man von sich nicht erwartet hätte. Und teilweise dauert es Jahrzehnte, bis man seine wahren Bedürfnisse (aner-)kennenlernt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – B.Sc., M.A., M.Sc. & Doktorand

Ich denke, dass es schwierig ist, zu 100% das authentische Selbst zu sein, weil wir uns manchmal anders verhalten, je nachdem mit wem wir zusammen sind. 🤷🏻‍♂️

Zum Beispiel würden wir uns wahrscheinlich anders verhalten, wenn wir mit unseren Freunden zusammen sind, als wenn wir mit unseren Lehrern zusammen sind. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht uns selbst sein können. Es bedeutet einfach, dass wir uns an die Umstände anpassen. Es ist wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein und zu versuchen, echt zu sich selbst zu sein, in jeder Situation.

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Wenn das "Selbst" der underänderte Zustand der Persönlichkeit ist, nein. Äußere Einflüsse ändern die Persönlichkeit immer. Menschen orientieren sich immer an anderen Menschen. Ich spreche Deutsch, weil meine Eltern, als ich ein Kind war, Deutsch gesprochen haben. Es gibt nicht das eine unveränderliche "Selbst".

je nachdem mit welcher person wir es zu tun haben tritt ja immer eine leicht veränderte seite von uns zum vorschein.

Genauso ist es! Wenn eine gewisse Anpassungsfähigkeit zu Deinem Charakter gehört; ist es trotzdem authentisch.

Nicht authentisch ist, wenn Du überhaupt keine eigene Meinung hast und immer die Anderen nur bestätigst.

Denkt ihr man kann zu 100% sein authentisches Selbst sein?
je nachdem mit welcher person wir es zu tun haben tritt ja immer eine leicht veränderte seite von uns zum vorschein. woher soll man dann wissen ob man mit irgendwem wirklich „man selbst“ sein kann, was auch immer das bedeuten mag?

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Individualisierung ist ein aktiver Vorgang, der notwendigerweise die detaillierte Reflexion der eigenen Person, und hierdurch dessen, was man mit anderen gemein hat, und was nicht, bedeutet.

Außerdem bedeutet Individualisierung, dass man sich darüber bewusst wird, was, und wer man sein will, und nicht mehr sein will, also ein Projekt der Veränderungen, die man anstrebt.

Auf diese Weise, und durch erinnernden Abgleich mit eigenen Gedanken, Gefühlen und Handlungen, und den Bedingungen ihres Geschehens, synthetisieren wir einen Begriff vom Selbst.

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Paul Watzlawick differenzierte zwischen den Menschen, und den Beziehungen, die Menschen zueinander haben können. Demnach ist es nach Watzlawick möglich, dass die Menschen psychisch gesund sind, deren Beziehung zueinander aber pathologisch, bedingt durch deren besondere Bedingungen. Das bedeutet, dass ihre eröffnenden Aussagen zu relativieren sind : Es gibt in zwischenmenschlichen Beziehungen das, was nur zur Beziehung zählt, und zu keinem der Menschen, die diese Beziehungen pflegen.

Hierdurch ergibt sich ein viel größerer Raum möglicher Abwälzungen : Der Mensch muss sich nicht mit allem identifizieren, sondern kann, dem Projekt "Selbst" zuliebe, viel mehr Dinge ablegen.

3

Abstraktion ist zudem in einem sozialen Raum, der mit Zuschreibungen der Schuld, der Schlechtigkeit, der Widrigkeit, der Falschheit erfüllt ist, das Einzige, was dem Individuum die nötige Freiheit verschafft, sich weiter zu entwickeln.

Individuum sein, bedeutet daher auch, sich der Freiheitsmaße bewusst zu werden, die nötig sind, um ein einzigartiger Mensch zu werden.

Das heisst, die Überlegung, inwiefern man Individuum ist, und das eine darstellt, das andere aber nicht, ist nicht vollendet, solange man nicht auch überlegt, welche Fähigkeiten, Möglichkeiten, und Techniken der Selbstwerdung man kennt, und mit Erfolg anwendet.

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Identisch, authentisch, echt sein, bedeutet immer das hohe Maß der Übereinstimmung einer Sache mit einer zweiten.

Wenn wir uns aber mit dem Bereich der Möglichkeiten und Methoden auseinandersetzen, so wird diese Übereinstimmung zu einer indirekten, oder praktischen Koinzidenz : Wenn Sie an einem Tag in der Zukunft endlich ein völlig neuer Mensch sind, und zwar genau der, der sie immer schon sein wollten, aber nie gewesen sind, dann sind sie an diesem Tag, an dem sie mit ihrem früheren Selbst nicht mehr übereinstimmen, endlich sich selbst gegenüber treu geblieben, denn sie haben einen Zweck ihres eigenen, früheren Selbst erfüllt.

Das liest sich widersprüchlich, ist es aber nicht. Die Formen lapidarer Selbstvergleichungen, die andere an uns vornehmen, und mit Sätzen ausdrücken wie : "So kenne ich dich ja gar nicht ", oder "Was ist heute nur los mit dir, du bist wie ausgewechselt ?", sind Aussagen die nur zustande kommen können, weil irgendwer nicht genau weiss, was er mit uns anfangen soll, weil man uns anders kennt.

Aber derlei bedeutet nicht, dass wir nicht auch dann authentisch sind.

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Zwei Zahlen, deren Wert sich nie verändert, und die einfach sind und einfache Werte haben, sind leicht als "identisch" beurteilbar, wenn sie übereinstimmen. Bei so komplexen Verhalten, wie der menschlichen Identität, dem Charakter, und dem Selbst, ist das nicht so einfach.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – private Studien