Das Menschenbild der sozialen Marktwirtschaft?

2 Antworten

Wenn Du Dir den Beitrag "Soziale Marktwirtschaft" bei Wikipedia durchgelesen hast, weißt Du, dass es sich dabei um ein gemischt wirtschaftlich-gesellschaftliches Konzept handelt, das nur Rahmenannahmen setzt und ansonsten offen bleibt. Es sollte bewusst kein geschlossenes, in sich rundes System konstruiert werden, zumal die verschiedenen Theoretiker nicht in allem einer Meinung waren. Dieses Konzept ist eigentlich nur Wirtschaftstheoretikern bekannt.

Bedeutung bekam die Idee einer "Sozialen Marktwirtschaft" erst, als sich die Politik - erst mit Ludwig Erhard - später mit den Sozialdemokraten diesem Konzept grob mit durchaus unterschiedlichen Bewertungen angeschlossen haben. Das spätere politische Konzept, das auch heute immer wieder beschworen wird, umfasst den Erhalt privater Initiative und Verantwortung, einen Ausgleich für soziale Schieflagen und deren Korrektur hin zu einer Verbesserung der Chancenbasis, nicht eines Leistungsausgleichs, und eine öffentliche Verantwortung und politisches Management für öffentliche Güter und Aufgaben. Es wird auch anerkannt, dass der moderne Massenstaat nicht wirtschaftsneutral sein kann, sodass es als sinnvoll erachtet wurde, auch das ökonomisch-relevante Handeln des Staates aktiv in die Wirtschaftssteuerung einzubeziehen.

Es gibt kein festes Menschenbild sondern wie bei vielen ökonomischen Theorien ein relatives. Der einzelne Bürger kann über seine Bedürfnisse und Wahloptionen besser entscheiden als externe (meist staatliche) Stellen. Über Entscheidungen gemeinschaftlicher ökonomischer Fragen (z.B. öffentliche Güter) sollen alle Bürger gemeinschaftlich in demokratischen Wahlen entscheiden. (Was dabei meiner Meinung nach fehlt: Politische Parteien sollten vor der Wahl nichts versprechen dürfen, was sie hinterher nicht auch halten.) Ein Staat ist keine Versammlung von Heiligen und Engeln. Darum ist es eine wichtige Aufgabe des Staates, Fehlverhalten zu benennen und zu unterbinden, z.B. auch durch ein strenges Kartellrecht. Das sind so die Ideen.

Die Realität ist vom politischen Geschäft geprägt, von dennoch geflochtenen Seilschaften, von Machtbündnissen und dem Versuch, mit allen Mitteln sich und seiner Klientel Vorteile zu verschaffen. Es gibt nun mal kein System, das Fehlverhalten von Menschen ausschließen kann. Mit dem politisch zentral organisierten Europa außerhalb wirklicher demokratischer Kontrolle, mit dem nivellierenden EURO und den Vermögensverschiebungen ist meiner Meinung nach die Idee der "Sozialen Marktwirtschaft" endgültig gestorben. Jetzt entscheiden Politiker über Firmenkooperationen und Finanzierungsbegünstigung. Der Lobbyismus greift um sich, meist mit Altpolitikern als Profiteuren, die in ihrer aktiven Zeit die Ökonomie mit Vorschriften überzogen haben von deren Durchlöscherung sie jetzt gut leben.