Chilenisch oder Spanisch?

2 Antworten

Wichtig ist, dass du Spanisch lernst. Damit meine ich die allgemeine Grammatik, die in allen spanischsprachigen Ländern gültig ist. Schränke dich nicht selbst ein. Ab da kannst du als Zugabe obendrauf für deine Wunschvarietät chilenisches Spanisch ein paar Anpassungen vornehmen, die auch allgemeinsprachlich gültig sind:

  • du sprichst z und c vor e und i wie andalusisches /s/ (Zungenspitze unten) aus
  • du verwendest statt der 2. Person Plural (vosotros/vosotras) die Höflichkeitsform Plural (ustedes)

Das sind typisch lateinamerikanische Eigenheiten. Dennoch wäre es auch für die Rechtschreibung gut, z und c vor e und i auch wie kastilisches z (th-Laut /θ/) auszusprechen oder zumindest die Unterscheidung zu wissen, indem du Vokabeln beim Erlernen in beiden Varietäten aussprichst, auch wenn du dann nur /s/ verwendest: casa, caza, vos, voz ...

Und was Verben angeht, ist man es ja gewohnt, dass man die drei Personen jeweils im Singular und dann im Plural durchgeht: ser - soy, eres, es, somos, sois, son. Du könntest das jetzt ohne 2. Person Plural (sois) lernen. Aber das machen selbst die Chilenen nicht.

Die beschränken sich ja nur beim Reden auf ihre Varietät, kennen aber auch die anderen Sprachvarietäten und verstehen sie. Limitier dich deshalb hier nicht selbst. Zumal es im Norden Chiles und in einigen anderen Regionen Lateinamerikas eine Besonderheit Namens Voseo gibt. Die wird von vosotros (vos + otros) ausgehend gebildet. Also von der Form, die es ja eigentlich in Lateinamerika nicht gibt. In Chile lässt du nur das End-s weg: tú cantas - vos cantái (von vosotros cantáis).

Ansonsten klingt chilenisches Spanisch auch etwas andalusisch. Man verschluckt gerne die Endsilben. Das passiert, weil eben Konsonanten geschwächt werden und die verbleibenden Vokale verschmelzen. Es ist kein chilenisches Phänomen, sondern kommt aus dem Andalusischen und ist vor allem auch in der Karibik und auf den Kanaren anzutreffen.

Also: Grundlage sollte "Spanisch" sein. Das ist kein Spanisch aus Spanien, sondern eben die spanische Grammatik an sich. Die ist plurizentrisch. Es gibt kein Hochspanisch, nur gutes und schlechtes Spanisch. Von gutem Spanisch ausgehend kannst du dich leicht regional anpassen. Wenn du "nur" chilenisches Spanisch lernst, bekommst du Schwierigkeiten, wenn du - je nach Region - mit jemanden außerhalb Chiles sprichst. Chilenen haben da einen viel weiteren Horizont, auch wenn sie ihn nicht aktiv verwenden. Es gehört zum Spanisch dazu, dass man Kenntnisse über verschiedenste Sprachvarietäten verfügt. Das wäre auch Teil des fortgeschrittenen Spanischunterrichts (C1-C2) oder eben vor Ort Alltag.

Denn egal wo du bist gibt es überall Spanischsprecher aus den verschiedensten Ländern. Selbst in Chile bist du nicht unter Chilenen und wirst auch nicht nur chilenische Musik hören, chilenische Bücher lesen oder dir chilenische Serien auf Netflix ansehen, sondern aus dem gesamten spanischsprachigen Kulturraum. Und je nachdem, wo du in Chile bist, ist das chilenische Spanisch eben auch aus Argentinien oder von den Anden her beeinflusst.

Αm besten lernst Du es in Chile... Wir hatten auf der Uni eine chilenische Spanischlehrerin, von einem Akzent war da aber kaum etwas zu merken.