Beim lernen extrem aggressiv?

2 Antworten

Hallo,

ich kann mich EsterNele nur anschliessen: Nachhilfe von einem Nahestehendem zu bekommen kann schnell problematisch werden.

Gestaltet sich die Nachhilfe emotional problematisch, dann hat sich das "neutrale" Helfen im Fach (Mathe, Latein, was-auch-immer...) mit dem Persönlichen vermischt. Der oder die Lernende kann sich erniedrigt fühlen, minderwertig, gedemütigt.

Der Helfende geht auf Eiern, ist von Fettnäpfen umgeben, manchmal geradezu von einem Minenfeld. Bei dem kleinsten Schritt gibt es eine Explosion, egal wo man hintritt.  ;-)

Ich kann mich noch daran erinnern, dass mir mein Vater manchmal bei Mathe geholfen hat. Wenn dann mal eine wertende Bemerkung von ihm kam (Bsp: "Was, Bruchrechnen kannst du immer noch nicht??" oder sowas in der Art...), dann war ich schnell verletzt oder schämte mich wegen meiner "Dummheit".

Um das zu vermeiden habe ich lieber zwei Stunden alleine nachgedacht, um mir diese "Erniedrigung" zu ersparen. Wenn solche Bemerkungen auch meist nicht so gemeint sind, will man doch von dem Nahestehenden geliebt und respektiert werden, und das ist in einer Helfersituation nicht so leicht.

Nachhilfe mit einem fremden Menschen läuft da viel unproblematischer ab.

Während meines Studiums und danach habe ich oft Nachhilfe gegeben.

Die Erinnerung an die Situationen mit meinem Vater sind immer noch da und sie helfen mir, achtsam zu sein, respektvoll mit dem Lernenden umzugehen. Meine unangenehme Erfahrung war also nicht ganz umsonst. :-)

Zu deiner Frage, wie du deine heftigen Reaktionen in den Griff kriegen kannst, wenn dein Freund dir hilft:

du könnest versuchen herauszufinden, warum du so heftig reagierst. Fühlst du dich deinem Freund unterlegen? Hast du allgemein ein schwaches Selbstbewusstsein?

Wenn du darauf eine Antwort findest und dir dessen bewusst bist, was in dir in solchen Situationen abläuft, wird es vielleicht besser. Aber oft ist es so, dass selbst, wenn man weiss wo ein Problem herkommt, das Problem immer noch da ist. Das kann auch Jahre dauern bis es besser wird.

Gut wäre es, wenn ihr über eure Reaktionen kommunizieren könntet. Ihr könntet zusammen überlegen, ob das eure Beziehung gefährdet oder nicht. Vielleicht könnt ihr im Nachhinein sogar darüber lachen und eine Selbstironie entwickeln, die euch dann sogar näher bringt.

Ich würde darauf achten, dass die Beziehung nicht wegen sowas auseinandergeht, das wäre schade. Falls so ein Risiko besteht, würde ich mir von jemand anderem helfen lassen.

Gruss

Du siehst zwar ein, dass du Mathenachhilfe brauchst, aber innerlich wehrst du dich dagegen.

Weil es dir schwer fällt und du nicht die erwarteten Erfolge siehst (oder nicht schnell genug) ...
Weil du dich so einschätzt, dass du das sowieso nicht begreifst ...
Weil du dich durch die Schule und den Lehrer quasi genötigt siehst, etwas zu tun, was du eigentlich gar nicht willst ...
Weil du natürlich deinem Freund deine "tollen" Seiten zeigen willst und nicht, wie du dich bei einem eh ungeliebten Fach auch noch etwas schwerfällig anstellst ...

Tatsache ist: dass, was zwischen euch passiert, erleben viele Eltern, die ihren Kindern beim Lernen helfen wollen.

Wenn mir jemand emotional sehr nah ist, dann ist mir eine Situation, die ich nicht super beherrsche, immer peinlicher als gegenüber diesen Menschen als gegenüber einem Fremden.

Außerdem kann man nahestehende Personen wunderbar verletzen oder beleidigen, um den eigenen Frust rauszulassen. Denn letzten Endes kann dein Freund ja gar nichts dafür, dass dir Mathe schwerfällt.

Eine fremde Person kann deinen Frust viel leichter an sich abprallen lassen.

Ich habe meine beiden Nachhilfeschülerinnen auch schon mal nach 20 min statt nach 90 min verabschiedet, weil sie einfach Frust mit dem Freund hatten und gerade null Bock auf Mathe. Ich muss mir zwei gelangweilte Teenies mit pausenlos Smartphone in der Hand nicht antun.

Beim nächsten Mal haben wir das kurz geklärt, inzwischen kommen wir seit einem Jahr super und ganz sachlich miteinander aus.

Wenn du dir mal klarmachst, dass du ihm nicht imponieren musst (er weiß ja, dass du Hilfe brauchst) und er dir sogar entgegenkommt, dann kannst du vielleicht sachlicher mit der Situation umgehen.

Und denke auch mal daran - er könnte ja auch eher verständnislos reagieren ("wieso begreift er es und du nicht?") und bedauern, dass du wegen Mathe weniger Zeit hast für ihn.

Du hast also einen tollen und verständnisvollen Freund - also freu dich doch mal darüber ...

Und nimm mal die mentale Bremse raus, dass du das sowieso nicht begreifst ... das ist Quatsch. Und das Fach zu hassen, ist auch Quatsch und zudem noch hinderlich.

Sag dir immer, du begreifst das auch - du brauchst momentan nur etwas mehr Zeit.

Wird schon.

Alles Gute