Argumente für freien Willen?

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Das erwähnte „Gefühl frei zu sein“ kann als Argument für die Existenz eines freien Wilens verwendet werden. Ich nehme das Vorhandensein von Willensfreiheit an, solange kein eindeutiger stichhaltiger Gegenbeweis vorliegt. Eine zwingende Widerlegung der Existenz von Willensfreiheit ist aber bisher nicht erbracht worden. Zweifel ist in der Philosophie nicht ungewöhnlich, sie wird ja von ihm auch angetrieben. Dabei gehört es aber auch dazu, den Standpunkt des Determinismus anzuzweifeln, der die Existenz von Willensfreiheit verneint. Ich halte Willensfreiheit nicht für einen Trug (eine Illusion).

Willensfreiheit ist die Freiheit, selbstbestimmt eine Entscheidung über ein Handeln zu treffen. Dabei besteht eine echte Wahl, es gibt also mindestens eine Alternative. Ein freier Wille bedeutet nicht, ohne Gründe zu handeln, und ist mit dem Vorhandensein von Einflüssen verträglich, wenn diese ihn nicht auf notwendige Art bestimmen. Menschen haben ein inneres Erleben davon, was zumindest ein starkes Argument für die Existenz von Willensfreiheit ist, weil auch bei Vertretern eines Determinismus das subjektive Erleben nicht als durchschaute Täuschung verschwindet. Dies erzeugt eine intuitive Hinneigung zur Annahme, einen freien Willen zu haben.

Solange die Existenz eines freien Willens in dem angegebenen Sinn nicht eindeutig widerlegt ist, besteht kein durchschlagender Grund, die Auffassung aufzugeben, die große Bedeutung für unser Selbstverständnis hat.

Kausalität in der Welt bedingt nicht eine notwendige Bestimmung des Willens auf zwangsläufige Weise. Eine durchgehende Ursache-Wirkungs-Kette kann zwar überlegt werden, aber der Begriff und die Sache „Ursache“ sind nicht von vornherein auf Ursachen deterministischer Art (z. B Naturgesetzlichkeit) eingeschränkt. Auch Ursachen und Gründe, bei denen eine freie Wahl stattgfunden hat, sind denkbar.

Experimente der Hirnforschung (z. B. von Benjamin Libet und Nachfolgeexperimente z. B. von Patrick Haggard und Martin Eimer) führen nicht zu einer zwingenden Widerlegung der Existenz eines freien Willens. Verschiedene Deutungen sind möglich.

Benjamin Libet selbst hatte sogar ursprünglich angenommen, mit dem Experiment Willensfreiheit nachweisen zu können (die wenigstens implizite Annahme, mentale/geistige Willensakte seien ganz von physischen Dingen getrennt, lösten ganz von selbst Handlungen aus und es gehe im Gehirn nichts voraus, war wohl eine falsche Erwartung). Später hat er aus Messungen auf die Existenz einer Veto-Möglichkeit des Willens geschlossen (die geplante Handlung kann vor der Ausführung gestoppt werden). Damit vertritt er einen Indeterminismus.

Radikale Schlüsse von Deterministen (a) Der menschliche Wille und damit auch unser Handelns ist determiniert; b) Das Bewußtsein ist nur eine Begleiterscheinung (ein Epiphänomen) neurophysiologischer Prozesse und unsere Vorstellung, Willensfreiheit zu haben, eine täuschende Illusion, die vom Gehirn selbst erzeugt wird) sind nicht die einzige Deutungsmöglichkeit.

Das Bereitschaftspotential scheint vor einem Bewußtsein der Handlungsabsicht vorhanden zu sein, bei dem erst ein freies Wollen stattfinden könnte. Dies ist aber noch nicht mehr als eine gewisse Ausrichtung hin zu einer Handlung bzw. eine Vorbereitung. Ein Eingreifen eines kontrollierenden Subjekts ist nicht ausgeschlossen. Das Bereitschaftspotential allein ist noch keine völlige Festlegung (kein nicht mehr rückgängig machbarer Handlungsimpuls). Eine Innensicht durch das Bewußtsein kann erst durch Aufmerksamkeit auf etwas Vorausgegangenes entstehen. Wichtige Handlungen, die für den Gebrauch von Willensfreiheit typischer sind als eine Hand- oder Fingerbewegung ohne weitergehende Bedeutung, haben oft eine deutlich längere Zeit des Überlegens und anfänglichen Schwankens. Welche neuronalen Vorgänge in welcher Art eventuell Entsprechungen zu mentalen (geistigen) Vorgängen sein könnten, ist ein kompliziertes Problem und auf keinen Fall schon restlos geklärt. Die Messungen suchen möglicherweise Willensfreiheit dort, wo sie weder nachzuweisen noch zu widerlegen ist.

Als Grundhandlung des Denkens kann ein unterscheidendes Erfassen (das als solches ohne weitere Vorgänge nicht direkt als neuronale Aktivität identifiziert und gemessen werden kann), verstanden werden, nicht die Vergegenwärtigung in bewußten Vorstellungen. Wollen ist ins Handeln übergehendes Denken. Ein Gedanke kann formal grundsätzlich stets bejahend oder verneinend (eine einfache Unterscheidung) sein (A oder Nicht-A als Alternative). Daher kann auch eine Entscheidung getroffen werden, eine Handlung durchzuführen oder nicht. Ein Subjekt mit seinem Bewußtsein hat grundsätzlich bei Entscheidungen eine Kontrollmöglichkeit, nein zu sagen.

Die Vernunft kann eine Leitung ausüben. So etwas kann nur selbstbestimmt stattfinden. Eine Einsicht in die Sache und eigene Urteilskriterien haben Bedeutung. Menschen haben Anteil an der intelligiblen Welt. Geist hat die Eigenschaft, nur in der Ausrichtung auf geistig Einleuchtendes bei sich selbst zu sein.

Beim Willen und dem Bewußtsein, zu dem er gehört, tritt das höchst schwierige und nicht restlos geklärte Leib-Seele-Problem auf. Wie ist das Verhältnis von Geist und Materie? Können mentale Zustände völlig auf materielle Zustände zurückgeführt werden? Eine Verbundenheit des Bewußtseins mit dem Nervensystem und dem Gehirn, die Grundlage für es sind, erscheint mir plausibel. Daraus ergibt sich aber noch nicht, geistig-seelische Vorgänge ganz auf physische Vorgänge reduzieren und sie mit den naturwissenschaftlichen Methoden, die angewendet werden, vollständig erfassen zu können. Eine Komplexität könnte Auswirkungen haben. Vielleicht ist Selbstreferentialität in neuronalen Netzen Grundlage für eine Selbstbestimmung.

Der Philosoph Peter Hacker und der Neurobiologe Maxwell Bennet haben in dem Buch „Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften“ methodische Kritik an Vorannahmen und begrifflichen Grundlagen im Bereich der Hirnforschung geübt. Zum kritisierten Vorgehen gehört, eine Darstellung des Gehirns oder Teile von ihm wie ein handelndes Subjekt zu geben, das (statt der Person insgesamt) Träger von Wahrnehmungen, Denken, Fühlen und Entscheidungen ist, also weit mehr als Ort des Geschehens. Dies bezeichnen sie als mereologische Fehlschlüsse (falsche Schlüsse vom Teil auf das Ganze).

Ich kann nur meine erfahrungen mit mir selbst schildern. ich entscheide mich zb für dinge die ich gewohnt bin größten teils mache ich diese dinge sogar ganz automatisch also ist mein wille abhängig von meinem umfeld in dem ich aufgewachsen bin. andere völker leben anders und entscheiden sich anders. wenn ich nun aber vor einer entscheidung stehe dann hab ich doch meistens nur 2 möglichkeiten zur auswahl aber ich bin mir sicher das die vielfallt der möglichkeiten was ich tun könnte sehr viel größer sein könnte dann hindern mich ängste dinge zu tun also meine gefühle schrenken mich in meiner entscheidung ein das sind ja schon so einige einschrenkungen wegen denen ich denke das es wenn man es freier wille nennt nicht giebt sondern höchstens die entscheidung

Ich werde so kurz sein wie Albrecht lang war. Argumente GEGEN den freien Willen gibt es seit längerer Zeit, es scheint aber so, dass die Befürworter des freien Willens nicht frei genug sind, das einzusehen.

Von Goethe stammt der lapidare Satz:

"Wer muss, der will!"

Seid so frei, darüber nachzudenken!

Navid82  16.03.2013, 20:42

Ich hätte mir eine lange Antwort gewünscht, denn ich hab keine Ahnung, was für einen freien Willen sprechen soll. "Das Gefühl frei zu sein kann als Argument verwendet werden"? Soll das ein Witz sein? Gibt es ein ernsthaftes Argument für den freien Willen? Denn ich kann mir einen freien Willen nicht vorstellen. Würde das nicht bedeuten, dass ich im Moment der Entscheidung, mir aller meiner Prägungen bewusst bin, diese zur Seite schiebe und dann praktisch "leer" eine Entscheidung treffe? Irgendwie hat man hier wieder den Eindruck, dass man, solange man den Weihnachtsmann nicht wiederlegt hat, davon ausgehen muss, dass es ihn gibt.

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Albrecht686  08.12.2023, 10:11

Das ist mein neuer Account und ich würde diese Diskussion gerne in einem Faustkampf austragen. Wir treffen uns in 2 Monaten bei diesen Koordinaten 71°10'37"N 42°40'01"W.

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Du hast einen freien Willen, d.h. du kannst tun, was du willst und was in deinen Möglichkeiten steht. Ob sich das immer mit den jeweils herrschenden Gesetzen vereinbaren lässt, ist eine andere Frage.

Du kannst auch sagen,was du willst. Spätestens dann, wenn es irgend jemandem nicht passt, was du sagst, wirst du in deine Grenzen verwiesen. Das kannst du umgehen, wenn du dich der Meinung der großen Masse oder den Vorgaben derer, die in deinem Land das Sagen haben, anschließt und unterordnest.

Dein Wille an sich ist immer frei. Inwiefern er Veränderungen bewirken kann, steht auf einem anderen Blatt, denn dein freier Wille existiert unabhängig vom Willen des Systems, in dem du lebst.

Ja. Der freie Wille ist die Regel, nicht die Ausnahme. Z.B. das Zerfallsgesetz, welches ein Naturgesetz ist: Die Hälfte de Atome einer Probe müssen in einer Halbwertszeit zerfallen, doch niemand weiß, wann ein bestimmtes Atom aus der Probe zerfallen wird! Ob nun der Zufall, Gott oder das Atom selber festlegt, wann der Zerfall stattfinden wird, ist für die Fragestellung irrelevant. Fest steht, dass es eiinen freien Willent gibt, der den Zeitpunkt des Kernzerfalls bestimmt. Da auch Lebewesen wie Menschen den Naturgesetzen gehorchen müssen, existiert auch hier der freie Wille.

Navid82  16.03.2013, 20:45

Die Hälfte de Atome einer Probe müssen in einer Halbwertszeit zerfallen, doch niemand weiß, wann ein bestimmtes Atom aus der Probe zerfallen wird!

Liegt das nicht einfach daran, dass man noch nicht weiß, wie man das berechnen soll?

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