An die Schach-Profis: Wie schafft ihr es, die Strategie des Gegners zu durchschauen und den richtigen Zug zu setzen?

2 Antworten

Es gibt zig Strategien beim Schach und es wird immer welche geben, die bestimmte Eröffnungen besser spielen können. Wenn man Glück hat spielt der Gegner genau die Züge, die man erwartet und man sich gewissermaßen besser darauf vorbereiten kann. Dann kommt es mitunter zu Zugzwängen und der Gegner hat keine Chance.

Aber meistens ist es so, dass man nicht alles sehen kann, obwohl man beim Spielen genau spürt, dass da noch viel mehr drin ist.

Wie bei meinem Mannschaftsspiel gestern. Am Ende hatte ich noch 2 Minuten für über 10 Züge bis zur Zeitkontrolle und mein Gegner über 30 Minuten. Ich machen einen Zug, sieht super aus, greife mit meinem Springer ungedeckten Turm und Läufer an und Gegner gibt auf. Aber genau das wäre mein Verlustzug gewesen, weil er einfach mit seinem Läufer eine andere Figur angreifen hätte können... Haben wir beide nicht mehr gesehen gehabt.

Nach über 3 Stunden sieht man eben den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr 😂

Also egal wie gut man spielt, Fehler macht man immer. Es kommt nur darauf an, diese "rechtzeitig!" zu erkennen.

Woher ich das weiß:Hobby – Schiedsrichterpatent und seit über 20 Jahren Vereinsspieler

Capablanca (einer der besten Spieler aller Zeiten, und definitiv der beste Spieler seiner Zeit) ist einmal in einem Interview gefragt worden wie viele Züge er in die Zukunft berechnet. Er hat geantwortet "Nur einen, aber es ist der richtige"

Das ist natürlich ein wenig übertrieben, aber im Grunde steckt da viel Wahrheit drin. Schach ist ein Spiel der "Pattern Recognition", ein Schach-Meister weiß quasi intuitiv welcher Zug in welcher Position gut ist, weil er schon hunderttausende ähnliche Stellungen gesehen hat.

Wenn du Schach spielst hast du immer das Problem dass du nicht genau weißt welchen Zug dein Gegner auf deinen Zug spielen wird. Es gibt in den meisten Stellungen mindestens 5 oder mehr mögliche Antworten die alle nicht schlecht sind, teilweise kommen Figuren-Opfer dazu die unter Umständen schwer zu sehen sind.

Aber wenn deine Analyse damit beginnt nicht alle einzelnen Möglichkeiten durch zu spielen, sondern damit die Position ganz grundsätzlich zu verstehen, wird alles sehr viel einfacher. Du siehst welche deiner Figuren "stark" und welche "schwach" positioniert sind, welche du auf bessere Felder stellen könntest, bei welchen Figuren sich ein abtausch lohnen würde, du sieht potenzielle schwächen in deiner bauernstruktur, du erkennst ob dein König sicher ist oder nicht.

Nachdem du deine Analyse so vereinfacht hast überlegst du dir für welchen deiner möglichen Züge dein Gegner keine gute Antwort hat. Das ist der beste Zug.

Man gewinnt das Spiel nicht weil man 20 Züge in die Zukunft sieht, und genau weiß was der Gegner tun wird. Man gewinnt indem man seinem Gegner schlechte Auswahlmöglichkeiten gibt.

Wenn das z.B. Mittelspiel ins Endspiel übergeht versuchst du einfach nur derjenige zu sein dessen letzter Bauer nicht am Rand steht, und versuchst derjenige zu sein dessen König näher an diesem Bauer steht. etc

Der Trick ist es die Position besser zu verstehen als dein Gegner, nicht den vermeindlichen "Plan" deines Gegners bis auf den letzten Zug zu durchschauen.

Den richtigen Zug bekommst du indem du das Spielst was die Position verlangt.