Er will plötzlich keine Kinder mehr. Wie damit umgehen?
Hallo, mein Mann und ich sind seit 13 Jahren ein Paar und seit neun Jahren verheiratet. Ich habe meinen ersten Freund verlassen, obwohl ich ihn geliebt habe. Er wollte keine Kinder und hat auch bis heute keine. Unsere verschiedenen Ansichten zum Thema Kinder haben oft zu ermüdenden Diskussionen geführt. Erst wollte er gehen, weil er keine Zukunft sah, blieb aber doch. Schließlich bin ich gegangen. Danach hatte ich, bedingt durch eine schwere Situation innerhalb meiner Familie, eine psychische Krise, die zu dauerhaften psychosomatischen Beschwerden geführt hat, die bis heute andauern. Meinen jetzigen Mann lernte ich zwei Jahre später kennen. Ich erzählte ihm schon vor Beziehungsbeginn von meinem Kinderwunsch und von der psychischen Krise, die weiterhin andauere. Ich war gerade von einer stationären Reha zurück. Bei der psychischen Krise ging es nicht um meinen Exfreund, sondern um familiäre Konflikte. Mein Mann sagte mir anfangs, dass auch er einen Kinderwunsch habe und wir das sicher meistern würden. Er redete zwar von sich aus wenig über Kinder, aber wenn ich das Thema ansprach, war er optimistisch. Wir überlegten gemeinsam, wie wir trotz meiner psychosomatischen Beschwerden und schwerer familiärer Situation ein Kind großziehen könnten. Als wir heiraten, war er 30 und ich Ende 20. Ich dachte, dass wir nun bald versuchen würden, ein Kind zu bekommen. Immer wieder sprach ich das Thema an und er vertagte es mit Hinweis auf meine psychische Gesundheit. Diese ist zwar sehr belastet, jedoch wäre dies meiner Auffassung nach nicht vollkommen hinderlich. Auch mein damaliger Therapeut war sehr zuversichtlich was das Thema anging und riet mir dazu, es zu versuchen. Inzwischen hatte mein Mann erlebt, wie im Familienkreis immer mehr Leute Kinder bekamen und welche Schwierigkeiten eine Vaterschaft mit sich bringt. Auch hatte er erlebt, wie schlecht es mir in einer psychischen Krise geht. Ich fragte ein letztes Mal, wann wir mit dem Kinderkriegen loslegen wollten. Da sagte er mir, dass er sich nicht mehr vorstellen könne, Vater zu sein. Generell nicht, aber vor allem nicht mit mir als Mutter. Ich war verletzt. Ich war damals Anfang 30. Heute bin ich 37. Ich wollte nicht noch einmal einen geliebten Menschen verlassen. Doch nun merke ich, wie verbittert ich bin. Ich mache ihm und mir große Vorwürfe. Mir, weil ich falsche Entscheidungen getroffen habe und nicht genug auf nonverbale Zeichen seinerseits geachtet habe. Und ihm, weil er seine Entscheidung so spät geändert hat. Er hat von Anfang an von meinem Kinderwunsch und meinen psychischen Beschwerden gewusst. Letztere haben sich über die Jahre sogar verbessert. Ich hatte mein ganzes - auch berufliches Leben - auf Kinder ausgerichtet. Und jetzt? Wie kann ich aufhören, ihm Vorwürfe zu machen? Ich begreife es als Vertrauensbruch, dass er sich so spät entschieden hat. Wie kann unsere Beziehung noch gelingen? Er will leider nicht darüber sprechen und so ist eine Verarbeitung schwer. Bin für Rat dankbar. Julia